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Das Geheimnis der Burggräfin - Roman

Das Geheimnis der Burggräfin - Roman

Titel: Das Geheimnis der Burggräfin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag <München>
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missachtend, hatte der Burggraf die Tafel verlassen, ohne auch nur einmal in die Schüssel zu greifen.

    Nachdem er seinen Kopf unten im Burghof in einen Eimer mit kaltem Wasser gesteckt hatte, war er auf den Ausguck gestiegen, in der Hoffnung, dass die frische Luft die übelkeiterregenden Gerüche vertreiben würde, die ihm zusammen mit dem Rotz noch immer in der Nase steckten.
    Als Bandolf tief Luft holte, pfiff es in seiner Brust, und er musste husten. Die Anstrengung trieb ihm kalten Schweiß auf die Stirn. Angewidert verzog er das Gesicht, während er sich mit dem Ärmel seiner Tunika übers Gesicht fuhr.
    Zwei Tage und Nächte hatte das Fieber in ihm gewütet, und obwohl er schon am Vortag mit kühler Stirn und klaren Gedanken erwacht war, fühlten sich seine Glieder noch immer so knochenlos an, als bestünden sie aus Brei. Seine Brust schmerzte vom Husten, sein Hals kratzte, als hätte ihm jemand Sand in den Schlund geschüttet, und seine Nase brannte von all dem Rotz und Schleim, den er ausgeschnäuzt hatte.
    Musste er sich ausgerechnet jetzt so lausig fühlen, wo er doch alle seine Sinne beisammen brauchte? Bandolf seufzte.
    Abgesehen von der einen oder anderen Verletzung, die er sich im Kampf zugezogen hatte, konnte er sich nicht erinnern, je krank gewesen zu sein. Nie hätte er gedacht, dass sich Liutbirgs Höhle als so unbekömmlich für ihn erweisen würde. Zwar hatte er Verstand genug besessen, Bruder Wynstan zur Buchenburg vorauszuschicken, als er bemerkt hatte, dass die Lippen des jungen Mönchs in der eiskalten Höhle blau angelaufen waren und er mit den Zähnen klapperte, aber er selbst war geblieben.
    Zoll um Zoll hatte er die Höhle nach irgendeinem Hinweis abgesucht, der ihn zu Bruder Adelbalds Mörder führen würde. Erst als die Lampe zu verlöschen drohte, hatte er,
steif vor Kälte, die Klause verlassen. Auf dem Rückweg zur Burg war ein heftiges Unwetter über ihn hereingebrochen. Wie ein Sturzbach war der Regen auf ihn niedergeprasselt und hatte ihn bis auf die Knochen durchnässt.
    Noch am selben Abend hatte sich sein Kopf so angefühlt, als stecke er in einer Schraubzwinge. Seine letzte Erinnerung war, dass er sich in der Nacht von Kälte geschüttelt unter seinen Fellen verkrochen hatte, bis er gestern Morgen dann schwach wie ein Neugeborenes, aber wenigstens bei klarem Verstand aufgewacht war.
    ›Und wofür das alles? Für nichts und nochmal nichts‹, dachte Bandolf missmutig.
    Abfall hatte er gefunden, wertloses Gerümpel: die halb verrottete Kordel einer Kutte, den abgebrochenen Henkel einer Öllampe, vermoderte Essensreste, niedergebrannte Holzscheite, eine zerbrochene Pilgermuschel.
    Nur eine Entdeckung hatte seine Aufmerksamkeit geweckt: In der eingetrockneten Blutlache, die auf dem Boden der Klause von Adelbalds Sterben zeugte, hatte er eine kreisrunde Aussparung gefunden, etwa so groß wie sein Daumennagel. Es schien so, als hätte dort etwas gelegen, als das Blut aus dem Leib des jungen Mönchs geflossen war, und wäre später entfernt worden. Ob diese Entdeckung jedoch von Bedeutung war, ließ sich nicht sagen.
    Falls der Gegenstand dem Mordbuben gehört hatte und er ihn nach vollbrachter Tat wieder an sich genommen hatte, war der Hinweis für Bandolf verloren. Und sollte einer der Mönche mitgenommen haben, was immer dort gelegen hatte, war es fraglich, ob man es dem Burggrafen aushändigen würde, wenn er im Kloster danach fragte. Aber selbst wenn man ihm dem Gegenstand übergab, konnte es sich immer noch um etwas handeln, das mit dem Täter nicht das Geringste zu tun hatte.

     
    Ein Quietschen in seinem Rücken riss den Burggrafen aus seinen Betrachtungen und verriet, dass jemand die Bodenklappe zum Ausguck öffnete.
    Bei allen Heiligen! Konnte man ihn nicht für einen Augenblick in Frieden lassen?
    Widerstrebend drehte Bandolf sich um und sah, wie Melisend von Souburg mit ihrem langen Schleier und den weiten Ärmeln ihres Gewandes kämpfte, während sie versuchte, aus der Luke nach oben zu klettern.
    Ihr Anblick entlockte ihm ein verlegenes Brummen. Seine Erinnerungen an die Zeit, da er im Fieber gelegen hatte, waren bestenfalls undeutlich, aber als er wieder zu sich gekommen war, hatte sein Marschalk ihm berichtet, dass Tidreads junge Gemahlin an seinem Lager gesessen und ihn gepflegt hatte. Als das schlimmste Fieber vorüber gewesen war, hatte sie seine Halle verlassen und war zur Krähenburg zurückgekehrt, noch ehe er genügend bei Verstand gewesen war, um ihr danken

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