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Das Geheimnis der Burggräfin - Roman

Das Geheimnis der Burggräfin - Roman

Titel: Das Geheimnis der Burggräfin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag <München>
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sie hätte auch einen Hörigen mitgebracht, der sich auf den Aderlass verstünde, brummte er unwirsch: »Meinetwegen gebt mir den Trank, wenn es Euch glücklich macht, aber bleibt mir bloß mit Eurem Bader vom Leib.«
    Über ihre Schulter warf sie ihm einen tadelnden Blick zu. »Herrje, Burggraf! Was seid Ihr für ein sturer Mensch.«
    Ihm war so, als hätte er das schon einmal gehört.
    »Ich habe Euch noch gar nicht gedankt, dass Ihr während des Fiebers an meinem Lager gesessen habt«, sagte er unvermittelt.
    Sie lächelte. »Ihr schuldet mir keinen Dank. Nehmt es als nachbarschaftlichen Dienst.«
    »Ich staune, dass Euch Euer Gatte gestattet hat, am Krankenlager eines Fremden zu wachen, zumal an meinem«, bemerkte Bandolf trocken.
    »Zumindest hat er es mir nicht untersagt. Mein Gemahl scheint mit anderem beschäftigt, als sich Gedanken darüber zu machen, ein fiebernder Mann könne meine Ehre beflecken«, erklärte sie mit einer abfälligen Geste. »Derzeit
vertreiben sich er und mein Vetter die Zeit offenbar mit dem Inspizieren unserer Hufen. Sie sind ständig unterwegs. Was nicht das Übelste ist, denn so bleibt mir zumindest Stephans ständige Sorge um seine zarte Verfassung erspart.«
    Ihre schönen Augen verengten sich, und sie warf Bandolf einen raschen Blick zu. »Als ich im Dorf hörte, dass Ihr erkrankt seid, konnte ich Euch doch nicht Ingilds Obhut überlassen.«
    Es war der eigenartige Unterton in ihrer Stimme, der Bandolf aufmerken ließ. Er blieb stehen.
    »Warum nicht?«
    Auch Melisend machte Halt. Langsam drehte sie sich um und sah ihn unter ihren halb geschlossenen Lidern an.
    »Wusstet Ihr, dass Ingild die Amme von Tidreads Sohn gewesen ist?«, fragte sie schließlich und scheinbar ohne jeden Zusammenhang.
    Mit gerunzelter Stirn schüttelte Bandolf den Kopf.
    »Nachdem Tidreads erste Gemahlin einen Sohn geboren hatte, begann sie zu kränkeln«, fuhr Melisend im Plauderton fort. »Und als sie ein Jahr später einer Tochter das Leben geschenkt hatte, starb sie noch im Kindbett. Es blieb Ingild überlassen, die Kinder am Gängelband zu führen und ihnen den Rotz von der Nase zu wischen. Sie hing mit großer Zuneigung an den beiden Gören.«
    Bandolfs Stirnrunzeln vertiefte sich.
    »Wenn die Magd zu Eurem Haushalt gehörte, was hat sie dann auf meiner Burg zu schaffen?«
    »Ah! Seht Ihr? Das habe ich mich auch gefragt«, meinte sie, augenscheinlich erfreut, dass er ihr zu folgen vermochte. »Ingild gehörte nicht zu den Hufen, die mein Gatte dem König überlassen musste, sondern zum Gesinde der Krähenburg. Als Burgherrin wäre es meine Aufgabe gewesen,
Ingild aus meinen Diensten zu entlassen, doch ich wurde nicht gefragt.«
    »Was? Wollt Ihr mir etwa sagen, dass Tidread eine Hausmagd auf meine Burg geschickt hat, um … ja, um was zu tun? Mich auszuforschen?«
    »Ich plaudere nur, Burggraf«, sagte Melisend mit einem freundlichen Lächeln, bevor sie sich wieder umdrehte.
    Entgeistert starrte Bandolf ihren Rücken an, während sie die Bodenluke hinunterkletterte. Als er sich endlich anschickte, ihr zu folgen, blieb sein Blick an einem dünnen Lederband haften, das neben der Luke auf dem Boden lag. Eine Haarlocke war mit Hilfe eines Silberdrahts daran befestigt, und die Enden des Bands waren vom häufigen Verknoten abgewetzt. Melisend musste das Band verloren haben. Bandolf runzelte die Stirn. Bisher hatte Tidreads Weib nicht den Eindruck auf ihn gemacht, als sei sie ihrem Gatten so zugetan, um eine Haarlocke von ihm zu tragen. Jäh verstärkte sich der pochende Schmerz hinter seinen Augen. Stöhnend griff der Burggraf nach der Schnur und steckte sie ein, bevor er die Luke hinunterkletterte. In seinem Schädel schien jetzt ein fulminanter Schmiedehammer am Werk zu sein.

KAPITEL 17
    Worms, 4. Juli im Jahre des Herrn 1066
     
    E ntfernte Stimmen und Geräusche drangen durch den dumpfen Schmerz in ihrem Kopf und weckten Garsende. Sie blinzelte, doch ihre Lider schienen sich nur widerwillig bewegen zu wollen. Unter dem Rücken spürte sie Stroh, das durch ihr Gewand pikte.
    Wo war sie? Was war passiert? Warum tat ihr der Magen weh? Und wieso brannte ihr Gesicht?
    Unwillkürlich tastete Garsende nach der Ursache des Übels. Als ihre Finger die schmerzhafte Schwellung unterhalb ihres linken Auges berührten, entfuhr ihr ein Stöhnen.
    »Dem Himmel sei Dank. Ich glaubte schon, du wolltest gar nicht mehr zu dir kommen.«
    Heilige Jungfrau! Das war Matthäas Stimme! Garsende schlug die Augen auf und fuhr

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