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Das Geheimnis der Burggräfin - Roman

Das Geheimnis der Burggräfin - Roman

Titel: Das Geheimnis der Burggräfin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag <München>
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leichte Röte überzog ihre schmalen Wangen. »Wenn man dem Gerede im Dorf Glauben schenken darf, verlässt sich der Ehrwürdige Vater voll und ganz auf ihn«, bemerkte sie, ohne Bandolf anzusehen.
    »Das kann wohl kaum überraschen. Als Stellvertreter des Abts sollte Bruder Ordlaf …«
    »Ah! Ihr habt mich missverstanden«, unterbrach sie ihn mit einer ungeduldigen Geste. »Es heißt, in Wahrheit habe der Prior in Sankt Mauritius das Sagen. In Wahrheit treffe er alle Entscheidungen, und nicht der Ehrwürdige Vater.«
    »Warum sollte der Abt das dulden?«, wollte Bandolf wissen.

    Spöttisch verzog sie die Lippen. »Für einen Mann, dem es so dringend um dieses Kloster zu tun ist, wisst Ihr aber erstaunlich wenig über die darin befindlichen Mönche«, meinte sie.
    »Mir sagt ja niemand etwas«, brummte Bandolf verstimmt.
    »Natürlich nicht«, erwiderte sie. »Das sollte Euch nicht wundern. Ihr seid ein Fremder. Eure Anwesenheit bedroht die bestehende Ordnung der Dörfler.«
    »Ich bedrohe niemanden«, gab Bandolf verärgert zurück.
    Mit schiefgeneigtem Kopf warf Melisend ihm einen zweifelnden Blick zu. »Möchte man nicht glauben, wo Ihr doch stets ein so übelgelauntes Gesicht macht …«
    Seinem Gesichtsausdruck lediglich ein ungehaltenes Knurren gönnend, winkte Bandolf ab. »Warum also sollte der Abt alle Entscheidungen seinem Prior überlassen?«, hakte er nach.
    »Nun, man munkelt, Vater Hademar sei ein Mann, der nicht mit übergroßer Weisheit gesegnet ist und seine Bequemlichkeit über alles schätzt«, antwortete sie schließlich. »Vermutlich wäre er ohne den Einfluss seiner angesehenen Familie auch nie in dieses Amt gelangt. Aber was ihm an Weisheit mangelt, so sagt man, mache sein Prior allemal wett.«
    Nachdenklich kniff Bandolf die Augen zusammen. »Wenn dem so ist, dann dürfte Vater Hademar seinen Abtsstab wohl nicht mehr allzu lange behalten«, überlegte er laut.
    Zu seiner Überraschung schüttelte Melisend seufzend den Kopf. »Im Gegensatz zum Ehrwürdigen Vater soll Bruder Ordlaf einer Familie geringen Standes entstammen. Und wenn man gänzlich ohne Einfluss ist …« Mit einer beredten Geste beendete sie ihren Satz.

    Falls Melisend recht hatte, dann gab es für Prior Ordlaf in der Tat kaum Aussicht, je weiter aufzusteigen als bis zur rechten Hand des Abts, ging es Bandolf durch den Kopf. Das musste jemanden hart ankommen, der klug und auch offenkundig von stolzer Natur war wie Bruder Ordlaf. Hatte er sich damit abgefunden, oder lehnte er sich insgeheim dagegen auf? War vielleicht sein Ehrgeiz der Grund gewesen, weshalb er sein ehemaliges Kloster verlassen hatte?
    Gedankenverloren starrte Bandolf auf den Burghof hinunter, wo die Bauleute ihre Arbeit wieder aufzunehmen begannen. Schon drangen vereinzelte Hammerschläge zum Ausguck herauf, und bald würde der Lärm erneut die gesamte Burg erfüllen. Bandolf seufzte. Plötzlich entdeckte er inmitten der Arbeiter eine Gestalt in schwarzer Robe, die gemächlich dem Burgtor zustrebte.
    Verdammnis! Wo, zum Henker, wollte sein vermaledeiter Kaplan denn jetzt schon wieder hin? Grimmig kniff Bandolf die Augen zusammen. Nun, Bruder Fridegists Müßiggang würde alsbald ein Ende finden.
    Melisend räusperte sich, und Bandolf wandte sich zu ihr um.
    »Ihr solltet noch eines wissen, Burggraf …«, begann sie, doch was immer sie hatte sagen wollen, ging in Bandolfs Hustenanfall unter, der so heftig war, dass er sich an der Brüstung abstützen musste. Als der Reiz endlich nachließ und sein Bellen verklang, stand kalter Schweiß auf seiner Stirn. Für einen Augenblick schloss Bandolf erschöpft die Augen.
    Melisend ergriff seinen Arm.
    »Ah, Ihr müsst ruhen, Burggraf«, sagte sie, aber obgleich sie lächelte, hatte Bandolf den Eindruck, als sei sie verstimmt. Bevor er seinem schmerzenden Schädel aber noch
die Frage nach dem Grund für ihre Verstimmung abringen konnte, hatte Melisend ihn losgelassen und sich der Bodenluke zugewandt.
    »Kommt mit hinunter in die Halle«, sagte sie, bereits im Gehen. »Meine Magd wartet unten mit einem Trank, den ich für Euch zubereitet habe. Es ist ein altes Rezept, das mich meine Mutter gelehrt hat. Eibischwurzel, Schafgarbenkraut, Eichenrinde und Löwenzahn. Der Trank wird Euren Husten lindern.«
    Angesichts der Tatsache, dass sich seine Beine anfühlten, als bestünden sie aus Brei, fand Bandolf die Aussicht verlockend, sich auf eine Bank setzen zu können. Widerspruchslos folgte er ihr.
    Doch als sie ihm mitteilte,

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