Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Geheimnis der Burggräfin - Roman

Das Geheimnis der Burggräfin - Roman

Titel: Das Geheimnis der Burggräfin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag <München>
Vom Netzwerk:
einfallen.
    »Waren noch andere hier?«, fragte sie schließlich, eingedenk der Männer, die sie in der Scheune gesehen hatte.
    »Ein Mann mit Namen Ragnold von Langenthal. Das ist derjenige, von dem ich glaube, dass er das Sagen hat, obwohl er kein Mann von Stand zu sein scheint. Ich halte ihn eher für einen Mann niederen Standes, der irgendwie zu Wohlstand gekommen ist«, meinte Matthäa. »In seiner Begleitung war noch ein junger Mann mit Namen Thierry de Savosaint. Der Sprache nach ist er wie Guillaume ein Welscher, im Gegensatz zu den anderen Männern gebärdet er sich aber höflicher.« Nachdenklich runzelte Matthäa die Stirn. »Hin und wieder sprechen die Männer noch von einem Mann, den sie nur ›Le Grand Seigneur‹ nennen. Wer aber dieser Mann ist oder wo er sich aufhält, konnte ich bisher nicht herausfinden.«
    Und Lothar von Kalborn?, lag es Garsende auf den Lippen zu fragen. Bei der Erinnerung an die bedrohliche Kälte in seinen Zügen, als sie den Schlag in ihrem Nacken gespürt hatte, stieg ihr bittere Galle der Enttäuschung in den Hals.
    Herrje, dass ihr Herz noch immer so sehr gegen ihren Verstand ankämpfen wollte! War es nicht endlich genug?
    Die Übelkeit mitsamt ihren verfänglichen Gedanken niederzwingend, presste Garsende die Lippen aufeinander.
    Matthäa beugte sich vor und griff nach ihrer Hand. »Warum haben diese Männer auch dich in ihre Gewalt gebracht? Weißt du, was hier im Gange ist?«, fragte sie so leise wie eindringlich. »Und hast du dem Burggrafen eine Botschaft geschickt? Ihm mitgeteilt, was hier geschieht?«
    »Ich …« Verwirrt stockte Garsende. Mit einem Mal schien nichts weiter in ihrem Kopf zu sein als nur dieses dumpfe Pochen und ein Brei unausgegorener Gedanken.
    Die Scheune … Joschua … Stimmen, die in einer Sprache gesprochen hatten, die sie nicht verstanden hatte … Der Welsche, der sie grob niedergetreten hatte … Lothar … Ihr verzweifelter Fluchtversuch.
    Herrje, wenn sie doch nur denken könnte! Garsende schloss die Augen.
    Was war passiert, nachdem ihr Fluchtversuch misslungen war, nach jenem Schlag in ihren Nacken? Wer hatte sie niedergeschlagen? Lothar? Aber er hatte sie festgehalten. Jemand anderer?
    Und dann?
    Sie war zu sich gekommen … irgendwann. Man hatte ihr Fragen gestellt. Immer wieder dieselben Fragen:
    »Was hast du hier zu schaffen?«
    »Wer hat dich geschickt?«
    »War jemand bei dir?«
    »Wer weiß davon, dass du hier bist?«
    Und immer wieder hatte sie dasselbe geantwortet:
    Niemand hätte sie geschickt. Niemand sei bei ihr gewesen. Sie habe nach der Burggräfin gesucht. Überall in der Schwertfegergasse. In anderen Scheunen ebenso wie in dieser …
    Die Männer hatten sich gestritten. Was mit der Heilerin anfangen?
    Sie gehen lassen, kam nicht in Frage. Darüber war man
sich einig. »Warum lasst Ihr mich das Weib nicht fortschaffen, wie Ihr das ursprünglich wolltet?«, hatte Lothar gefragt.
    »Ich habe mich eben eines anderen besonnen. Sie ist Heilerin. Das wird uns noch von Nutzen sein«, hatte Ragnold erwidert.
    Man hatte ihr einen Trank eingeflößt.
    Unwillkürlich verzog Garsende den Mund.
    Bilsenkraut!
    Sie hatte Bilsenkraut gerochen, sich heftig gewehrt und geglaubt, man würde sie vergiften. Das Kraut war tödlich, wenn man es in der falschen Menge verabreichte. Und schließlich Räderrumpeln … Ihr Körper wurde hin- und hergeschüttelt … Dunkelheit.
     
    »Süßer Jesus. Was ist mir dir?«, hörte Garsende mit einem Mal die erschrockene Stimme der Burggräfin und fühlte ihre Hand stützend auf dem Rücken. Dann schmeckte sie Wein auf ihren Lippen, und die plötzliche Schwäche verging.
    Als sie blinzelnd die Augen öffnete, begegnete ihr Matthäas besorgter Blick. »Du machst mir Angst«, flüsterte sie.
    Mit einiger Anstrengung gelang Garsende ein Lächeln. »Es ist schon wieder vorbei. Es war nur dieses vermaledeite Kraut in dem Trank, den sie mir aufzwangen«, sagte sie, ärgerlich, dass ihre Stimme so zittrig klang.
    Heilige Jungfrau! Da hockte sie – die Heilerin! – wie ein Häuflein Elend auf dem Boden und ließ sich von der Burggräfin umsorgen. Umgekehrt sollte es sein!
    Mit einem schiefen Lächeln richtete Garsende sich auf und stellte erleichtert fest, dass ihre Glieder ihr wieder gehorchten.

    »Vielleicht solltest du besser liegen bleiben?«, meinte Matthäa.
    Doch Garsende schüttelte entschlossen den Kopf. »Ich möchte gerne wissen, was passiert ist, nachdem wir uns an jenem Morgen auf der Brotgasse

Weitere Kostenlose Bücher