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Das Geheimnis der Burggräfin - Roman

Das Geheimnis der Burggräfin - Roman

Titel: Das Geheimnis der Burggräfin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag <München>
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Mit zusammengekniffenen Augen spähte er in die Richtung des schwachen Schimmers. Eine schemenhafte Gestalt bewegte sich auf ihn zu.
    »Seid Ihr hier?«, wisperte eine zittrige Stimme. Gleich
darauf konnte Bandolf Bruder Wynstans ängstliches Gesicht und seine weit aufgerissenen Augen erkennen.
    »Was hat so lange gedauert?«, raunte er. »Gab es Schwierigkeiten? «
    »Der Bruder Prior schien erstaunt über meine Bitte, und zuerst glaubte ich, er hätte vielleicht Verdacht geschöpft, doch dann sagte er nur, ich dürfte Prosperius nicht länger in der Kirche verweilen lassen, als bis er seine Gebete gesprochen hätte, und auch wenn er womöglich mein Mitleid errege, müsse ich unter allen Umständen daran denken, mit wem ich es zu tun hätte, und auf der Hut sein. Der Bruder Pförtner sei in Rufweite und könne rasch eingreifen, falls Prosperius Anstalten machte, zu fliehen oder mich anzugreifen. Ja, und ich solle die Kirche keinesfalls mit müßigem Geplapper entweihen. Doch ich musste ja Prosperius sagen, dass er sich nicht wegrühren darf, solange ich fort bin, und dass Ihr kommt«, haspelte der junge Mönch mit vor Aufregung hoher Stimme hervor. In der Nähe knackte ein Zweig, und er fuhr heftig zusammen.
    »Beruhige dich«, befahl Bandolf leise. Dann runzelte er die Stirn. »Wo ist der Bruder Pförtner jetzt?«
    Bruder Wynstan biss auf seine Lippe. »Ich weiß es nicht genau. Er hat mich zu Prosperius’ Zelle gebracht und aufgesperrt, aber er ist nicht mit in die Kirche gegangen.«
    »Schön, dann lass uns gehen.«
    Mit dem Gefühl von Dringlichkeit folgte Bandolf dem Schein von Bruder Wynstans Lampe um die Apsis bis zur Totenpforte im nördlichen Querhaus der Kirche. Durch diese Pforte pflegten die Mönche ihre Verstorbenen nach der Aussegnung auf den Friedhof zu geleiten.
    Ein schwacher Geruch nach Weihrauch stieg Bandolf in die Nase, als er hinter Bruder Wynstan die Kirche betrat. Kerzen brannten noch auf dem Altar und erhellten
den Chor und die Vierung, während der Rest der Kirche im Dunkeln lag. Zu Füßen eines der Vierungspfeiler kauerte eine schmale Gestalt, die sich beim Anblick des Burggrafen aufrappelte.
    Im ersten Augenblick dachte Bandolf, es läge nur am ungewohnten Novizengewand, dass er seinen jungen Schreiber verändert fand. Doch als er näher kam und Prosperius den Kopf hob, sah er in ein abgemagertes, schmutziges Gesicht, in dem die großen Augen wie zwei dunkle Tümpel wirkten, die bis zum Rand mit Angst gefüllt waren.
    »Verdammmich«, murmelte Bandolf. Dann brummte er. »Da hast du mir dieses Mal wahrlich eine üble Suppe eingebrockt. «
    »Aber ich war es nicht, Herr. Ganz bestimmt nicht. Ich schwör’ es Euch«, stieß Prosperius hervor, während er ihm entgegenstolperte. »Bei allem, was mir heilig ist, ich hab’ das nicht getan.« Beschwörend klammerte er sich an Bandolfs Arm.
    »Dummer Bengel«, knurrte der Burggraf. »Ich glaube dir ja.«
    »Dann nehmt Ihr mich mit?« fragte Prosperius mit mitleiderregend dünnem Stimmchen.
    »Allmächtiger! Das dürft Ihr nicht!«, rief Bruder Wynstan offenkundig entsetzt. Bandolf warf ihm einen warnenden Blick zu und hob einen Finger an die Lippen. Dann löste er sich behutsam aus dem Griff seines jungen Schreibers.
    »Ich würde einen Aufstand auslösen, wenn ich dich ohne die Einwilligung des Abts hier wegbrächte«, erklärte er.
    Prosperius sackte in sich zusammen, als hätte er plötzlich keine Knochen mehr, die ihn auf den Beinen hielten.
    »Nun mach kein solches Gesicht«, brummte Bandolf unbehaglich. »Du musst hier nur noch ein Weilchen ausharren, bis ich die Meuchler gefunden habe, die für den Tod
deines Novizenmeisters und Bruder Adelbalds verantwortlich sind.« Mit einer aufmunternden Geste drückte er ihm das mitgebrachte Bündel in die Hand. »Hier, nimm das mit in deine Zelle. Herwald hat Brot, ein wenig Speck und Käse aus Ingilds Vorräten für dich gestohlen. Damit du uns nicht gänzlich vom Fleische fällst.«
    Zu Bandolfs Erleichterung zeitigte die Aussicht auf das kleine Festmahl Wirkung. Ein zittriges Lächeln erschien um Prosperius’ Mundwinkel, während er das Bündel fest an sich drückte, als handle es sich um den Heiligen Gral, und in seinen Augen zeigte sich ein hoffnungsvoller Schimmer.
    »Wenn ich dir helfen soll, dann musst du mir jetzt alles sagen, was du getan, gehört und gesehen hast«, erklärte der Burggraf streng. »Und komm mir ja nicht mit deinen üblichen Ausflüchten und Lügen.«
    »Aber ich weiß

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