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Das Geheimnis der chinesischen Vase

Das Geheimnis der chinesischen Vase

Titel: Das Geheimnis der chinesischen Vase Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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Zähne zusammen.
    Jetzt musste er den Boss
verständigen. Der würde bestimmt nicht begeistert sein. Sicher überlegte er
schon, was er mit seinem Anteil des Lösegeldes machen sollte.
    Schaudig wählte.
    »Ja?«, fragte eine heisere
Stimme.
    »Ich bin’s, Boss.«
    »Das höre ich«, kam knurrend
die Antwort. »Und?«
    »Fehlanzeige. Leider. Pleite
auf der ganzen Linie. Allerdings...«
    »Wieso?«, wurde er
unterbrochen. »Hast du das Baby nicht geschnappt?«
    »Doch! Aber das falsche. Dich
haut’s um, Boss, wenn du hörst, was für ein Baby mir da in die Hände gefallen
ist.«
    Er berichtete.
    Sein Boss stöhnte ab und zu.
Was wohl Unwillen ausdrückte. Er grunzte auch und seufzte, als könnte er so
viel Gemeinheit des Schicksals nicht fassen.
    »Verdammtes Pech, Schaudig!«
    »Ja und nein!«
    »Ich denke an das Geld, Mann!
Nicht an Rührseligkeit!«
    »Hm. Hm.«
    »Und du bist sicher, dass bei
Pia Friese nichts zu holen ist?«
    »Nichts. 1200 Mark sind nichts.
Deswegen gehen wir doch kein Risiko ein. Fehlte noch, dass wir geschnappt
werden, wenn wir das Trinkgeld abholen.«
    »Richtig. Wäre ein verdammt
schlechtes Geschäft, deshalb ein paar Jahre Knast zu riskieren. Gut, also!
Schaff dir die Kleine vom Hals.«
    »Der Fehlschlag soll uns nicht
entmutigen, Boss.«
    »Natürlich nicht! Wie gut,
Schaudig, dass wir noch andere Eisen im Feuer haben. Wir kriegen unser Geld.
Jetzt gibt’s nur eins für dich: Ran an die graue Maus!«
    »Was?«
    »Ich meine, ran an diese Regina
Hübner.«
    »Ach so! Ja.« Schaudig rieb
sich die Nase. »Sie ist reif für unseren Coup. Hat zwar eine Menge Überredung
gekostet. Aber, hähä, meinem Charme (Zauber) ist sie erlegen.«
    »Kein Kunststück bei so einem
Mauerblümchen«, meinte der Boss geringschätzig.
    »Von wegen! Regina ist die
Ehrlichkeit in Person. Hat’s nicht umsonst zur Leiterin einer Bankfiliale
gebracht. Was sie jetzt tun wird, wirft die Grundsätze ihres Lebens über den
Haufen. Sie tut es nur, weil — wie sie glaubt — niemand direkt geschädigt wird.
Weil sie Glücksspiel schon lange hasst. Und weil sie — das ist der Hauptgrund —
in mich verschossen ist.«
    »Prima.«
    »So gut nun auch wieder nicht.
Denn sie will erst mal ganz vorsichtig einsteigen. Mit 15 000 Mark.«
    »Und dann?«
    »Wenn ich sie überzeugt habe,
dass der Trick klappt, wird sie bei ihrer Bank 200 000 Mark leihen —
klammheimlich, natürlich. Dann schlägst du zu.«
    »Und wir treffen wieder mal
zwei Fliegen mit einer Klappe«, lachte der Boss. »Wir haben das Geld. Und du
bist die Gewitterziege los.«
    »Übrigens: Gewitter? Es ist so
schwül geworden. Ob sich das Wetter hält? Oder gibt’s Regen?«
    »Ist mir doch egal.«
    »Bei Regen«, Schaudig zupfte an
der Unterlippe, »gebe ich Ludmilla nicht zurück. Sie könnte nass werden im
Park. Nein, das mache ich nicht.«
    »Ist mir doch...«
    »Aber mir nicht!«, schrie
Schaudig in den Hörer. »Verdammt nochmal!«
    Dann warf er den Hörer auf die
Gabel.
    »Dieser Unmensch! Aber da
machen wir nicht mit. Nicht wahr, Ludmilla?«
    Doch die Kleine schlief.
    Er holte seinen Smoking (Gesellschaftsanzug) aus dem Kleiderschrank und begann, ihn auszubürsten.

    Das vornehme Kleidungsstück war
seine Arbeitskleidung. Allerdings: Er arbeitete nicht als Oberkellner in einem
exklusiven ( wählerisch) Restaurant, sondern als Croupier (Gehilfe am
Spieltisch) im Casino von Bad Zockerhausen, das etwa 20 Kilometer östlich
der Stadt liegt.
    Dieser Job, den er seit einem
Dreivierteljahr ausübte, war die Voraussetzung für das gemeine Verbrechen, bei
dem jene Regina Hübner die Geschädigte sein sollte.
    Ohne Mitleid dachte er an sie.
Dummheit musste bestraft werden. So war’s nun mal. Und graue Mäuse waren dazu
da, dass sie dem schlauen Kater in die Falle gingen.
     
    *
     
    17.59 Uhr.
    Karl hechelte. Er saß auf
seinem Rad und fuhr, was die Beine hergaben.
    Schaffe ich’s noch? Oder hat
die Bank schon geschlossen? Noch 500 Meter die Erbel-Straße hinunter zur
Bankfiliale!
    Seine langen Beine gaben dem
Drahtesel die Sporen.
    Aber zu einer Geschwindigkeit,
wie sie bei Tarzan üblich war, hätte Karl einen Hilfsmotor gebraucht.
    Zu dumm, ausgerechnet das zu
vergessen! Er hätte sich in den Bauch beißen können.
    Am frühen Nachmittag schon
hatte ihm sein Vater, der Professor, das ausgefüllte Bankformular gegeben — mit
dem Auftrag, 1000 Mark von der Bank zu holen.
    Aber Karl — was unglaublich war
angesichts seines phänomenalen (außerordentlich)

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