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Das Geheimnis der chinesischen Vase

Das Geheimnis der chinesischen Vase

Titel: Das Geheimnis der chinesischen Vase Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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Eichberg, sondern
Ludmilla Friese erwischt. Herzlichen Glückwunsch! Sie sind der dämlichste
Kidnapper aller Zeiten.«
    Schaudigs Hand, die den Hörer
hielt, wurde eiskalt.
    Friese! Und wie er diesen Namen
kannte! Friese!
    »Sie... lügen«, stotterte er.
»Ich habe Ihr Kind!«
    »Werden Sie nicht albern«,
unterbrach Eichberg. »Ich sage es nochmal: Sie haben das falsche Baby
erwischt.«
    »W... wen?«, stammelte
Schaudig.
    »Ludmilla Friese. Ich sagte es
doch schon. Das Töchterchen von Pia Friese, einer jungen, völlig mittellosen
Masseuse. Sie macht Hausbesuche und kommt zweimal die Woche zu meiner Frau. Wie
so oft, brachte sie auch heute ihr Töchterchen mit und stellte den Kinderwagen
— übrigens den gleichen wie wir ihn haben — im Garten ab. Unsere Barbara befand
sich im Haus.«
    Schaudig schluckte. Sein
Adamsapfel hüpfte auf und ab. Er wollte eine scharfe Erwiderung bringen, aber
seine Kehle war wie zugeschnürt.
    »Frau Friese«, hörte er
Eichbergs Stimme, »ist zusammengebrochen. Sie hat unser Mitgefühl. Wir mussten
einen Arzt kommen lassen. Sie ist noch hier. Ich nehme an, Sie wollen mit ihr
reden?«
    »Nein!«, schrie Schaudig.
    »Was?«
    »Nein, ich...«
    Er hielt inne. Himmel, dachte
er. Ich muss mich zusammennehmen. Sonst sind sie mir sofort auf der Spur. Sonst
kommt mein Geheimnis ans Licht.
    »Doch!«, meinte er. »Natürlich
will ich mit ihr reden. Ich dachte nur, Sie lügen und... Geben Sie mir Pia...
äh... Friese!«
    Fester noch drückte er die
Klammer auf seine Nase. Das Taschentuch, das etwas verrutscht war, zog er zurecht.
    »Bitte!«
    Eine Stimme wimmerte.
Schluchzen füllte die Leitung. Er sah das tränenüberströmte Gesicht förmlich
vor sich.
    »Bitte, geben Sie mir mein Kind
zurück.«
    »Sind Sie... äh... Pia Friese?«
    »Ja. Ich bin die Mutter. Meine Ludmilla!
Das Einzige, was ich habe. Mein Kind! Können Sie nicht verstehen... Tun Sie
meinem Kind nichts an. Bitte! Ich flehe Sie an! Verlangen Sie von mir, was Sie
wollen! Alles, was ich habe, gebe ich Ihnen. Aber ich habe nichts. Und...«
    Schluchzen erstickte ihren
Redestrom.
    Schaudig war zusammengezuckt
wie unter Peitschenhieben. Mit pelzigem Mund sagte er: »Sie können kein
Lösegeld bezahlen?«
    »Ich besitze nichts. Das heißt,
um ehrlich zu sein: zwölfhundert Mark. Natürlich gebe ich sie Ihnen. Aber mein
Kind...«
    »Sind Sie«, fiel er ihr ins
Wort, »nur Masseuse? Oder ist die Namensgleichheit mit der Schauspielerin Pia
Friese nicht zufällig?«
    »Oh?«, hauchte sie. »Sie kennen
mich? Ja, ich bin Schauspielerin. Aber das allein reicht nicht zum
Lebensunterhalt.«
    »Ich habe Sie mal gesehen«,
sagte er stockend. »Im Kleinen Theater. Sie waren hervorragend. Hm.«
    »Dann wissen Sie, wie ich
leide. Ich bitte Sie kniefällig. Geben Sie mir mein Kind zurück!«
    »Sie ist entzückend. Haben Sie
keine Sorge! Sie wird gut versorgt bei... uns! Jedenfalls... äh... Also, ich
sehe ein, dass wir von Ihnen kein Geld bekommen. Ich... Bleiben Sie bitte, wo
Sie jetzt sind. In... äh... etwa einer Stunde rufe ich wieder an.«
    Hastig drückte er auf die Gabel
und hängte den Hörer ein. An die Wand gelehnt, schloss er die Augen. Sein
Gesicht war mit kaltem Schweiß bedeckt.
    Unglaublich! Pia Friese! Und
die Kleine... Also Ludmilla hieß sie. Naja! Er hätte sie anders getauft. Aber
lieber den Namen als gar keinen. Ein so süßer Fratz! Wer hätte das gedacht!
Aber mit dem Geschäft war es Essig! Keine Million, verdammt! Und die 1200 Mark
— zum Teufel damit! Eher hätte er sich den Daumen abgebissen.
    Kreischendes Gelächter riss ihn
in die Wirklichkeit zurück.
    Kinder, die auf der Straße mit
einer toten Ratte spielten, standen vor der Telefonzelle und lachten ihn aus.
    Erst jetzt wurde ihm bewusst,
dass die Wäscheklammer immer noch auf seiner Nase steckte.
    Hastig nahm er sie ab. Sein
Taschentuch lag auf dem Boden.
    Als er die Telefonzelle
verließ, rannten die Kinder weg. Der Kleinste schleifte die Ratte hinter sich
her. Sie sah schon arg ramponiert (beschädigt) aus.
    Fünf Minuten später war
Schaudig zu Hause.
    Das Baby schlief noch.
    Mit verklärtem Gesicht
betrachtete er das kleine Geschöpf — minutenlang. Dann küsste er es vorsichtig
auf die Stirn — dreimal.
    Er ging in die Küche, nahm die
Schnapsflasche aus dem Eisschrank und trank einen kräftigen Schluck, um seiner
Rührung Herr zu werden.
    »Verdammt!«, sagte er dann.
»War also alles umsonst. Na ja! War ja auch nicht allzu viel Mühe.«
    Er biss die

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