Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Geheimnis der chinesischen Vase

Das Geheimnis der chinesischen Vase

Titel: Das Geheimnis der chinesischen Vase
Autoren: Stefan Wolf
Vom Netzwerk:
niemand.
    »Wo ist das Geld?«, fragte er
jetzt.
    »Unter deinem Sitz.«
    Er griff hinunter und zog einen
braunen Umschlag hervor. Ohne hineinzusehen, schob er ihn in seine Brusttasche.
    Wenig später ließ er sich von
Regina in der Altstadt absetzen. Angeblich, weil er dort noch zu tun habe.
    Zum Abschied küsste er sie auf
die Wange, worauf sie vor Glück die Augen schloss.
    Lächelnd winkte er ihrem Wagen
nach. Dabei murmelte er: »Blöde Kuh! Scher dich nach Hause.«
    Er wartete, bis sie nicht mehr
zu sehen war. Dann ging er zur Ecke und stieg in ein Taxi.
    Seinen eigenen Wagen hatte er
heute noch nicht benutzt. Zum Vogelsang-Park hatte ihn der Boss gebracht.
Allerdings war der dann gleich wieder abgerauscht.
    »Wunderbares Wetter heute«,
meinte der Taxifahrer, während sie durch enge Straßen fuhren.
    Aber Schaudig gab keine
Antwort. Nach einem Gespräch war ihm nicht mehr zu Mute. Ihm reichte es, dass
er Regina die Ohren hatte vollsabbeln müssen.
    Er schloss die Augen und döste.
    Als der Wagen zu schnell um
eine Ecke fuhr, hob er die Lider und blinzelte hinaus. Sein Puls beschleunigte
sich, er spürte ein angenehmes Kribbeln im Genick. Denn in diesem Moment fuhren
sie an dem Pfandhaus vorbei.
    PFANDLEIHE — war in weißen
Buchstaben auf das Schaufenster gemalt. Und kleiner, darunter: JOSEF REICHERT.
    Unser nächstes Opfer, dachte
Schaudig. Genial, was sich der Boss wieder hat einfallen lassen. Den Coup noch
— und wir haben ausgesorgt. Dann verschwinde ich. Auf einer einsamen
Südseeinsel werde ich meinen Reichtum genießen. Blaues Meer. Immer Sonne.
Palmen im Wind. Faules Leben am Strand. Sollen die doch hier schuften. Ich weiß
was Besseres.
    Der Taxifahrer rümpfte die
Nase, als er Schaudig vor seiner Bruchbude absetzte.
    Von irgendwoher kam schwefliger
Gestank. Schaudig wusste, weshalb er so ungern lüftete. Kaum öffnete er die
Fenster, rochen alle Räume zum Davonlaufen.
    In der Küche stand noch die
Milchflasche auf dem Tisch, mit der er die vermeintliche Ludmilla gefüttert
hatte. Am Schnuller klebte etwas Milch. Und im Mülleimer lagen die
Papierwindeln, die das Baby — als Folge der reichlichen Kost — ebenfalls
benutzt hatte.
    Schaudig grinste, wusch sich
die Hände, legte das Jackett ab und rückte schließlich die Couch von der Wand.
    Unter einer lockeren Diele
befand sich ein Hohlraum im Boden. Das Versteck enthielt Einbruchswerkzeuge,
zwei gefälschte Pässe und — die chinesische Vase.

    Sie war so wertvoll, dass er
kaum wagte, sie anzurühren. Mindestens eine halbe Million würde ein Kenner
dafür anlegen. Immerhin stammte dieses Wunderwerk chinesischer Porzellankunst
aus dem 14. Jahrhundert, aus der so genannten frühen Ming-Zeit. Sie gehörte dem
Boss. Vor Jahren hatte er sie bei einem Einbruch erbeutet. Über die Sache war
inzwischen Gras gewachsen. Dennoch — verkaufen konnte man diese Kostbarkeit
trotzdem nicht. Jeder Sammler, jeder Fachmann hätte gewusst, was das ist, und
nach dem Woher gefragt. Die Gefahr der Entdeckung war riesig. Deshalb sollte
sie auf andere Weise Gewinn bringen. Wirklich genial, was der Boss sich da
ausgedacht hatte. Und Reichert, der Pfandleiher, war genau das richtige Opfer
dafür.
    Schaudig grinste. Behutsam
streichelte er über das hauchzarte Porzellan. Er legte das Kuvert mit dem Geld
daneben und verschloss das Versteck.

8. Roulette
     
    Als Tarzan beim Springbrunnen
ankam, hatten die Polizisten die Schaulustigen vertrieben. Vielleicht
langweilten die sich auch nur. Jedenfalls: Die Menge zerstreute sich.
    Gaby, Karl und Klößchen waren
eingetroffen. Und Gaby hatte Oskar, ihren lustigen schwarz-weißen
Cockerspaniel, mitgebracht.
    Eben noch saß er brav auf den
Hinterläufen und blickte sein Frauchen, die Kinder, die Polizisten, Eichbergs
und alle anderen an. Dann entdeckte er Tarzan, der sich auf seinem Drahtesel
näherte, stieß einen freudigen Juchzer aus und fetzte los, dass die
Schlappohren flatterten.
    Tarzan war sein besonderer
Freund. Seinetwegen hätte er glattweg einen schönen, stinkenden, frisch
ausgebuddelten Knochen liegen lassen.
    Tarzan konnte gerade noch
absteigen. Sonst hätte Oskar ihn umgeworfen. Wie üblich nahm die Begrüßung kein
Ende.
    Gaby sagte: »Ich hatte gedacht,
dass wir ihn vielleicht als Fährtenhund brauchen. Wie albern.«
    »Wo bist du denn gewesen?«,
fragte Karl.
    Tarzan dämpfte die Stimme. »Ich
habe einen Verdächtigen verfolgt.«
    Gaby machte Kulleraugen. »Willi
hat uns schon erzählt, was du vermutest.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher