Das Geheimnis der Contessa - Historischer Roman
Büßergewand konnte den sündigen Gottesmann von seiner Schuld reinwaschen. Die Geschichte machte in der Stadt allerdings weiterhin die Runde, und das Ansehen des Priesters hatte nachhaltig gewaltigen Schaden genommen. Über den Prete wurde immer noch gelacht.
Martini befand sich nun in der Mitte des Marktplatzes und drehte sich wohlgefällig um die eigene Achse. Ein kleines Städtchen war sein Grosseto, gewiss, ein blühendes zartes Pflänzchen, aber auf dem besten Wege, ein bedeutender Knotenpunkt für Reisende nach Lucca zu werden. Der toskanische Stadtstaat entwickelte sich gerade zu einem wichtigen Umschlagplatz für Seide und Seidenstoffe, und das brachte Reichtum mit sich. Reichtum wiederum versprach Arbeit und bescheidenen Wohlstand für das einfache Volk, und das zog die Menschen aus den Sumpfgebieten in die Stadt. Und sie alle mussten Steuern zahlen. Unwillkürlich machte der Vogt ein schmatzendes Geräusch. Das tat er immer, wenn die Gier ihn überkam. Geld, so viel Geld würde er einnehmen! Seine Stadt würde stetig wachsen, und irgendwann, davon träumte Martini, würde man ihm das Münzprägerecht verleihen und dann …
»Pietro, komm mal rüber! Hier, die beiden Burschen!«
Unwillig drehte sich der Stadtvogt um und entsagte seinen Tagträumen. Er seufzte. Die Sonne war kaum aufgegangen, und schon gab es offenbar Reibereien. Er setzte eine offizielle Miene auf und steuerte geradewegs auf die beiden Streithähne zu, die sich unter einem farbigen Vorzelt am Rande der Piazza auf das Wüsteste beschimpften. Es war immer dasselbe. Die besten Stellen waren schnell vergeben, und es gab kein Anrecht auf einen Stammplatz. Der frühe Vogel fängt den Wurm, lautete die Devise, und der Händler, der seinen Stand als Erster aufstellte, hatte das Recht auf seiner Seite. Während sich Martini mit strengem Blick auf die beiden jungen Männer zubewegte, schweiften seine Gedanken wieder ab.
Eine wahre Zauberin war sie gewesen, diese kleine Hexe, die erst den armen Priester und dann ihn verführt hatte – in derselben Nacht. Martini dachte mit Wonne an die Stunden ungehemmter Leidenschaft und schnalzte unwillkürlich wieder mit der Zunge. Er wusste nicht mehr, wie dieser Liebesengel hieß, ob es überhaupt einen Namen hatte, dieses großäugige Mädchen, das nur aus Duft und Verlockung zu bestehen schien. Sie hatte ihn spüren lassen, dass er ein Mann war, ein Mann, wie er sein sollte. Groß. Stattlich. Voller Glut. Einem unbewussten Impuls folgend suchten seine Augen den Platz ab, suchten diese Eine in jeder Frau, die er sah. Und es waren schöne dabei, oh ja. Martini hatte einen Sinn für diese Frauen, die nur sie selbst waren, egal, ob sie Wäsche aufhängten, einen Säugling an die Brust legten oder sich demjenigen hingaben, der sie nahm, wie ein Mann sein Weib nimmt. Martini seufzte wieder. Es war eine wundervolle Nacht gewesen, er mit diesem Mädchen, eine Nacht mit zu viel Gier, um wirklich wahr zu sein. Erst hatte sie ihn in ihrem verheißungsvollen Blick ertrinken lassen, dann war sie über ihn gekommen wie ein süßer Traum, ohne Fragen und ohne Antworten. Sie hatten sich ihrer Lust ergeben, Stunde um Stunde. Der Duft von Weihrauch und Myrrhe klebte noch an ihren Händen und an ihren Lippen, als sie sich fanden, und er wusste, bevor sie es ihm sagte, von wo sie kam. Und sie schrie in seinen Armen und bat um den Gnadenstoß. Und er verströmte sich in ihr, in ihrem knabenhaft schlanken Leib, und ihre Brustwarzen waren rot wie reife Erdbeeren, so fest hatte er an ihnen gesaugt. Sie wand sich unter ihm und drehte sich über ihm und hielt ihn gefangen zwischen ihren Schenkeln, und als sich seine Furcht vor ihrem Teufelswerk gelegt hatte und er es genoss, wie sie ihn ritt und sich von ihm reiten ließ, wurde ihm bewusst, dass er noch nie zuvor eine Frau dermaßen begehrt hatte. Und dann, als er kam, als sie kam, als sie beide ihre Lust laut hinausschrien in die dunkle sternenlose Sommernacht, hatte er sich geschworen, sie wiederzufinden, egal wo sie war auf Erden, er wollte sie wiederhaben, diese Schöne mit den schwarzen Glutaugen und der knabenhaften Brust. Sie würde nie ein Kind säugen können bei dieser Statur, war sein erster Gedanke gewesen, als sie ihr durchscheinendes Hemd vor ihm abgelegt hatte, aber gerade darin lag ja der Reiz. Ich bin ihr verfallen, dachte der Vogt, ich denke immerzu an sie, an mein kleines namenloses Zigeunermädchen, wie gern hätte ich dich für immer bei mir … Martini hielt
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