Das Geheimnis Der GroÃ?en Schwerter / Die Nornenkönigin: Bd 3
warten.« Er drehte sich um und betrachtete die große, kreisförmige Halle. »Mein Gedanke ist, dass dies einst ein sehr schöner Ort war. Lange schon meißelt mein Volk in die Wände der Berge, aber wir besitzen nicht ein Zehntel jener Kunstfertigkeit, die den Sithi zu eigen war.«
Dass er von Jirikis Volk sprach, als handele es sich um eine untergegangene Rasse, störte Simon, aber er war immer noch mit Leleths Wohlbefinden beschäftigt. »Bist du sicher, dass wir ihr nicht etwas holen sollten? Vielleicht einen Mantel? Es ist so kalt hier.«
»Leleth geht es gut«, sagte Geloë vom Eingang her. Schuldbewusst, als hätte er Hochverrat geplant, fuhr Simon herum. »Sie wandert nur schon ohne uns ein Stückchen auf der Traumstraße. Ich glaube, dort ist sie am glücklichsten.«
Sie trat ins Innere. Hinter ihr erschien Vater Strangyeard. »Guten Abend, Simon, Binabik«, grüßte der Priester. Sein Gesicht war so selig und aufgeregt wie das eines Kindes zur Ädonszeit. »Ich werde Euch begleiten. Beim Träumen, meine ich. Auf der Traumstraße. Natürlich habe ich davon gelesen – es fasziniert mich schon lange –, aber ich habe mir nie vorgestellt …« Er wedelte mit den Fingern, als wollte er die reizvolle Unwahrscheinlichkeit der ganzen Angelegenheit unterstreichen.
»Es geht hier nicht um einen Ausflug zum Beerenpflücken, Strangyeard«, erklärte Geloë ärgerlich. »Aber weil Ihr jetzt ein Träger der Schriftrolle seid, solltet Ihr etwas von den wenigen Künsten lernen, die uns noch geblieben sind.«
»Natürlich geht es nicht um einen … ich meine, natürlich ist es gut, wenn man etwas lernt. Aber Beerensuchen, nein … ich meine … oh.« Strangyeard schwieg niedergeschlagen.
»Jetzt weiß ich, warum Strangyeard sich uns anschließt«, meinte Binabik. »Und auch ich bin vielleicht gut zur Hilfe. Aber warum Simon, Valada Geloë, und warum hier?«
Die Zauberfrau strich dem Kind kurz über das Haar, ohne dass Leleth darauf reagierte, und setzte sich dann zu ihr auf die Säule. »Was das Erste betrifft, so habe ich ein besonderes Anliegen, und Simon kann mich dabei unterstützen. Aber ich will Euch alles genau erklären, damit niemand einen Fehler macht.« Sie wartete, bis alle um sie herum Platz genommen hatten. »Ich habe Euch gesagt, dass sich ein weiterer schwerer Sturm zusammenbraut. Es wird schwer, wenn nicht unmöglich werden, auf der Straße der Träume zu wandern. Aber es kommt noch mehr auf uns zu.« Sie hob die Hand, um Simons Frage abzuwehren. »Mehr darf ich nicht sagen, ehe ich nicht mit Josua gesprochen habe. Meine Vögel haben mir Nachricht gebracht, aber selbst sie werden sich verstecken, wenn der Sturm losbricht. Dann sind wir hier oben auf diesem Felsen blind.«
Während sie sprach, schichtete sie mit geschickter Hand Kleinholzauf dem Steinboden zu einem Häufchen auf und setzte es mit einem Zweig, den sie an einer der Lampen entzündet hatte, in Brand. Aus ihrer Manteltasche zog sie ein kleines Säckchen. »Deshalb«, fuhr sie fort, »wollen wir, solange es noch geht, einen letzten Versuch unternehmen, diejenigen zusammenzurufen, die uns helfen können oder ihrerseits unseren Schutz brauchen. Ich habe Euch hierher gebeten, weil es der beste Platz ist. Die Sithi selbst wählten ihn, wenn sie über große Entfernungen miteinander sprachen. Sie benutzten, wie die alte Überlieferung sagt, Steine und Schuppen, Teiche und Feuer. Zeugen nannten sie sie.« Sie schüttete eine Handvoll Kräuter aus dem Sack und wog sie in der Hand. »Darum habe ich diesen Ort auch Sternwarte genannt. So wie die Diener der Kirche in den Sternwarten des alten Imperiums die Sterne beobachteten, so kamen die Sithi einst hierher, um ihr Reich Osten Ard zu überblicken. Dies ist ein Ort großer Macht für die Schauenden.«
Simon wusste einiges über die Zeugen. Er hatte mit Jirikis Spiegel Aditu herbeigerufen und Amerasus verhängnisvollen Gebrauch der Nebellampe miterlebt. Plötzlich fiel ihm die Vision während seiner Nachtwache wieder ein. War diese so klare, starke Erscheinung der Vergangenheit auf die besonderen Eigenschaften dieses Ortes zurückzuführen?
»Binabik«, sagte Geloë, »Ihr habt vielleicht von Tiamak gehört, einem Wranna, mit dem Morgenes befreundet war. Ich glaube, er hat Eurem Meister Ookequk manchmal Botschaften geschickt.« Der Troll nickte. »Auch Dinivan von Nabban kannte Tiamak. Er sagte mir, er habe einen wohlüberlegten Plan in die Wege geleitet und den Wranna mit einbezogen.« Sie
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