Das Geheimnis Der GroÃ?en Schwerter / Die Nornenkönigin: Bd 3
sterben, als etwas so Grobes anzuziehen … wenn er nicht einen besonderen Grund dafür hatte. Und sie hatte sich von seinen schönen Kleidern beeindrucken lassen! »Ich bin sicher, dass er zu ihnen geht. Cadrach hat mir gesagt, dass er auf Pryrates’ Geheiß handelt.«
Gan Itai nahm den Arm von Miriamels Schultern und lehnte sich an die Wand zurück. In der Stille drang der Lärm der Männer, die oben an Deck arbeiteten, durch die Kabinendecke zu ihnen herunter.
»Die Feuertänzer haben einen Teil der Niskiestadt in Nabban niedergebrannt«, sagte die alte Frau langsam. »Sie haben die Türen verkeilt. Und innen waren Kinder und alte Leute. Auch an anderen Wohnorten meines Volkes haben sie Brände gelegt und Gemetzel angerichtet. Und der Herzog von Nabban und die anderen Menschen unternahmen nichts. Nichts.« Sie fuhr sich mit der Hand durch das Haar. »Die Feuertänzer behaupten immer, sie hätten einen Grund, so zu handeln. Aber in Wirklichkeit gibt es keinen Grund, außer dass es ihnen Freude bereitet, andere leiden zu sehen. Und nun sagst du, dass der Herr meines Schiffes ihnen Gold bringt.«
»Es kommt nicht mehr darauf an. Er stirbt, noch bevor wir landen.«
Gan Itai schüttelte wie staunend den Kopf. »Unsere einstigen Herren legten Ruyan den Seefahrer in Ketten. Unsere neuen Gebieter verbrennen unsere Kinder und schänden und töten sogar ihre eigene Nachkommenschaft.« Sie legte Miriamel die kühle Hand auf den Arm und ließ sie lange liegen. Ihre zur Decke gewandten Augen wurden schmal. Sie überlegte. »Versteck das Messer«, sagte sie endlich. »Benutze es nicht, bevor ich wieder mit dir gesprochen habe.«
»Aber …«, begann Miriamel. Gan Itais Hand presste hart ihren Arm.
»Nein«, befahl die Niskie rauh. »Warte. Du musst warten.« Sie erhob sich und verließ den Raum. Als sich die Tür hinter ihr schloss, blieb Miriamel allein. Auf ihren Wangen trockneten die Tränen.
5
Ödland der Träume
er Himmel war voll wirbelnder grauer Streifen. Fern am nördlichen Horizont drohte ein dicker Wolkenknoten wie eine erhobene Faust, zornig, purpurrot und schwarz.
Das Wetter war wieder bitterkalt geworden. Simon war sehr dankbar für sein neues Hemd aus dicker Wolle. Es war das Geschenk eines dünnen Mädchens aus Neu-Gadrinsett, einer der beiden jungen Frauen, die sich am Tag seines Ritterschlags mit ihm angefreundet hatten. Als das Mädchen mit seiner Mutter erschienen war, um ihm das Geschenk zu überreichen, hatte sich Simon so höflich und dankbar benommen, wie es seiner Meinung nach einem Ritter geziemte. Er hoffte nur, dass sie nun nicht glaubten, er wolle das Mädchen heiraten – oder etwas in dieser Richtung. Seither war er ihr ein halbes Dutzend Mal begegnet, aber noch immer hatte sie kaum ein Wort zu ihm gesagt, nur ständig gekichert. Es war nett, bewundert zu werden, fand Simon, aber er konnte den Wunsch nicht unterdrücken, diese Bewunderung möchte von jemand anderem kommen als von diesem törichten Mädchen und ihrer ebenso albernen Freundin. Immerhin, das Hemd war gut genäht und hielt warm.
»Komm, edler Ritter«, bemerkte Sludig, »geruhst du, deinen Stock noch einmal zu heben, oder wollen wir für heute Schluss machen? Ich bin genauso müde und verfroren wie du.«
Simon sah auf. »Entschuldigung. Ich war in Gedanken. Wirklich sehr kalt, wie?«
»Es hat das Anscheinen, dass unser kurzer Geschmack von Sommer sein Ende erlangt«, rief Binabik, der auf einer umgestürzten Säule in der Nähe saß, zu ihnen hinüber. Sie befanden sich in der Mitte des Feuergartens, wo es keinerlei Schutz vor dem eiskalten Wind gab.
»Sommer?«, schnaubte Sludig. »Weil es einmal zwei Wochen nicht geschneit hat? Ich habe immer noch jeden Morgen Eis im Bart.«
»Jedenfalls war es eine Verbesserung des Wetters, unter welchem wir zuvor gelitten hatten«, meinte Binabik gelassen. Erneut warf er einen kleinen Kiesel nach Qantaqa, die ein paar Schritte weiter, zu einem Pelzknäuel zusammengeringelt, am Boden lag. Sie schenkte ihm einen schrägen Blick, kam dann aber offenbar zu dem Schluss, dass ein gelegentlicher Kiesel nicht den Aufwand lohnte, sich zu erheben und ihren Herrn zu beißen, worauf sie die gelben Augen wieder schloss. Jeremias, der neben dem Troll saß, betrachtete die Wölfin aufmerksam.
Simon nahm sein hölzernes Übungsschwert wieder auf und rückte über die Steinplatten vor. Obwohl Sludig es immer noch ablehnte, mit echten Klingen zu kämpfen, hatte er Simon geholfen, an den
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