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Das Geheimnis Der GroÃ?en Schwerter / Die Nornenkönigin: Bd 3

Das Geheimnis Der GroÃ?en Schwerter / Die Nornenkönigin: Bd 3

Titel: Das Geheimnis Der GroÃ?en Schwerter / Die Nornenkönigin: Bd 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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schwankende Bild erlosch. Auch die Gestalt auf dem Bett begann zu verblassen.
    »…!« Sie versuchte, ihnen etwas Dringendes mitzuteilen, zerfloss jedoch rasch im Nebel. Auch der Turm, in dem sie lag, und die Stadt ringsum lösten sich auf. »Aus dem Norden … furchtbar … fand die alte Nacht …«, hörte Simon noch. Dann eine Pause und eine letzte heldenhafte Anstrengung: »… Nisses’ Buch …«
    Der Traumschatten verschwand, und alles war wieder grau und trübe.
    Erneut umgab ihn körperloser Dunst. Simons Gedanken wandten sich Miriamel zu. Jetzt, nachdem sie Tiamak anscheinend erreicht hatten, würde Geloë bestimmt nach der verlorenen Prinzessin suchen. Und tatsächlich, noch während er sich Miriamels Bild ins Gedächtnis rief – er sah sie, wie damals in Geloës Haus, in Knabenkleidung, das Haar schwarzgefärbt und kurzgeschoren –, trat ihm ebendieses Bild aus dem Nichts entgegen. Einen langen Moment stand sie schimmernd vor ihm – es kam ihm vor, als sei ihr Haar wieder golden –, dann verwandelte sie sich in etwas anderes. Einen Baum? Einen Turm? Simon überkam eine kalte Vorahnung. In vielen seiner Träume hatte er Türme gesehen, und nie hatten sie etwas Gutes zu bedeuten. Aber nein, das war mehr als nur ein einziger hoher Schatten. Bäume? Ein Wald?
    Noch während er sich anstrengte, das Bild deutlicher zu erkennen, begann die unbestimmte Erscheinung sich zu verfestigen, und Simon merkte, dass es ein Schiff war, so vage und verschwommen wie Tiamak in seinem Pergamentturm. An den hohen Masten hingen zerfetzte Segel und flatternde Taue, alles aus Spinnweben, grau, staubig, in Lumpen. Das Schiff schaukelte wie in einem sehr starken Wind. Das schwarze Wasser ringsum war bedeckt mit grellweißen Schaumkronen, der Himmel darüber tiefschwarz.
    Aber da war etwas, das sich Simon entgegenstellte, eine Kraft, die ihn trotz all seiner verzweifelten Bemühungen daran hinderte, näher an das Schiff heranzukommen. Er kämpfte mit aller Macht dagegen an. Vielleicht war Miriamel dort unten!
    Mit äußerster Willensanstrengung versuchte Simon, sich den Zutritt zu dem geisterhaften Schiff zu erzwingen. Doch plötzlich fiel ein großer, dunkler Vorhang vor ihm herunter, ein Sturm mit Regen und Nebel, massiv wie eine Wand. Verloren und hilflos hielt Simon inne. Unvermittelt war Leleth bei ihm. Ihr Lächeln war verschwunden, das Gesichtchen zur Grimasse der Anspannung verzogen.
    »Miriamel!«, schrie Simon. Seine Stimme klang wie eine Glocke, aber sie kam nicht aus seinem, sondern aus Leleths Mund. » Miriamel!«, rief er noch einmal. Leleth kämpfte sich ein kleines Stücknäher an das Phantom, als wollte sie Simons Worte so weit wie möglich herantragen, bevor sie ihren Mund verließen. »Miriamel, kommt zum Stein des Abschieds!«
    Das Schiff war jetzt ganz verschwunden. Der Sturm hatte sich ausgebreitet und das ganze schwarze Meer erfasst. In seinem Herzen glaubte Simon zuckende, rote Lichtbogen zu sehen, wie jene, die den großen Strudel durchbohrt hatten. Was hatte das zu bedeuten? War Miriamel in Gefahr? Drang jemand in ihre Träume ein? Er zwang sich zu einem letzten Versuch und stemmte sich wütend gegen den wirbelnden Traumsturm. Sinnlos. Das Schiff kam nicht wieder. Stattdessen hatte der Sturm ihn selbst nun von allen Seiten eingeschlossen. Durch alle Fasern seines Wesens konnte er ihn summen hören, als läuteten ungeheure Messingglocken, eine so gewaltige Erschütterung, als sollte er zerbersten. Jetzt war auch Leleth nicht mehr sichtbar. Die funkensprühende Schwärze hielt ihn mit ihrer Tintenfaust gepackt, und plötzlich glaubte er, hier sterben zu müssen, an diesem Ort, der keiner war.
    In der Ferne erschien ein Lichtfleck, klein und grau wie eine blinde Silbermünze. Durch die Schwärze, die auf ihn einhämmerte, und die roten Funken, die sie durchzischten wie winzige Feuerspeere, bewegte er sich darauf zu. Er versuchte, die Hände seiner Freunde zu fühlen, aber es gelang ihm nicht. Das Grau schien nicht näher zu kommen. Wie ein Schwimmer weit draußen auf dem Meer wurde er allmählich müde.
    Binabik, hilf mir! , dachte er, aber seine Freunde waren verloren, weit hinter der endlosen Schwärze. Hilf mir! Selbst der winzige graue Fleck verblasste. Miriamel , dachte er, ich wollte dich so gern wiedersehen …
    Ein letztes Mal tastete er nach dem Lichtfleck und fühlte eine Berührung, als drücke eine Fingerspitze die seine, obwohl er keine Hände hatte, um zu berühren oder berührt zu werden.

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