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Das Geheimnis der Hebamme

Titel: Das Geheimnis der Hebamme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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anUnwägbarkeiten für sie bereithalten mochte. Johanna und Marie rutschten näher an sie heran und schmiegten sich an sie. Endlich rollte sich auch Marthe zusammen und schlief ein.
    Furchtsam starrten die zur Wache eingeteilten Männer in die undurchdringliche Finsternis. Schließlich übernahmen Christian und Lukas die Wache bis zum Morgengrauen.
    Die Nacht verlief ohne Zwischenfälle.
     
    Der nächste Morgen bescherte ihnen eine kräftezehrende Wegstrecke. An manchen Stellen ging es so steil bergauf, dass sich die Männer mit dem ganzen Gewicht gegen die Karren stemmen und schieben mussten. Ging es bergab, mussten Hemmschuhe unter die Räder gelegt werden, damit die Wagen nicht zu viel Schub bekamen. Dabei konnte ein Mann leicht seine Hand verlieren, wenn er nicht aufpasste.
    Der Himmel war immer noch grau verhangen.
    Marthe war stillschweigend die Aufgabe zugefallen, sich um Johanna und Marie zu kümmern, die kaum sprachen, ab und zu weinten, ihr aber nicht von der Seite wichen.
    Karl machte sich unentbehrlich, wenn eines der Ochsengespanne festgefahren war oder einer der Handkarren umzukippen drohte. Anfangs kam er sooft er konnte zu Marthe, um nach seinen kleinen Schwestern zu sehen, die ihn inbrünstig liebten. Doch bald blieb er ihnen fern.
     
    Lukas, der seit dem Zwischenfall vom Vortag Marthe und auch die jungen Burschen aufmerksamer beobachtete, kannte den Grund für Karls plötzliche Zurückhaltung. Als Martin, Gretes ältester Sohn, sich unbeobachtet glaubte, hatte er Karl grob am Kittel gepackt und ihn angefahren: »Lass die Finger von dem Mädchen! Denk daran: Solange wir unterwegs sind,macht sich keiner an sie ran! Erst wenn wir angekommen sind, wird ausgetragen, wer sie kriegt.«
    Und du glaubst natürlich, dass du das bist, hatte der Knappe grimmig gedacht. Ein schlaues Manöver. Unter den Bauernburschen war Martin der stärkste und rücksichtsloseste. Keiner von den anderen Jungen würde sich gegen ihn behaupten können. Doch wer weiß schon, was in verliebten Weibern vor sich ging? Vielleicht würde sich Marthe von Burcharts Flötenspiel beeindrucken lassen? Oder von Karls Freundlichkeit? Weil Martin unterwegs beide Hände voll zu tun haben würde, hatte er sich so für die nächste Zeit alle Rivalen vom Hals geschafft.
    Dabei machte diese Marthe nicht den Eindruck, als ob sie schon einen Gedanken an Liebe oder ans Heiraten verschwendete. Sie warf keine lockenden Blicke um sich und wirkte viel ernster als die Mädchen in ihrem Alter, die er kannte. Als sie nach seiner Hand gegriffen und den Arm sanft mit Salbe eingerieben hatte, schien ihr nicht einmal im Traum einzufallen, er könne dies missdeuten, bis er seine dumme Bemerkung machte. Ihm war, als könne er immer noch ihre warmen Hände spüren.
    Auf dem Meißner Burgberg wartete Rosalind auf Lukas, eine lebenslustige Magd, die ihn das Liebesspiel gelehrt hatte und von ihm nichts weiter erhoffte, als dass er ab und zu ihren Hunger nach Zärtlichkeiten stillte. Seitdem konnte er kaum ein hübsches Mädchen ansehen, ohne sich vorzustellen, ihre weiche Brust zu berühren und in ihrem warmen Schoß zu versinken. Er hatte keine Frau mehr gehabt, seit sie unterwegs waren. Und es machte die Sache nicht leichter, dass er jede Nacht das leidenschaftliche Stöhnen von Emma und Jonas mit anhören musste, die sich keinen Deut um Griseldis’ laute Vorwürfe kümmerten, dass sie Unzucht trieben, noch dazuwährend der Fastenzeit, wo doch die Kirche das Beilager verbot.
    Wieder rief er sich den Moment in Erinnerung, als er Marthe berührt hatte. Er hatte seine Hand auf ihre schmale Schulter gelegt, als sie sich vom Rastplatz entfernen wollte, und sie war zusammengezuckt wie in Todesangst.
    Sie sollte beschützt werden. Nicht nur vor Wulfharts tölpelhaften Knechten, die nach ihr suchten. Sondern auch vor diesen Bauernburschen, die sie belauerten wie Jäger das ahnungslose Wild. Er würde sie nicht aus den Augen lassen, so weit es seine anderen Pflichten erlaubten.
     
    Als die Siedler endlich erschöpft rasteten, rief Christian die Männer zu sich.
    »Wir werden von heute an jeden Abend Kampfübungen abhalten, während sich die Frauen um das Essen kümmern«, gab er bekannt.
    Überrascht sahen sich die Männer an. Den Bauern war es verboten, Waffen zu tragen. Das hatte der Kaiser verfügt.
    Nur Jonas stimmte sofort zu.
    »Aber Herr, wir sind keine Soldaten, wir sind Bauern«, wandte Hildebrand zaghaft ein.
    »Bald kommen wir durch ein Waldstück, in dem

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