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Das Geheimnis der Hebamme

Titel: Das Geheimnis der Hebamme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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Gefahren drohen, gegen die ein oder zwei ausgebildete Kämpfer vielleicht nicht ausreichen werden«, entgegnete Christian ohne weitere Erklärung.
    Plötzlich gellte eine Frauenstimme: »Eine Wolfsspur! Ein Wolf!«
    Die Frauen und Kinder sprangen angstvoll auf und drängten sich zusammen, die Männer hasteten zu den Karren, um die dort griffbereit liegenden Äxte und Stangen mit scharfen Spitzen zu holen. Marthe hatte die ängstlich kreischenden Mädchen in die Mitte der Gruppe geschoben und zerrte vom Wagenneben sich eine Stange, die sie fest mit beiden Händen packte.
    »Bleibt ruhig«, ermahnte Christian, der die Spur sofort untersucht hatte. »Sie ist mindestens einen Tag alt.«
    Er winkte Jonas, mit ihm die Spur zu verfolgen und nach weiteren zu suchen, und wies Lukas an, den Rastplatz zu bewachen.
     
    Bald konnten sie in der Ferne drei Berittene erkennen, die sich schnell aus der Richtung näherten, aus der sie gekommen waren. Marthe trat neben Lukas. »Sie kommen in böser Absicht«, sagte sie.
    »Du meinst, es wird Ärger geben?«, fragte er. »Ja, ich denke auch, es ist besser, vorsichtig zu sein. Versteck dich!«
    Lukas sprach kurz mit Hildebrand und verschwand, um Christians auffälliges Pferd hinter ein paar Bäumen zu verbergen.
    Die Berittenen waren schnell am Rastplatz angelangt und brachten kurz vor den Siedlern ihre Pferde zum Stehen. Sie trugen Kettenhemden und waren bis an die Zähne bewaffnet.
    »Was treibt ihr hier, ihr Hungerleider? Wer hat euch erlaubt, durch dieses Gebiet zu ziehen?«, fragte ein stiernackiger großer Kerl mit bulligem Gesicht unwirsch. Mit lauerndem Blick sah er auf die Gruppe.
    Hildebrand trat vor und verneigte sich tief. »Wir sind Siedler auf dem Weg nach Osten, Herr.«
    Der Gesichtsausdruck des Massigen nahm etwas Verschlagenes an. »Freie Passage durch dieses Land kostet Wegzoll. Einen Pfennig für jeden von euch und pro Wagen vier.«
    »Verzeiht, Herr«, antwortete Hildebrand unterwürfig, »uns ist nichts bekannt von Wegzoll. Wir haben auch kein Geld.«
    »Sie haben kein Geld! Na, so etwas …«, höhnte der Anführer und strich sich über den Bart. Seine Kumpane lachten.
    »Vielleicht lassen wir ja mit uns reden. Das hängt davon ab, wie entgegenkommend sich eure Weiber zeigen.«
    Die Reiter saßen ab. Die Siedler rückten zusammen.
    Der Anführer ging mit gezogenem Schwert auf Emma zu und hob mit der Schwertspitze ihren Rock an.
    »Du da und ihr zwei!« Er zeigte auf Bertha und Marthe, die aus ihrem Versteck gekommen war, als sie gesehen hatte, dass die Reiter nicht zu Wulfharts Burgbesatzung gehörten.
    Jeder der Bewaffneten packte eine der Frauen am Arm.
    Emma wurde kreidebleich und fing an zu zittern, Bertha schluchzte auf und sank auf die Knie. »Habt Erbarmen, Herr!« Bleich vor Zorn und Angst ging Guntram auf die Männer zu, die gesenkten Hände zu Fäusten geballt.
    »Lasst sie los«, schrie er. »Dazu habt Ihr kein Recht. Wer einer Frau Gewalt antut, den straft das Gesetz mit dem Tod.«
    Der Anführer setzte Guntram lässig das Schwert auf die Brust.
    »Sei lieber ruhig, Bäuerlein. Wer redet denn von Gewalt? Wir nehmen bloß, was uns zusteht.«
    Marthe stand da wie im Traum, als ginge sie das alles nichts an. Sie spürte kaum den derben Griff an ihrem Arm. Während sie wie aus weiter Ferne die Stimmen der anderen vernahm – das Flehen, die empörten Rufe und ein besorgtes Gewisper: »Wo bleiben nur der Ritter und sein Knappe?« –, war ihr, als würde sie wieder die Stimme in ihrem Kopf hören, die ihr diesmal zuraunte: »Dir wird nichts geschehen.«
     
    Christian verfolgte mit Jonas die Wolfsspur. Doch er rechnete nicht mit einem Angriff wilder Tiere. Bären, Luchse und vermutlich auch das Wolfsrudel würden um diese große, lärmende Kolonne einen weiten Bogen machen. Und wären Raubtiere in der Nähe gewesen, hätten die Pferde sofort Alarm geschlagen, sein Grauschimmel allen voran.
    Er sorgte sich um etwas ganz anderes. Bald mussten sie durch ein Waldgebiet, über das schlimme Berichte kursierten. Verwunschen sei dieser Wald, und wer ihn einmal betrete, der komme nie wieder lebend heraus, hieß es. Christian hatte den Wald mehrmals durchquert und war dabei nie Dämonen oder Zauberern begegnet. Einem anderen Gerücht zufolge hatte sich dort eine schlau geführte Bande Gesetzloser gesammelt. Ihn und Lukas als gut bewaffnete Reisende auf schnellen Pferden hatte niemand angegriffen. Doch jetzt kamen sie mit einem großen, langsamen Wagenzug, der Korn,

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