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Das Geheimnis der Hebamme

Titel: Das Geheimnis der Hebamme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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mich würfeln, und angeführt von einem Ritter, der sich nach dem Tod sehnt!
    Doch die Bitterkeit verflog schnell. Schließlich hatte Christian sie ohne Zögern unter seinen Schutz gestellt. Und sie spürte, dass sie ihm vertrauen konnte. Was er wohl erlitten haben mochte, um sich den Tod zu wünschen?, fragte sie sich bekümmert.
    Lukas redete immer noch und schien gar nicht zu bemerken, dass er für einen Moment seine Zuhörerin verloren hatte. Sie blinzelte kurz und wandte ihre Aufmerksamkeit wieder dem Knappen zu, der ins Schwärmen geraten war.
    »Du hättest es erleben sollen! Jedermann ließ sofort alles stehen und liegen, als sich herumsprach, dass Christian dem Untier den Sattel auflegte. Spätestens seit diesem Ritt hat er die ungeteilte Bewunderung der meisten Männer auf der Burg. Die Knappen reißen sich darum, bei ihm richtig reiten zu lernen.« Er blickte sie stolz an, und ihr war klar, was er damit sagen wollte.
    »Christian wollte Drago für den Markgrafen zureiten. Aber der Hengst duldete auch den Fürsten nicht auf seinem Rücken. Schließlich überließ Markgraf Otto meinem Herrn das Tier, unter der Bedingung, jedem zu erzählen, wer so kostbare Pferde an seine Vasallen … Was ist denn los?«
    Marthe war plötzlich herumgewirbelt und starrte mit schneeweiß gewordenem Gesicht in den Wald.
    Lukas rüttelte sie leicht an der Schulter.
    »He!«
    »Etwas ist da draußen passiert«, murmelte Marthe.
    Der Knappe sah sie erstaunt an. Er spähte zum Wald, ohne etwas Beunruhigendes erkennen zu können. Doch nach einem erneuten Blick auf Marthes verstörtes Gesicht zögerte er nicht länger. Er holte einen Spieß, alarmierte die anderen, die zurückgeblieben waren, und ließ sie die Gespanne für einen schnellen Aufbruch bereitmachen.
     
    Die Siedler starrten entsetzt auf den Alten, der mit hassvoller Stimme keifte und dabei Speicheltröpfchen durch die schwarzen Zahnstummel spuckte.
    »Warum stört ihr mich? Ich stand kurz vor einer Vision, aber ihr Gottlosen habt sie verscheucht!«
    Mehrere Frauen bekreuzigten sich hastig. Hildebrandt begann zu stammeln. Doch der Alte ließ ihn nicht zu Wort kommen, sondern streckte einen Finger nach dem Kahlkopf aus, der erschrocken in sich zusammensank.
    »Dich kenne ich! Was treibt dich her, weg von dem Platz, auf den Gott dich gestellt hat?«
    Er weiß gut Bescheid, dachte Christian, der als Einziger stehen geblieben war und den Alten mit immer mehr Misstrauen betrachtete.
    Der zischte: »Ich weiß, was ihr wollt. Doch ihr wurdet getäuscht. Knechte zu sein ist euch nicht mehr gut genug?«
    Der Einsiedler erhob seine Stimme zu einer Lautstärke, die Christian der schmächtigen Gestalt kaum zugetraut hätte. »Wenn der Allmächtige wollte, dass ihr eigene Höfe führt,hätte er euch welche gegeben. Lehnt euch nicht auf gegen Gottes Ordnung! Bereut und kehrt um!«
    Christian sah, wie die Siedler erstarrten, und trat zwei Schritte auf den Alten zu. »Gott gibt ihnen die Chance, Bauern statt Knechte zu sein – und sie folgen seinem Ruf«, sagte er mit harter Stimme. Dann wandte er sich um. »Wir vergeuden unsere Zeit. Lasst uns weitergehen. Sofort.«
    Der Alte trippelte ein paar Schritte hinter ihnen her und blieb dann stehen. »Gottlose! Ihr seid verflucht! Hunger, Not und Verzweiflung werden über euch kommen, Tod und Verdammnis!«, schrie er mit hochgereckten Armen und flackerndem Blick. »Ihr werdet alle sterben!«
    Noch einmal wandte sich Christian um und trat an den Alten heran, so nahe, dass ihn dessen ätzender Gestank umfing. »Das wird jeder – und du zuerst. Schweig!«
     
    Lukas und Marthe standen bei den Gespannen und sahen angestrengt in den Wald. Es dauerte nicht lange, bis sie die anderen entdeckten, die sich, von Christian geführt, den Weg aus dem Gehölz bahnten.
    Die Wartenden erkannten sofort, dass tatsächlich etwas nicht in Ordnung war. Noch ehe sie Fragen stellen konnten, hatte der Ritter die Bauern um sich versammelt, die auf den Tod erschrocken wirkten.
    »Hört nicht auf die Worte eines wirren alten Mannes. Lasst euch keine Angst einjagen«, wandte sich Christian mit klarer Stimme an die Menschen, die ihm bisher gefolgt waren. »Ich habe nie versprochen, dass unser Weg leicht wird. Wir werden alle unsere Kraft und unseren Mut dafür brauchen.«
    Er blickte kurz um sich. »Noch ist Zeit zum Umkehren. Für Verzagte und Ängstliche ist kein Platz unter uns.«
    Niemand antwortete. Einige tauschten Blicke untereinander aus, die meisten schauten

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