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Das Geheimnis der Hebamme

Titel: Das Geheimnis der Hebamme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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starr zu Boden.
    »Was ist geschehen?«, fragte Marthe leise Bertha.
    Die berichtete in knappen Worten, während ihr Tränen in den Augen standen.
    »Verstehst du? Er sollte mein Ungeborenes segnen … und nun hat er es verflucht. Uns alle verflucht!«
    »Wirst du umkehren?«
    Bertha legte nach kurzem Zögern erneut die Hände schützend über den Bauch. »Es soll auf unserem eigenen Hof aufwachsen.«
    Der Ritter ließ seine Blicke über die Runde wandern. »Will jemand gleich gehen?«
    »Was gibt es da zu überlegen.«
    Alle drehten sich verwundert zur hinteren Reihe um, von wo aus die alte Grete mit lauter Stimme gesprochen hatte. Verächtlich sah sich die Witwe unter den Siedlern um, die Arme in die Hüften gestemmt.
    »Wollt ihr als Knechte unter Wulfharts Peitsche leben, zurück auf die kargen, ausgelaugten Äcker? Seiner Willkür und seinen verderbten Soldaten ausgeliefert? Ihr habt mehr Mut gezeigt als je zuvor im Leben und seid aufgebrochen. Ohne Wagnis kein besseres Leben. Also folgt diesem Fremden und baut euch in einer neuen Heimat ein neues Leben auf.«
    Lange herrschte Schweigen.
    Christian beendete die Stille. »Jeder soll sich bis zur Dämmerung besinnen, ob er weiter mit uns zieht oder umkehrt. Danach will ich kein Klagen und Verzagen hören.«
    Abrupt gab er das Zeichen für den Aufbruch, stieg auf sein Pferd und ritt voran.
    Wortlos setzte sich die Kolonne in Marsch.
    Marthe spürte deutlich, dass sich das Entsetzen wie eine dunkle Wolke über den Zug gelegt hatte. Die lärmende Geschäftigkeit war verbissener Stille gewichen. Nur da und dort vermengten sich mit verhaltenen Stimmen geführte Gespräche zu einem dumpfen Gemurmel.
    Plötzlich stockte die Wagenreihe. Aufgeregte Rufe erklangen von vorne.
    »Marthe, Marthe, komm schnell! Wilhelma braucht dich!«
    Das Mädchen rannte zum vorderen Ochsengespann, auf dem die Kranke lag. Wilhelma hatte sich aufgestützt und hustete Blut. Große dunkle Flecken waren auf ihrem Umhang zu sehen. Wiprecht stand starr und hilflos neben dem Wagen. Johanna blickte entsetzt auf den Umhang ihrer Mutter, die kleine Marie fing an zu weinen.
    Marthe kletterte auf den Karren, stützte Wilhelma und nahm ihre Hand. Sie rief nach einem Fell, um die Sterbende warm zu halten, und strich ihr das schweißnasse Haar aus der Stirn.
    Ich kann ihr nicht mehr helfen, dachte Marthe verzweifelt. Das zweite Mal in nur zwei Tagen, dass ich machtlos bin.
    »Mach dir keine Vorwürfe«, sagte Wilhelma leise zu Marthe.
    »Ich habe gewusst, dass ich nicht am Ziel ankommen werde. Ich habe vor dem Aufbruch gebeichtet und hoffe, dass der Allmächtige im Himmel mich gnädig aufnimmt.«
    Wilhelma umklammerte Marthes Hand. »Wirst du dich um meine Mädchen kümmern? Bitte!«
    Marthe nickte stumm.
    Ein neuer Blutschwall drang aus Wilhelmas Mund.
    Als sie wieder etwas Luft holen konnte, verlangte sie mit kaum hörbarer Stimme nach Wiprecht, der fassungslos herantrat.
    »Versprich mir, dass du nicht umkehrst. Zieh weiter mit den anderen. Schwöre es!«
    Wiprecht blickte auf und nickte dann zögernd. »Ich schwöre.«
    Marthe legte Wilhelmas Hand in die ihres Mannes und zog sich zurück. »Nimm Abschied von ihr.«
     
    »Wir schlagen hier das Nachtlager auf«, wies Christian die Männer an. Weit wären sie an diesem Tag ohnehin nicht mehr gekommen.
    Die erste Tote, dachte er bestürzt. Wie viele wird es noch geben? Dabei ist es meine Pflicht, diese Menschen zu schützen. Jonas trat heran. »Sollen wir sie hier begraben, Herr?«
    Christian blickte kurz um sich. »Nein, wir kommen übermorgen in ein Dorf mit einer Kirche. Dort kann sie in geweihter Erde zur Ruhe gebettet werden.«
    Der junge Schmied wirkte erleichtert.
    »Was meinst du?«, fragte Christian mit gesenkter Stimme.
    »Glauben die anderen, ihr Tod sei schon die erste Erfüllung des Fluchs?«
    Jonas überlegte sorgfältig, bevor er antwortete. »Mancher vielleicht, auch wenn es keiner sagt. Aber jeder hat gesehen, sie war schon auf den Tod krank, als wir aufbrachen. Sie wäre auch im Dorf gestorben, Herr.«
    Christian nickte versonnen und ging zu den Pferden.
     
    Während die anderen Frauen sich in gedämpfter Stimmung daranmachten, Steckrüben in einen Kessel zu schneiden, wuschen die alte Grete und Marthe Wilhelmas Leichnam und nähten ihn in ein Tuch.
    »Warum hat sie nur diese Anstrengung auf sich genommen?« Marthe sprach das aus, was sie schon den ganzen Tag bedrückte.
    »Jeder von uns hatte schwer wiegende Gründe«, erwiderteGrete.

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