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Das Geheimnis der Hebamme

Titel: Das Geheimnis der Hebamme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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Männern zu.
    Er wusste, wenn die drei Angreifer die Sache gründlicher betriebenhätten, wäre mit Sicherheit Blut geflossen, denn die Siedler waren nicht im Kampf erprobt. Aber er hatte richtig vermutet, dass die Fremden nur eine Rauferei gesucht hatten, bei der sie ohne Mühe und ohne ernsthaften Widerstand Beute machen konnten. Womöglich würden sie auch Ärger mit ihrem Dienstherrn bekommen, wenn sie ohne dessen Einverständnis Reisende überfielen und ausplünderten.
    Christians beeindruckender Sieg im Zweikampf hatte dem Ritter die uneingeschränkte Bewunderung der Siedler eingetragen. Nun äußerte auch keiner der Männer und Burschen mehr Zweifel an der Notwendigkeit von Waffenübungen.
    Auch wenn sich jeder der Reisenden bleiern schwer und am Ende seiner Kräfte fühlte, wenn sie bei einbrechender Dämmerung ihr Lager eingerichtet hatten, nahmen die Männer und Burschen von nun an jeden Abend bereitwillig Aufstellung und ließen sich zeigen, wie man Stöße pariert und wirksam austeilt.
    Christians Zweikampf mit dem Stiernackigen hatte besonders die Phantasie der halbwüchsigen Jungen angeregt, die deshalb Lukas in den Ohren lagen, mit ihnen zu üben. Das kann nicht schaden, dachte er und holte die Erlaubnis seines Dienstherrn ein. So droschen die Jüngeren, deren Wortführer Kuno und Bertram waren, mit Holzstöcken aufeinander ein, dass es nur so krachte.
    Lukas hatte zu tun, ihre wilde Begeisterung in die richtigen Bahnen zu lenken, und sparte nicht mit Ermahnungen. »Pass auf! Bei einem echten Kampf wärst du jetzt tot.«
    Kuno stöhnte, warf den Knüppel beiseite und lupfte seinen Kittel, um zu sehen, welche Größe die blauen Flecken mittlerweile angenommen hatten. Dann grinste er, griff erneut zum Stock und trieb Bertram in die Enge.
    Bald kamen sie, wie von Christian vorausgesagt, durch ein Dorf mit einer eigenen Kirche. Der Pfarrer, ein noch junger Mann, erklärte sich bereit, Wilhelma in geweihter Erde zu bestatten. »Nehmt Abschied von eurer lieben Mutter. Sie schaut jetzt vom Himmel auf euch herab«, sagte er zu Johanna und Marie. Doch als Jonas und Guntram begannen, Erde auf die Tote zu schaufeln, schluchzten die Mädchen auf und klammerten sich an Marthe.
    Der Pfarrer ließ an die Siedler Bier und einen großen Kessel voll süßer Grütze austeilen und erlaubte ihnen, in der Kirche zu übernachten.
    »Auf der Burg werdet ihr in solch großer Zahl heute kaum noch unterkommen«, meinte er und wies auf die Festung knapp eine Meile von der Kirche entfernt. »Dort versammeln sich seit Tagen die Ritter der ganzen Umgebung zu einem Turnier. Allerlei fahrendes Volk hat sich auch eingefunden.«
    Müde von den nächtlichen Gebeten für Wilhelmas Seelenheil, brachen die Siedler am nächsten Morgen wieder auf.
     
    Die Straße wurde breiter, und sie kamen gut voran. Doch sie waren noch gar nicht weit vom Dorf entfernt, als ein schwerer Karren mit einem bunt bemalten kastenförmigen Aufbau den Weg versperrte.
    »Ein Haus auf Rädern«, quietschte Marie.
    Der sonderbare Karren war vom Weg abgekommen und steckte mit gefährlich anmutender Neigung fest. Zwei Männer, der Kleidung nach unzweifelhaft Gaukler, bemühten sich nach Leibeskräften, den Wagen wieder in eine aufrechte Lage zu bugsieren.
    Christian ließ seinen Zug halten und ein paar der Siedler mit anpacken, um das Gefährt wieder aufzurichten.
    »Seid bedankt, o edler Herr, und ihr gleichfalls, wackere Leute!«
    Mit übertrieber Ehrerbietung verbeugte sich einer der Gaukler vor Christian.
    »Ich bin Ludmillus, der gefragteste Spielmann weit und breit. Niemand hier trägt so gekonnt wie ich die schönsten Heldenlieder vor«, prahlte er mit wohlklingender Stimme, sprang auf einen Stein und breitete die Arme aus. »Große Herren haben mich, begeistert von meiner Kunst, mit ihrer Kleidung belohnt, bis sie zum Schluss nackt in der eigenen Halle standen. Die Frauen waren zu Tränen gerührt, die Männer zu Heldentaten bereit, nachdem sie mich gehört haben.«
    »Zu Heldentaten? Wohl im Bett?«, rief Grete. Die Frauen prusteten los.
    »Wo immer Ihr wünscht, meine Schönste«, gab der Barde zurück und verbeugte sich vor der winzigen Alten.
    »Nimm dir nicht zu viel vor, du Hänfling«, konterte die Witwe und stemmte die Arme in die Hüften.
    Tatsächlich war Ludmillus von schmaler Statur. Trotz seiner Jugend war der Haaransatz schon ziemlich weit nach hinten gerutscht, aber sein breiter, sinnlicher Mund, die leuchtend blauen Augen und vor allem seine

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