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Das Geheimnis der Hebamme

Titel: Das Geheimnis der Hebamme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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hinter den Bäumen. Es dauerte nicht lange, bis er eine verstohlene Bewegung bemerkte.
    »Dort«, flüsterte er Lukas und Jonas zu. »Und da drüben noch einer. Ich den rechts, ihr den anderen.«
    Auf sein Zeichen stürmten sie los und warfen zwei Wegelagerer zu Boden, die sich mit Messern und Keulen auf sie stürzen wollten. Im nächsten Augenblick lösten sich aus dem Wald etwa zwanzig zerlumpte Gestalten und rannten brüllend mit gezückten Waffen auf das Lager zu.
    Die Frauen schrien auf, die Kinder kreischten, einige verkrochen sich unter den Wagen.
    Doch schon hatten die Männer Spieße und Äxte bei der Hand und kämpften. Jonas schwang seinen schweren Schmiedehammer. Selbst einige der Frauen hatten nach Stangen gegriffen und stachen auf die Angreifer ein, die zu den Karren gestürmtkamen, um sich blitzschnell einen Hühnerkäfig oder einen Sack zu greifen und wieder zu verschwinden.
    Christian wurde von zwei Seiten attackiert und sah gerade noch aus den Augenwinkeln, dass sich Kuno und Bertram ebenfalls in den Kampf stürzen wollten. Er streckte seine Gegner nieder und riss Kuno zurück.
    »Ihr bleibt hier! Das ist kein Spiel!«, schrie er die Jungen an und rannte hinüber zu Hildebrand, der von einem Angreifer mit einer Axt bedrängt wurde und in Todesangst brüllte.
     
    Marthe stand wie gelähmt in dem Tumult aus Entsetzen, Angst, Schreien und Blut. Die schreckliche Szenerie um sie herum überlagerte sich schlagartig mit einer anderen, mit dem Tag, an dem Gesetzlose ihre Eltern erschlagen hatten. All die Jahre hatte sie geglaubt, sich daran nicht mehr erinnern zu können. Doch jetzt wusste sie: Sie hatte alles mit angesehen. Blitzschnell zogen die Bilder an ihr vorbei. Als die Horde kam, hatte ihre Mutter sie hastig in ein Gebüsch geschoben und ihr eingeschärft, sich auf keinen Fall von dort wegzubewegen. Vom Versteck aus musste sie zusehen, wie ihr Vater vergeblich die Mutter zu schützen versuchte. Zwei der Verfemten stürzten sich auf ihn und streckten ihn mit der Axt nieder. Ein anderer stach mit einem fürchterlich langen Messer immer wieder auf ihre Mutter ein, deren Schreie längst verstummt waren.
    Ein durchdringender Ruf riss Marthe aus ihrer Betäubung.
    Sie sah einen keulenschwingenden Wegelagerer auf sich zurennen, dessen Gesicht durch ein ausgebranntes Auge verstümmelt war. Entsetzt hob sie den Arm, um den Schlag abzuwehren. Doch der kam nicht. Christian hatte im letzten Augenblick den Angreifer mit einem wuchtigen Schwerthieb niedergestreckt.
    Das brachte Marthe wieder vollends zu sich. Schnell schob sie Marie, die wimmernd in ihrer Nähe stand, unter einen Wagen und hielt besorgt nach Johanna Ausschau. Sie entdeckte die Kleine in einem Versteck unter einem anderen Karren, wo sie zusammengerollt lag und mit weit aufgerissenen Augen vor sich hin starrte. Dann griff Marthe nach einem Knüppel, um sich zu wehren.
     
    Nach kurzem, blutigen Kampf waren die Wegelagerer in die Flucht geschlagen.
    Einige der jungen Burschen wollten ihnen nachsetzen, doch Christian rief sie zurück. »Es ist genug Blut geflossen.«
    Er reinigte sein Schwert, ehe er es wieder in die Scheide steckte, und begutachtete die Folgen des Kampfes.
    Sieben der Angreifer hatten den Tod gefunden. Doch auch die Siedler hatten Verluste erlitten.
    Stumm vor Entsetzen hockten Kaspar und seine schmächtige Frau Hiltrud neben dem Leichnam ihres Sohnes Paul – jenes Jungen, der beim Streit zwischen Kaspar und Grete das Essen mit seiner Mutter hatte teilen wollen. Ein Axthieb hatte seinen Kopf gespalten.
    Rechts von ihr schrie Grete auf, als sie Kuno reglos am Boden liegen sah – ihr Ziehsohn, wie Marthe inzwischen wusste. Die Witwe stürzte auf den Jungen zu, der offensichtlich Christians Warnung nicht befolgt hatte.
    Marthe löste sich aus der Erstarrung. Für Paul konnte sie nichts mehr tun, vielleicht aber für Kuno. Sie hockte sich neben ihn, fühlte nach dem Herzschlag des Rotschopfs und tastete seinen Kopf ab. »Er lebt«, beruhigte sie Grete und bettete den Jungen vorsichtig so, dass er auf der Seite zu liegen kam.
    »Bewege ihn nicht. Wenn er beim Aufwachen alles herausbringt, was er im Magen hat, ist das ein gutes Zeichen.«
    Sie stand auf, um nach weiteren Verwundeten zu sehen und Schafgarbe aus ihren Vorräten zu holen. Die Blätter gab sie den Frauen in ihrer Nähe. »Kocht das auf! Und holt noch mehr Wasser und sucht ein paar saubere Tücher.«
    Emma hatte bereits ein Stück Leinen in Streifen gerissen.
    Griseldis

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