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Das Geheimnis der Hebamme

Titel: Das Geheimnis der Hebamme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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steuerten einen Aal bei.
    »Sicher gestohlen«, lästerte Grete.
    Hilarius lachte. »Sagen wir lieber: Wir hatten Bewunderer in der Küche …«
    Marthe fiel auf, dass der Sänger eine Schüssel voll zum Wagen trug. Ob noch jemand zu ihnen gehört?, überlegte sie. Aber warum zeigt er sich dann nicht?
    Der Spielmann bat schließlich die erwartungsfrohen Zuhörer, es sich in einem Halbkreis bequem zu machen.
    Aus dem Wagen hatte er etwas mitgebracht, das Marthe schon einmal gesehen hatte.
    »Eine Laute. Damit macht er Musik, ihr werdet es gleich erleben«, erklärte sie leise Johanna und Marie und freute sich. Das versprach etwas Großartiges zu werden!
     
    Hilarius zog derweil eine Flöte aus dem Gürtel.
    »Er ist der Dichter, ich der Sänger. Er reimt die wunderbarsten Verse, wie ihr gleich merken werdet, aber singen kann er nicht. Deshalb habe ich ihm mit einer Flöte das Maul versiegelt«, spöttelte Ludmillus und gab seinem Begleiter ein Zeichen.
    Sie begannen mit dem neuen Lied auf den Burgherrn und seine Frau. Ludmillus imitierte mit seiner Stimme und witzigenGrimassen den schlechten Gastgeber, dessen Gemahlin und den Kaplan, bis sich die Zuhörer die Bäuche hielten und die Tränen aus den Augen wischten. Auch Marthe taten bald die Seiten weh. So unbeschwert gelacht hatte sie seit langem nicht mehr.
    »Hört jetzt die Geschichte von einem Ritter, der einen großen Schatz findet, aber seine Liebste verliert«, kündigte der Sänger an und begann eine leise, melancholische Tonfolge auf der Laute zu spielen.
    Diesmal war jeder Spott aus Ludmillus’ wohlklingender Stimme verschwunden.
    Fasziniert verfolgte Marthe, wie der Sänger völlig in seinem Spiel aufging, seine Stimme mal laut jubeln und dann wieder leise wehklagen ließ. So etwas hatte sie noch nicht erlebt. Wie gebannt wanderte ihr Blick immer wieder zu Christian. Obwohl dessen Gesicht keine Regung zeigte, spürte sie doch, dass auch ihn die Geschichte im Innersten berührte. Hatte er eine Frau verloren, die ihm viel bedeutet hatte? Eine Schwester oder eine Geliebte?
    Ergriffene Stille herrschte, als der Spielmann geendet hatte.
    Die Frauen seufzten, manche wischten sich Tränen aus den Augen.
    »Ihr seid ein großer Künstler, Ludmillus«, sagte Christian schließlich, wobei er dem Sänger mit der höflichen Anrede seinen Respekt erwies. Das ist tatsächlich Ludmillus, dachte er dabei tief bewegt. Und er ist so gut, wie die Gerüchte besagen.
    »Euer Spiel wird uns lange in Erinnerung bleiben.«
    Der so Gelobte verbeugte sich schwungvoll. »Empfehlt mich weiter an Euren Herrn, edler Ritter!«
    »Auf dem Meißner Burgberg ist Euer Name bekannt. Markgraf Otto ist ein kunstsinniger Mann und seine Gemahlin einewirklich schöne Frau. Wenn Ihr dorthin reist, werdet Ihr mit Sicherheit herzlich empfangen und reich belohnt.«
    »Meißen, sagt Ihr? Es ist ein weiter und gefährlicher Weg bis dahin«, meinte der Sänger und runzelte die Stirn. »Aber die Welt ist groß. Gott allein weiß, wohin uns der Weg noch führt.«
    Dann blickte er wieder auf sein Publikum. »Ihr da – ich wollte euch nicht in Trauerweiden verwandeln! Scheint, wir müssen noch eins drauflegen.«
    Er gab Hilarius ein Zeichen, und die beiden begannen, die alte Mär vom armen Bauern Einochs aufzuführen, dem der Dorfschulze, der Meier und der Pfaffe übel mitspielen, bis er sich schließlich an ihnen rächt, indem er sich ihre Habgier zunutze macht.
    Während die Zuschauer applaudierten, ging Ludmillus auf Marthe zu und griff nach ihrer Hand. »Meine Sonne! Mein Herz ist gebrochen bei deinem Anblick. Wie willst du es heilen? Mit einem Kuss?«
    Die anderen lachten wieder. Nur Lukas ballte die Fäuste. Wenn dieser Strolch es wirklich wagt, sie zu küssen, dann schlag ich ihn zu Boden, dachte er grimmig und wartete unruhig auf Marthes Reaktion.
    Doch die antwortete schlagfertig: »Dein Herz scheint mir ganz in Ordnung. Das verraten mir die Farbe deines Gesichts und die Form deiner Nägel.«
    »Und was verrät dir die Farbe meiner Nägel?«
    »Dass du die Hände gelegentlich waschen solltest«, gab Marthe keck zurück.
    Alle lachten, auch Ludmillus. »Hab Dank für deinen Rat, meine Sonne! Du bist nicht nur schön, sondern auch klug.« Mit übertriebener Ehrerbietung sank er vor Marthe auf die Knie und küsste ihr mit einem lauten Schmatzen die Hand.
    Marthe war kurz davor, einzuschlafen, durch ihren Kopf schwirrten noch die Melodien der Spielleute, als sie neben sich ein leises, lockendes Rufen

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