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Das Geheimnis der Hebamme

Titel: Das Geheimnis der Hebamme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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stand wehklagend neben Hildebrand, der aus einer klaffenden Wunde am rechten Oberarm blutete. »Der Kittel ist hin. Und wie soll er mit dem Arm je wieder den Pflug führen?«, jammerte sie.
    Marthe schob Hildebrands Ärmel vorsichtig hoch, drückte die glatten Wundränder zusammen und legte einige noch warme Schafgarbenblätter darauf.
    »Sein Arm wird heilen«, beruhigte sie Griseldis, während sie dem Verletzten eine straffe Binde anlegte. Hildebrand saß kreidebleich am Boden und ließ alles teilnahmslos mit sich geschehen. Marthe holte einen Becher Wasser, zählte sorgfältig einige Tropfen Tollkirschensaft hinein und gab ihn Hildebrand. »Trink, das betäubt den Schmerz, wenn ich die Wunde nachher nähe. Ich warte, bis die Tropfen wirken.«
    Während sich Griseldis gleichzeitig vor Angst und Erleichterung die Augen wischte, verschaffte Marthe sich einen Überblick über die anderen Verletzungen. Tatkräftig unterstützt von den anderen Frauen, begann sie Wunden auszuwaschen und zu verbinden, bis Marie kam und sie am Ärmel zupfte. Die Kleine sah bestürzt aus und zog sie zu Karl, dessen Unterschenkel einen Knick aufwies.
    Vorsichtig tastete Marthe die Lage des gebrochenen Knochens ab.
    »Warum hast du mich nicht eher gerufen?«, fragte sie vorwurfsvoll, doch Karl sah sie nur kläglich an.
    Marthe gab auch ihm einige Tropfen Tollkirschensaft. In diesem Fall konnte sie mit der Behandlung nicht warten, aber wenigstenswürde das Mittel den schlimmsten Schmerz danach mildern.
    Sie rief zwei der unverletzten Männer heran. »Haltet ihn fest, hier, greift unter seiner Schulter durch. Ich muss den Knochen richten.«
    Karl stöhnte auf. Sie steckte ihm ein Stück Holz zwischen die Zähne.
    »Beiß drauf!«
    Der Junge starrte sie schreckensbleich an. Marthe wartete einen Moment, dann drehte sie sich mit dem Rücken zu ihm. Sie prüfte noch einmal, ob sie im richtigen Winkel stand, und sprach ein kurzes Gebet. Dann stemmte sie sich fest in den Boden, griff nach Karls Bein und zog mit aller Kraft den Knochen wieder in seine ursprüngliche Lage.
    Das war eigentlich Arbeit für einen Baderchirurgen. Aber in einem so abgelegenen Dorf wie ihrem einstigen Heimatort konnten die Menschen nicht wählerisch sein. Zu selten kamen Wanderchirurgen in jene Gegend. Die Dörfler hatten sich in Notfällen immer an die alte Fine gewandt, von der sie wussten, dass sie ihr Handwerk verstand.
    Während ihre Arme noch von der Anstrengung zitterten, nahm Marthe Karl das Holzstück aus dem Mund und lächelte ihm aufmunternd zu. »Es ist gut. Jetzt kannst du dich den ganzen Tag auf dem Karren durch die Gegend fahren lassen.«
    Der Junge lächelte matt zurück. »Du hast so eine Art, einem das Schicksal zu versüßen.«
    Marthe legte ihre Hände eine Weile auf die verletzte Stelle, um das gemarterte Fleisch zu beruhigen.
    Karls Pupillen waren inzwischen von dem Betäubungssaft groß und dunkel geworden und hatten einen auffallenden Glanz bekommen.
    »Lass deine Hände dort – und alle werden mich beneiden!« Erschien seinen zunehmend starren Blick nicht von ihr lassen zu können. Sollte doch Martin kommen und ihn verprügeln. Und wenn schon.
    Haben diese Burschen allesamt nichts anderes im Sinn?, dachte Marthe verärgert. Sie schickte einen Jungen los, zwei gerade Äste zu suchen, und schiente damit Karls Bein.
    »Er wird wieder gesund«, sagte sie zu Marie, die weinend neben ihrem Bruder stand, während Johanna das Ganze fasziniert beobachtete.
     
    Nachdem Marthe Hildebrands Wunde mit feinen Stichen genäht und wieder verbunden hatte, ging sie zum Bach, um sich die Hände abzuspülen und die Stirn zu kühlen. Die Angst, das Geschrei und das Wehklagen der Menschen um sie herum verursachten ihr Kopfschmerz.
    Erschöpft kniete sie am Ufer nieder. Doch sie hatte kaum die Hände ins kühle Wasser sinken lassen, als Lukas neben sie trat. Der Knappe wirkte niedergeschlagen. »Bitte, komm und sieh, ob du helfen kannst. Drago ist verwundet.«
    Christians kostbarer Grauschimmel! Doch wie sollte sie ein Tier behandeln, das niemanden an sich herankommen ließ?
    Der Ritter, der sich gleich nach dem Ende des Kampfes davon überzeugt hatte, dass die Verwundeten versorgt wurden, stand neben dem Hengst, streichelte ihn und sprach auf ihn ein.
    Zu seinen Füßen lag einer der Gesetzlosen. Ein Huftritt hatte sein Gesicht zu einer blutigen Masse zerstampft. Er hatte das Pferd stehlen wollen, doch das war auf den Angreifer losgegangen. Im Sturz oder schon am Boden

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