Das Geheimnis der Highlands
vermißt. Du bist schon zu lange weg von meiner … Seite … viel zu lange. Da dachte ich mir, wenn ich dich will, müßte ich mich wohl selbst herbemühen. Also«, schloß sie mit klimpernden Wimpern und einem dreisten Komm-her-Blick, »hier bin ich.«
Zu spät erkannte Hawk, welch törichte Frage er gestellt hatte, als Adrienne Olivia mit eiskaltem Blick fixierte. Hawk wußte aus Erfahrung, daß Olivia jede Frage – und sei sie auch noch so harmlos – mit mehrdeutigen Anzüglichkeiten beantworten konnte, aber von dem Augenblick an, als er nach Dalkeith zurückgekehrt war, hatte er diese unangenehme Erinnerung an ihre Possen aus seinem Gedächtnis verbannt. Nun kam ihm der Gedanke, daß er gut daran täte, jene Erinnerungen schnell wieder auszugraben. Es wäre unklug, Olivias Hang, Unruhe zu stiften, zu vergessen; die Natter war nun in seinem Nest. Olivia hielt hörbar den Atem an, als sie Adrienne sah.
»Willkommen, Olivia, seid Ihr gekommen, um mit meinem Gemahl zu reden?«
Für einen Augenblick befreit von Adriennes wütenden Blicken, warf der Hawk sich in die Brust. Gemahl, hatte sie gesagt. Vielleicht gab es doch noch Hoffnung.
»Wir haben in der Vergangenheit oft die gleiche Sprache gesprochen«, sagte Olivia affektiert. »Eine Art wortloserKommunikation, wenn Ihr versteht, was ich meine. Genau die Art von Gesprächen, die der Hawk am meisten schätzt.«
»Dann steckt sie in das Pfauenzimmer«, fauchte Adrienne über die Schulter, als sie Lydia aus dem Raum zog und die Tür hinter sich zuschlug.
Kapitel 15
»Der König mag dich aus seinen Diensten entlassen haben, aber ich werde nicht im Traum daran denken, dich aus den meinen zu entlassen. Du hast mich in der Vergangenheit so gut bedient, daß ich ziemlich verwöhnt bin.« Olivia schlängelte sich auf der niedrigen, steinernen Bank im Schloßhof näher und schmiegte ihre ausgeprägte Hüfte an Hawks muskulösen Oberschenkel.
Lydia war allein zum Haus zurückgekehrt, etwa eine knappe Viertelstunde, nachdem sie mit Adrienne gegangen war, und hatte ihrem Sohn ein selbstgefälliges Lächeln zugeworfen, wie er da so zurückgelehnt mit der schrecklichen Olivia am großen Tisch saß. Den Kaffee vergessend, hatte der Hawk Olivia umgehend in den Garten manövriert, um zu sehen, was seine Frau im Schilde führte. Wenn seine Mutter ihn so ansah … nun ja, die Frau hatte einen Verstand wie ein gut geöltes Katapult, tödlich in der Attacke.
Und so war er mit atemberaubender Geschwindigkeit mit Olivia durch die ausgedehnten Gärten geschlendert und hielt nach den Wachen Ausschau, die seiner Frau zugeteilt waren. Nichts. Immer und immer wieder waren seine Augen gen Norden gezuckt, zu dem flackernden Feuerschein am Rande der Ebereschen.
»Darf ich annehmen, daß wir uns heute abend miteinandervergnügen werden, wie wir es gewohnt waren, Hawk?« Olivias warmer Atem fächerte über seine Wange.
Hawk seufzte unhörbar. »Olivia, ich bin, mittlerweile, ein verheirateter Mann.«
Olivias Lachen klang ein kleines bißchen zu heiter, was den Hawk daran erinnerte, daß diese Frau sich daran ergötzte, anderen Frauen die Männer wegzunehmen. Je schwieriger der Mann zu bekommen war, um so glücklicher war Olivia. Hawk war ihr ganz spezielles Spielchen wohl bekannt; sie genoß es, anderen Frauen weh zu tun, ihre Träume platzen zu lassen, ihre Herzen zu brechen. Hawk vermutete, daß es sich dabei um eine Art Rache handelte; daß irgendwann einmal eine Frau ihr den Mann weggeschnappt hatte und sie nie darüber hinweggekommen war – und sich statt dessen zu einer verbitterten, zerstörerischen Frau entwickelt hatte. Als er dies schließlich begriffen hatte, hatte er fast Mitleid für sie empfunden. Fast.
»Sie ist die verrückte Janet, Hawk«, sagte Olivia trokken.
»Ihr Name ist –« Er verstummte abrupt. Er durfte Olivia keine Munition geben. Er atmete tief durch und begann den Satz erneut. »Ihr zweiter Vorname ist Adrienne, es ist der, den sie bevorzugt.« Kühl fügte er hinzu: »Du kannst sie mit Lady Douglas anreden.«
Olivias Stirn hob sich spöttisch: »Ich werde sie ganz sicher nicht Lady Irgendwas nennen. Das ganze Land weiß, daß sie verrückt ist wie ein tollwütiger Hund. Allerdings hatte ich noch nicht gehört, daß ihr Anblick ganz erträglich ist.«
Hawk schnaubte. »Erträglich? Meine Frau ist unter allen Gesichtspunkten exquisit.«
Olivia lachte unsicher, dann nahm ihre Stimme einen sarkastischen Ton an. »Ja und? Tra-la-la! Könnte es
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