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Das Geheimnis der Jadefigur (German Edition)

Das Geheimnis der Jadefigur (German Edition)

Titel: Das Geheimnis der Jadefigur (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christel Mouchard
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ertönte der Ruf noch einmal, näher, als käme er aus der Tiefe der Erde. Die Königin Phuong erschauderte. Konnte es sein, dass ihre Dienerinnen recht hatten? Rief ihr Vorfahr Tu Dûc sie aus seinem Grab? Er verfluchte sie. Sie, die die Madonna aus Jade verkauft hatte, einen heiligen Gegenstand für eine Verrücktheit, die dem Scheitern geweiht war.
    »Maman!«
    Die Königin Phuong fuhr zusammen. Als sie sich umdrehte, sah sie Duy Tân in seinem schwarzen Pyjama barfuß die Treppen heraufkommen, seine Stoffkatze hielt er noch im Arm.
    »Ich habe Euch gesucht«, sagte er vorwurfsvoll.
    »Was macht Ihr hier? In diesem Aufzug!«
    »Ich habe Euch gesucht«, wiederholte er. »Ihr wart nicht mehr im Pavillon.«
    »Ich … ich bin ein wenig spazieren gegangen«, log die Königin nicht sehr überzeugend.
    »Das ist nicht wahr. Ihr habt Nina getroffen.«
    Die Königin riss die Augen auf.
    »Woher wisst Ihr das?«
    »Ich habe nicht geschlafen. Ich habe alles gehört.«
    »Ah!«
    In diesem Ausruf der Königin Phuong schwang Erleichterung mit. Sie wunderte sich darüber. Dann wurde ihr bewusst, dass sie sich tatsächlich erleichtert fühlte, dass Duy Tân die Wahrheit, ihre Sorgen und Ängste kannte. In dem Blick dieses Kindes lag eine solche Ernsthaftigkeit. Er war erst zwölf Jahre alt, und dennoch hatte die Königin in diesem Augenblick das Gefühl, dass sie mit ihm wie mit einem Mann reden konnte.
    »Ich habe Euch gesucht, um Euch zu sagen, dass ich keine Angst habe«, sagte Duy Tân mit der Entschiedenheit eines alten, erfahrenen Mannes. »Ich werde keine Marionette werden. Und noch etwas: Der Walzer, die Handküsse, die Fabeln von Lafontaine – all das ist mir verhasst und langweilt mich!«
    Die Königin lachte laut auf. In einem Anflug von Zärtlichkeit ergriff sie die Hand ihres Sohnes und drückte ihn an sich.
    »Nicht alles von dem, was Eure französischen Lehrer Euch beibringen, ist dumm, mein liebes Kind.«
    »Dann werde ich selber eine Auswahl treffen.«
    Die Königin Phuong warf ihm einen Seitenblick zu. Sie hatte dem nichts hinzuzufügen. Sie glaubte ihm, diesem eigenwilligen Jungen: Er war vollkommen in der Lage, ›eine Auswahl zu treffen‹. Man musste ihm vertrauen.
    »Und wenn ich groß bin«, sagte er, als würde er die Gedanken seiner Mutter zu Ende führen, »werde ich selber den Aufstand organisieren. Ich werde selber die Franzosen vertreiben.«
    Auch damit hatte Duy Tân recht. Es war an ihm, die Entscheidung zu treffen, wenn er im entsprechenden Alter wäre. Warum sollte man ihn bis dahin nicht seine schönen Kindheitsjahre genießen lassen? Mutter und Sohn tauschten ein verschwörerisches Lächeln miteinander.
    Sie wollten gerade die Treppe hinuntergehen, als der junge Kaiser mit erhobenem Finger stehenblieb.
    »Da! Ich habe ihn gesehen, den weiß gekleideten Mann. Nina hatte also recht.«
    »Nun«, schmunzelte die Königin. »Ich sehe, dass Euch scheinbar kein Detail unserer Unterredung entgangen ist.«
    Ohne jede Spur von Verlegenheit zeigte er in Richtung des hinteren Teils des Vorplatzes.
    »Dorthin ist er gelaufen, der Hanswurst von Nina.«
    Es war kaum der Moment, ihn darauf hinzuweisen, dass er eine merkwürdige Art und Weise hatte, »eine Auswahl« zu treffen. Die Königin Phuong schaute in die Richtung, die er anzeigte.
    Zunächst sah sie nichts, nur die Fassaden der Tempel und die von den ersten Schimmern des Sonnenuntergangs gestreichelten Drachen. Dann tauchte in der Ferne ein heller Fleck an der Ecke eines Tempels auf. Ja, da war jemand, aber es war sicher nicht der »Hanswurst«, von dem Nina gesprochen hatte. Er trug keinen weißen Anzug, und tatsächlich erkannte die Königin diesen Mann. Sie hatte ihn nur kurz gesehen, ehe er hinter einer Mauer verschwunden war; seine Körperfülle ließ jedoch keinen Zweifel daran zu, dass es sich nicht um Teng Wenji handelte.
    »Habt Ihr gesehen, Maman?«, flüsterte Duy Tân.
    »Ja«, antwortete die Königin und hielt die Hand ihres Sohnes fester.
    »Was tut er hier?«, fragte das Kind.
    »Sicher nichts Gutes«.
    Die Gedanken der Königin überschlugen sich in ihrem Kopf. Was wollte Professor Morton hier? Nina hatte gesagt, er sei auf der Suche nach der Madonna aus Jade. Sie hatte ihn beim Durchstöbern der Villa Henriette erwischt, jetzt trieb er sich hier herum, in der Grabstätte ihres Großvaters Tu Dûc.
    Der Professor war der Einzige, der beim Tod Paul d’Armands dabei gewesen war. Und Tu Dûcs Geist hatte erst seit dem Verschwinden der

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