Das Geheimnis der Jadefigur (German Edition)
Jadefigur begonnen, nach der Königin zu rufen. Zwischen all dem gab es eine Verbindung, dessen war sich die Königin sicher. Die Villa Henriette und die Grabstätte, der verschwundene Fotograf und der Geist ihres Großvaters – sie waren wie Puzzleteile, die man richtig zusammensetzen musste, sie waren Teile eines Rätsels, das gelöst werden wollte.
Sie wollte dem Mann folgen, doch eine kleine Hand hielt sie zurück. Duy Tân war durch ihre Nervosität neugierig geworden und schaute sie fragend an.
Es kam nicht infrage, dem Professor gemeinsam mit dem Kaiser zu folgen, sie wollte ihn keiner Gefahr aussetzen. Und so beließ sie es dabei, ihm in Gedanken eine Drohung zuzusenden.
»Glauben Sie nicht, dass Sie so einfach davonkommen, Professor Morton!«
Und um der Versuchung besser widerstehen zu können, umfasste sie ihren Sohn mit beiden Armen.
»Und nun kommt«, sagte sie und stieg die Treppe hinunter. »Wir müssen zurück in die Stadt, es ist schon spät. Außerdem sind Eure Füße ganz nass!«
Der Herr des Waldes
Der Elefant ging seinen Weg mit ruhigem und schwerem Schritt. Doch für Nina war es unmöglich, die Reise in Ruhe zu genießen. Sie konnte die Zahl, die die Königin Phuong gesagt hatte, nicht vergessen: zehntausend Piaster. Die Madonna aus Jade war für zehntausend Piaster verkauft worden.
Dennoch vertraute sie sich Tam erst an, als sie im Wald waren.
»Weißt du«, gab sie zu, »ich habe der Königin Phuong nicht alles gesagt.«
Tam brauchte einen Moment, ehe sie reagierte. Durch die sanften Bewegungen des Elefanten, abgelenkt von der Landschaft aus Lianen und Orchideen, war sie beinahe eingeschlafen. Sie schüttelte sich und blinzelte mit den Augen.
»Wie? Warum nicht? Misstraust du ihr?«
»Nein, das nicht. Aber … ich schäme mich.«
»Du schämst dich«, wiederholte Tam wie ein Echo.
Merkwürdigerweise klang sie nicht wirklich überrascht. Vielmehr schwang Verlegenheit mit, dieselbe Verlegenheit wie bei Nina, die sich dadurch ermutigt fühlte, eine Erkärung zu versuchen.
»Ich glaube, dass der Verkauf trotz allem, was geschehen ist, bereits stattgefunden hat. Das Geld für die Madonna aus Jade wurde bezahlt, zehntausend Piaster. Ich habe das Geld gefunden. Im Safe meines Vaters.«
Anstatt sich zu wundern, senkte Tam plötzlich den Kopf, sodass ihr kegelförmiger Hut das ganze Gesicht verbarg. Ihre Hände spielten nervös mit einem Zipfel ihres
áo dài
. Ihre Stimme kam fast unhörbar unter dem Hut hervor.
»Ich weiß …«
»Wie bitte?
Was
weißt du?«
Tam räusperte sich und nestelte weiter mit ihren feinen Fingern an dem Stoff herum.
»Ich habe den Safe geöffnet.«
»Was!«
Nina, die einen Augenblick vorher noch so verlegen gewesen war, erstickte jetzt fast vor Empörung.
»Erklärst du mir gerade, dass du in den Sachen meines Vaters herumgewühlt hast? Ich kann es nicht fassen!«
»Wir hatten kein Geld mehr, und meine Eltern hatten ihren letzten Lohn nicht bekommen. Dein Vater wollte es ihnen nach seiner Rückkehr geben. Ich hatte nicht das Gefühl, es sei verboten, das Geld zu suchen, das er uns schuldete. Und dann … na ja, ich hatte mein Lineal zerbrochen und brauchte ein neues. Aber ich hatte kein Geld.«
»Du bist für ein Lineal zur Geldschrankknackerin geworden? Ich fasse es nicht! Aber Moment mal! Wie hast du ihn öffnen können?« Tam hörte auf, mit dem Stoff zu spielen, und warf heimlich einen Blick unter ihrem Hut hervor.
»Das war nicht schwer, ich habe es mit dem Jahr deiner Geburt versucht«, antwortete sie nun sicherer, ehe sie sich wieder unter den Schutz ihres Strohdachs begab.
Nina war verblüfft und fragte sich, ob sie Tams Scharfsinn bewundern oder die Tat verurteilen sollte. Sie entschied sich, zuerst einmal Ruhe zu bewahren. Dennoch konnte sie sich eine sarkastische Bemerkung nicht verkneifen.
»Gut, meine Liebe, du bist trotz allem eine Scheinheilige! Ich verstehe jetzt, warum du Angst hattest, als ich dich fragte, wo mein Vater sein Geld aufbewahrte.«
»Aber ich habe nichts genommen«, verteidigte sich Tam und richtete sich auf. »Ich habe mich nicht getraut. Ich hätte niemals geglaubt, dass dein Vater eine solche Summe besäße. Also sagte ich mir, dass mit diesem Geld irgendetwas nicht stimmen könne. Deshalb habe ich nichts angerührt. Und dann habe ich mein altes Lineal geklebt.«
»Das kann man wohl sagen: dass da etwas nicht stimmte.«
»Und jetzt wissen wir, woher das Geld kommt: von dem Käufer, der es für die Madonna aus
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