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Das Geheimnis der Jadefigur (German Edition)

Das Geheimnis der Jadefigur (German Edition)

Titel: Das Geheimnis der Jadefigur (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christel Mouchard
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gesenktem Kopf zurück und verschwand ebenso schnell, wie sie erschienen war.
    »Was hat sie gehört?«, wagte Tam neugierig zu fragen.
    »Den Geist von Tu Dûc!«
    Die Königin lachte, doch man spürte, dass ihre Fröhlichkeit gespielt war.
    »Meine Dienerinnen behaupten, dass man den Geist meines Großvaters, des Kaisers Tu Dûc, hört. Sie meinen, sie hörten ihn nach mir rufen, sobald sie in die Nähe der großen Treppe kommen.«
    »Sie? Warum Sie?«
    »Das wüsste ich auch gern.«
    Die Königin Phuong hatte die Worte scherzhaft ausgesprochen, doch Tam und Nina hatten beide den Eindruck, dass die Königin Phuong wusste, warum der Geist von Tu Dûc sich meldete – und warum er gerade sie rief. Und sie waren sich sicher, dass sie alle drei an dasselbe dachten: an die Madonna aus Jade, die der Königin so sehr ähnelte.
    Da sie die Blicke der beiden Mädchen auf sich spürte, senkte die Königin plötzlich den Kopf. Und es gelang ihr nicht, die Rührung in ihrer Stimme zu unterdrücken.
    »Die Göttin Kwan Yin …«, begann sie, »ist die Göttin des Mitgefühls. Ich habe eine besondere Vorliebe für sie. Sie haben sie gestern gesehen, Nina, und Sie sehen sie auch hier auf dem Altar hinter diesem Wandteppich.«
    »Ja. Sie ähnelt Ihnen tatsächlich sehr.«
    »Sie ähnelt allen Müttern. Sie ist eine beschützende Göttin. In der kaiserlichen Schatzkammer gibt es – nein,
gab
es eine Darstellung der Göttin Kwan Yin. Eine Darstellung von außergewöhnlichem Wert.«
    »Eine Jadefigur«, kam Nina ihr zu Hilfe.
    Nina hatte ihre Entscheidung getroffen. Das Gespräch hatte einen Punkt erreicht, an dem man die Dinge klar und deutlich aussprechen musste. An dem dankbaren Lächeln der Königin Phuong erkannte sie, dass die Sache sehr ernst war.
    »Sie haben sie gesehen, nicht wahr?«
    Nina war betrübt, nicht mit Ja antworten zu können. Wie gern hätte sie diese besondere Frau, die sie so tief ins Vertrauen zog, beruhigen können.
    »Leider nein«, antwortete sie mit einem traurigen Kopfschütteln.
    »Ich habe nur das Foto gesehen, das mein Vater gemacht hat.«
    Vor Enttäuschung schwieg die Königin einen Augenblick lang, dann fragte sie verwundert: »Aber Sie haben gewusst, dass es sich um einen wertvollen Gegenstand handeln muss.«
    »Ich weiß, dass irgendetwas in der Villa Henriette wertvoll sein muss. Warum würden sich sonst alle so sehr für das Haus interessieren?«
    »Alle?«, rief die Königin Phuong verwundert aus.
    »Nun, zumindest drei Menschen: der Professor Morton, der unablässig das Haus durchstöbert; ein geheimnisvoller Einbrecher, der mitten in der Nacht kam …«
    »Der Einbrecher war ich.«
    »Sie?«
    Die beiden Mädchen rissen die Augen auf. Sie betrachteten die Königin und versuchten, sie sich als die vermummte Gestalt vorzustellen, die sie hatten fliehen sehen. Sie hatten angenommen, dass es sich um einen kleinen Mann handelte. Auf die Idee, dass es auch eine Frau hätte sein können, waren sie gar nicht gekommen.
    Die Königin Phuong begann noch einmal mit ihren Erklärungen. »Paul d’Armand war ein treuer Freund. Er verstand mich und erklärte sich damit einverstanden, sich um den Verkauf einiger Objekte zu kümmern. Er kannte jemanden, der die wertvollen Gegenstände, die ich ihm anvertraute, mit vollkommener Diskretion verkaufen konnte. Auf diese Weise hat er für mich Porzellan und Schmuck verkauft und schickte sich an, meine Göttin aus Jade zu verkaufen.«
    Wieder zögerte sie, verbarg ihr Gesicht in den Händen.
    »Ich weiß nicht, wo meine Göttin ist«, setzte sie mühsam fort.
    »Und ich habe kein Geld erhalten. Sie hat einen unermesslichen Wert, und die Mandarine wissen, dass sie mir gehört – mein Großvater hat sie mir kurz vor seinem Tod geschenkt.«
    Bei diesen Worten versagte ihr die Stimme und sie musste sich erheben, um ihre Erregung zu beruhigen.
    »Ich hatte so sehr gehofft, dass Sie sie gefunden haben«, sagte sie mit einem unglücklichen Lächeln an Nina gewandt.
    Jetzt sprach sie mit Tränen in der Stimme weiter.
    »Ich hätte das niemals tun sollen. Kwan Yin hat mir immer Glück gebracht. Und jetzt werde ich vom Unglück verfolgt.«
    Plötzlich wandte sie sich um und ging bis an den Rand der Terrasse über dem Teich. Ruhelos setzte sie einen Fuß vor den anderen und sprach mehr zu sich selbst als zu ihren Besucherinnen.
    »Der Geist meines Großvaters ruft mich, weil er weiß, dass ich die Göttin verkauft habe. Und wofür? Für einen ohnehin aussichtslosen Aufstand,

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