Das Geheimnis der Mangrovenbucht
fachte das Feuer an, überließ mir das Bett und saß die ganze Nacht im Sessel.«
»Und am Morgen?« fuhr der Inspektor unbeirrt fort.
»Am Morgen entdeckte Anthony die Hufspuren, deckte sie zu, sperrte den Bootsschuppen ab, und dann blieben wir im Sumpf stecken. Ich verstehe wirklich nicht, wieso sich David ausgerechnet an so einem Ort eine Hütte gekauft hat.« Dann machte sie eine Pause. Sie war entsetzt, daß sie ihrer Zunge so freien Lauf gelassen hatte. Doch der Inspektor schien ihren Worten keine besondere Bedeutung beizumessen.
»Na ja«, sagte er nebenbei, »heutzutage will eben jeder am Wochenende aus der Stadt weg und es sich so unbequem wie möglich machen, wenn er nur am Meer sein kann. Außerdem fischt und reitet Ihr Bruder gern«, doch irgendeine warnende Stimme flüsterte Pauline zu: »Paß auf. Der will dich nur in Sicherheit wiegen. Überleg dir, was du sagst.«
Sofort nach diesem Gedanken kam Wrights nächste Frage. »Sie und Mrs. Holder sind ja alte Freundinnen, nicht wahr?«
»Ja. Wir kennen einander von Kindheit auf.«
»Aber Sie hatten keinerlei Verbindung mehr?«
»Seit ihrer Heirat nicht mehr.«
»Und Sie wußten nicht, daß sie hier — in der Nähe der Hütte Ihres Bruders — wohnte?«
Hier lag Gefahr. Pauline antwortete gleichgültig: »Er hat es vielleicht einmal erwähnt. Das weiß ich nicht mehr so genau. Er hat mir nie sehr viel über die Hütte erzählt. Wissen Sie, David und ich wohnen nicht zusammen; und wenn wir uns sehen — was ziemlich selten ist — dann gibt es so viele Dinge zu besprechen. Irgendwie sind wir einfach nie darauf gekommen.«
Hatte sie jetzt zuviel gesagt und ihre Nervosität durch ihre Geschwätzigkeit verdecken wollen? »Verstehe. Zwar etwas merkwürdig, nachdem es Ihr Bruder wußte und er Mrs. Holder gelegentlich sah und auch ihren Mann kannte. Aber... na ja, vielen Dank, Miss Marshall. Ich hoffe, daß alles bald hinter Ihnen liegen wird, der Schock, die Spinnen und auch die Mangroven und der Sumpf«, dann öffnete er ihr mit einem Lächeln die Tür. »Würden Sie jetzt Mr. Irving bitten hereinzukommen?«
Anthony hatte offensichtlich beschlossen, sich der Autorität nicht entgegenzustellen. Er antwortete frisch und geschäftlich, als Wright ihn fragte, warum er denn mitten im Winter diese Hütte aufgesucht habe. Er lächelte und sagte: »Der Augenblick der Wahrheit. Ich habe bisher ziemlich schwache Ausreden gebraucht, Inspektor. Aber es ist besser, der Polizei nichts vorzulügen.«
»Das ist es zweifellos. Aber warum sollten Sie jemanden anlügen?«
»Einfach deshalb, weil ich wegen einer sehr geheimen Aufgabe hier bin und man mich ausdrücklich gebeten hat, niemandem davon etwas zu sagen. Doch jetzt, da das Geheimnis zutage treten wird, kann ich meinen Schleier ruhig lüften, ebensogut den Mädchen gegenüber. Ohne Sie mit technischen Details langweilen zu wollen, kann ich Ihnen sagen, daß die Möglichkeit besteht, in dieser Gegend Kupfer zu finden; und man hat mich gebeten, hier in aller Ruhe zu schnüffeln und darüber einen Bericht einzusenden.«
»Und haben Sie geschnüffelt?«
»So seien Sie doch ehrlich, Inspektor. Wie sollte ich dazu gekommen sein — mit diesem Mord? Aber ich hoffe, daß Sie ihn im Nu aufklären werden, und dann kann ich mich endlich meiner Aufgabe widmen.«
»Seien Sie nicht zu optimistisch. Wunder können wir auch nicht vollbringen. Können Sie mir sagen, wer Ihnen diesen Auftrag erteilt hat? Sie dürfen sich natürlich darauf verlassen, daß jede diesbezügliche Mitteilung streng vertraulich behandelt wird.«
»Ich glaube, hier gibt es so eine Art Syndikat, aber der Mann, der mir schrieb und mich bat, hierherzukommen, war Robert Walker, der Farmer dort oben an der Straße.«
Wright zog die Augenbrauen hoch, als ihm Rutherfords Worte von gestern abend einfielen, »Walker ist in Geldnot. Sie müssen sich nur einmal sein Haus anschauen, um zu verstehen, was ich meine. Er besitzt zwar gute Schuppen, weil der Farmer, von dem er sie kaufte, sie renovieren ließ, aber — wie die meisten Farmer — mit den Schuppen anfing und das Haus in seinem schäbigen Zustand beließ. Dann wurde er krank, verkaufte, und Walker hat alles so gelassen, wie es war. Er hat keine Frau, die ihn etwas antreibt, und ist auch kein sehr geselliger Mann. Hat seine Schwester verloren, und dann wurde er noch finsterer. Ist zwar sehr um sein Land und seine Vorräte bedacht, aber hat nicht viel Geld dafür.«
Alles was der Inspektor sagte, war:
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