Das Geheimnis der Maurin
um die Ehe endgültig zu besiegeln:
»Im Namen Allahs, des Gnädigen, des Barmherzigen. Aller Preis gehört Allah, dem Herrn der Welten, dem Gnädigen, dem Barmherzigen, dem Meister des Gerichtstages. Dir allein dienen wir, und zu Dir allein flehen wir um Hilfe. Führe uns auf den geraden Weg, den Weg derer, denen Du Gnade erwiesen hast, die nicht Dein Missfallen erregt haben und die nicht irregegangen sind.«
Als sich Chalida und Aaron danach bei den Händen fassten und einen Blick voll inniger Liebe austauschten, traten Zahra trotz allem Tränen in die Augen. Dann aber merkte sie, dass Jaime sie ansah, und sie schluckte sie hastig wieder herunter. Mit eisigem Stolz und erhobenem Haupt erwiderte sie seinen Blick.
Eine ganze Woche brauchten sie von dem kleinen Bergdorf nach Málaga, einer Stadt, mit der Zahra so manch schmerzhafte Erinnerung verband: die Zeit der Belagerung, die sie damals mit Jaime, Abdu und der gerade erst geborenen Chalida hier verlebt hatte, die Hungersnot, die Kämpfe … Und immer, immer, hatte sie Jaime an ihrer Seite gewusst.
Ihr Weg führte sie zum Hafen. Einer von Jaimes Männern war vor einigen Tagen vorausgeritten, um alles für eine Überfahrt vorzubereiten. Wie vereinbart, erwartete er sie im dortigen
funduq.
»Und?«, fragte Jaime ihn ohne Umschweife. »Hast du alles richten können?«
Der Mann nickte und erklärte ihnen, dass sie direkt am nächsten Morgen auslaufen müssten. »Alle anderen Schiffe wollen keine Mauren ohne Papiere mitnehmen«, fuhr er mit bedauerndem Achselheben fort.
Jaime und die anderen konnte dies nicht wundern: Durch höchsten königlichen Erlass war den Mauren das Verlassen des Landes nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen und mit einer Sondererlaubnis möglich, und entsprechend engmaschig und streng wurden die Schiffe kontrolliert. Die Katholischen Könige hatten Angst, dass die Mauren ihre Besitztümer außer Landes bringen und Kastilien damit ausbluten könnten. In den letzten Monaten waren immer wieder Reeder und Kapitäne aufgeflogen, die Mauren hinauszuschmuggeln versucht hatten, und dafür auf der Stelle geköpft worden. Sie wussten, dass sie froh und dankbar sein mussten, überhaupt eine Gelegenheit für eine Überfahrt zu finden. Außerdem war der Kapitän in der Lage, ihnen gefälschte Papiere zu besorgen, was das Risiko einer Entdeckung verringerte und Jaime sogar noch mehr Gold wert gewesen wäre, als der Kapitän ohnehin schon forderte.
»Dann also morgen früh«, meinte Jaime und sah fragend zu Zahra.
Zahra erwiderte seinen Blick und hoffte so sehr, dass er endlich etwas sagen oder tun würde, das diesem Alptraum hier ein Ende bereitete – doch er sah sie nur weiter abwartend an, und so nickte sie schließlich.
Ja, sicher, warum nicht gleich morgen? Je eher ich diesen Schritt hinter mich bringe, desto besser,
redete sie sich ein und vergrub die Hände in ihrer Tunika, damit Jaime nicht sah, wie sehr sie zitterten.
Jaime ging zu Chalida, die mit Aaron ein Stück zurückgeblieben war, und redete auch mit ihnen, während Abdarrahman zu Zahra trat und ihr über den Arm strich. »Schaut nach vorn, Mutter, nicht zurück! Habt Ihr mir das nicht auch schon so oft gesagt? Und denkt an Mohammed, so wie auch ich an meinen Sohn und seine Zukunft denke!«
Zahra drückte dankbar seine Hand, konnte aber nichts erwidern.
Sie gingen zum Suq, aßen eine Kleinigkeit, und Zahra sog zum letzten Mal den Duft eines maurischen Basars ein, in dem jetzt auch viele Kastilier zu finden waren – und sie ahnte, dass ihr selbst das in der Fremde fehlen würde. Viel zu schnell waren sie mit ihrem Lammeintopf und dem Nachtisch, einem warmen Pinienhonigkuchen, fertig, dann gingen sie zum Funduq, um dort die Nacht zu verbringen. Zu Sonnenaufgang sollten sie an Bord gehen.
Die
Maria
war eine prächtige Karavelle, die überwiegend dem Transport von Fracht diente. Schweigend lief Zahra mit ihrer Familie die wenigen Meter vom Funduq bis zum Kai, auf dem trotz der frühen Morgenstunde schon rege Betriebsamkeit herrschte.
Die Segel waren bereits gehisst. Der Kapitän hatte ihnen Papiere besorgt, nach denen es so aussah, als wären sie erst vor einer Woche von Marokko gekommen, und als marokkanische Bürger hatten sie natürlich das Recht auf eine Rückreise in ihr »Heimatland«.
»Und was sollen wir hier eine Woche lange gemacht haben?«, fragte Zahra, als Jaime ihr die Papiere reichte.
»Ihr wart auf einer Hochzeit.«
Nur mit Mühe konnte Zahra ein
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