Das Geheimnis der Mondsänger
Zeltes. Maelen blieb stehen und holte aus einem Beutel zwei Münzen, die sie auf den oberen Rand eines Käfigs legte.
»Fünf Credits für einen Barsk«, sagte sie zu dem Mann, der sich immer noch in den Schatten duckte. »Einverstanden?«
Als ich seine Gedanken durchforschte, stellte ich fest, daß er uns draußen haben wollte. Aber ein Funke Habgier war in ihm erwacht.
»Ein Barsk ist selten«, wimmerte er.
»Dieser Barsk ist fast tot und überhaupt nichts wert, nicht einmal das Fell, so hast du ihn hungern lassen. Wenn du nicht einverstanden bist, kämpfen wir in einer öffentlichen Sitzung um den Preis.«
»Also gut, einverstanden.«
Ich spürte ihre Belustigung. Wir schoben den Käfig ins Freie. Der Junge, der uns hierhergeführt hatte, kam aus dem Dunkel und mit ihm einer seiner Gefährten. Sie übernahmen den Karren mit dem Käfig. Wir gingen diesmal einen anderen Weg und erreichten die Tierschau durch eine Hintergasse. Als der Käfig an den Lasttieren vorbeigezogen wurde, schnoben sie, und einige standen mit geblähten Nüstern auf.
Maelen stellte sich vor sie hin und schwenkte den silbernen Stab hin und her, wobei sie gurrende Laute sagte. Die Tiere beruhigten sich wieder. Die Jungen schoben den Käfig ganz ans andere Ende des Platzes und blieben abwartend stehen. Malec und Griss kamen ins Freie, und der junge Thassa beugte sich zu dem Käfig hinunter. Kopfschüttelnd bezahlte er die Jungen.
»Es steht hoffnungslos für den da«, sagte er zu Maelen, als sie von den Kasi kam. »Nicht einmal du kannst seine Gedanken erreichen, Sängerin.«
Sie warf einen langen, nachdenklichen Blick in den Käfig. In einer Hand hielt sie den Stab, während sie mit der anderen über den Pelz ihrer kurzen Jacke strich, so, als handele es sich um ein lebendes Tier.
»Vielleicht hast du recht«, pflichtete sie ihm bei. »Aber vielleicht steht sein Schicksal noch nicht im Zweiten Buche Molasters. Und wenn er den Weißen Weg gehen muß, dann soll er die Reise in Frieden und ohne Schmerzen beginnen. Im Moment ist er zu erschöpft, um uns zu bekämpfen. Gib ihm den Käfig für die kranken Tiere.«
Gemeinsam öffneten sie den Käfig und hoben das Tier in eine geräumige Kabine mit einem weichen Strohlager. Der Barsk war größer als die Tiere, die ich in der Vorführung gesehen hatte. Wenn er auf allen vieren stand, ging er mir sicher bis über die Taille. Das Fell war verstaubt, verschmutzt und stumpf, aber man konnte noch erkennen, daß es die gleiche Farbe wie Maelens Jacke hatte.
Es war ein merkwürdig geformtes Tier, denn der Körper war schmal und die Beine waren sehr lang und dünn, so daß man den Eindruck gewann, sie seien für ein anderes Geschöpf bestimmt gewesen. Der Schwanz endete in einem kurzen Fächer, während zwischen den Ohren und am Nacken langes, etwas helleres Haar eine dichte Mähne bildete. Die Schnauze war lang und spitz, und hinter den schwarzen Lippen zeigten sich starke Zähne. Wäre der Barsk nicht so erschöpft gewesen, so hätte ich mich vor ihm in acht genommen.
Er hob den Kopf und schnappte schwach um sich, als sie ihn in den neuen Käfig legten. Dann berührte ihn Maelen leicht mit ihrem Stab und strich ihm zwischen Nase und Augen auf und ab, bis er sich beruhigt hatte. Malec hatte aus den Wohnräumen eine Schale geholt und sie mit Flüssigkeit gefüllt, die er dem Tier vorsichtig in das völlig ausgedörrte Maul tropfte.
Maelen stand auf. »Das ist alles, was wir im Augenblick tun können. Ansonsten …« Sie zeichnete mit ihrem Stab ein Symbol in die Luft. Dann wandte sie sich uns zu. »Werte Freunde, es wird spät, und der Arme hier braucht mich.«
»Ich danke dir für deine Freundlichkeit«, sagte ich. Ich fand es ein wenig abrupt, wie sie uns entließ. Es war, als hätte sie uns aus einem ganz bestimmten Grund hergeholt, der nun keine Wichtigkeit mehr hatte. Und irgendwie mißfiel mir der Gedanke, ob er nun auf Wahrheit beruhte oder nicht.
»Und ich dir für deine Hilfe, werter Freund«, erwiderte sie. »Du wirst wiederkommen.« Das war keine Frage und eigentlich auch kein Befehl, sondern die Feststellung einer Tatsache, über die wir uns einig waren.
Auf dem Rückweg zur Lydis sprachen Griss und ich nicht sehr viel, obwohl ich ihm von der Begegnung mit dem Tierhändler erzählte. Er gab mir den Rat, das Erlebnis in meinem Bericht einzutragen, falls es irgendwelche Schwierigkeiten geben sollte.
»Was ist ein Barsk?« fragte ich.
»Du hast ihn gesehen. Die Pelze, die heute
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