Das Geheimnis der Mondsänger
Fremden, der ein leichtes Lächeln auf den Lippen und schmeichelnde Worte auf der Zunge hatte, hinter den suchenden Augen aber finstere Gedanken barg. Osokun nannte ihn Gauk Slafid.
Sie boten uns die formelle Begrüßung, und wir gaben ihnen Plätze an unserem Tisch. Aber die Ungeduld, die Osokun noch zu Fall bringen wird, trieb ihn dazu, schnell einen Plan zu fassen, der sehr gefährlich ist – jedoch eher für ihn, sollte er entdeckt werden, als für mich, da die Gesetze, die ihn binden, für mein Volk keine Gültigkeit haben.
Es war mehr oder weniger dies: Osokun wollte mehr über die hervorragenden Waffen anderer Planeten erfahren. Wenn er das Wissen besaß und seine Krieger mit solchen Waffen ausrüsten konnte, war es ihm mit einem Schlage möglich, sich zum König des ganzen Landes zu machen und zu regieren, wie das Volk es seit Generationen nicht mehr erlebt hatte.
Malec und ich lächelten innerlich. Ich beherrschte meine Stimme, um nicht meinen Spott über seine scheinbar kindliche Einfalt zu verraten, und gab ihm folgende höfliche Antwort:
»Freesh Osokun, ist es nicht wohlbekannt, daß alle Fremdlinge dazu gebracht werden, ihr Wissen zu verbergen, bevor sie die Sohlen auf den Boden von Yiktor stellen? Ist nicht ferner bekannt, daß ihre Schiffe von Schlössern geschützt sind, die keiner zerstören kann?«
Er zog die Stirn kraus, doch dann glätteten sich seine Züge wieder. »Es muß eine Möglichkeit geben, beide Hindernisse zu brechen. Mit deiner Hilfe …«
»Mit unserer Hilfe? Oh, wir besitzen das Wissen der Alten, Freesh Osokun, doch es ist in diesem Falle nutzlos.«
Und ich mußte daran denken, daß bisweilen unser Ruf im Volke seine Nachteile hatte. Vielleicht konnte die Macht der Thassa die Barrieren der Fremden einreißen, doch nie würden wir diese Macht zu diesem Zwecke verwenden.
Doch das war es nicht, was er von uns wollte. Statt dessen hastete er weiter, mit so drängenden Gedanken und Wünschen, daß die Worte von seinen Lippen sprudelten wie ein ungebärdiger Wildbach.
»Wir müssen das Freie Handelsschiff in unsere Hand bekommen«, sagte er. »Dieser Freesh hier« – er deutete auf den Fremdling – »hat uns mit Informationen versorgt.« Er nahm aus seiner Gürteltasche ein schön beschriebenes Pergament, aus dem er uns vorlas. Und während des ganzen Gesprächs lächelte der Fremdling, nickte und versuchte uns mit seinen Gedanken abzutasten. Aber ich legte nur die obere Bewußtseinsschicht frei, und was er erfuhr, nützte ihm nichts.
Osokuns Plan war einfach, doch es gibt Zeiten, in denen Einfachheit, mit Kühnheit gepaart, ans Ziel führt, und so konnte es auch jetzt sein. Männer von den Freien Handelsschiffen haben den Auftrag, neue Produkte aufzuspüren. So brauchte Osokun nur ein Mannschaftsmitglied außerhalb der Grenzen des Marktgesetzes zu locken und dort gefangenzunehmen. Wenn es ihm nicht gelang, aus dem Gefangenen Informationen herauszuholen, konnte er mit dem Kapitän des Schiffes um die Rückgabe des Mannes verhandeln.
Darin war Slafid seiner Meinung. »Es gehört zum Ehrenkodex unter diesen Freien Handelsschiffern, daß sie die Ihren nicht im Stich lassen. Man wird den Gefangenen zurückkaufen.«
»Und wie passen wir in eure Pläne – wenn wir mitmachen würden?« fragte Malec.
»Nun, ihr legt den Köder aus«, erklärte uns Slafid. »Die Tierschau wird einige von ihnen anlocken, denn es ist ihnen auf fremden Planeten nicht gestattet, zu trinken, zu spielen oder Frauen aufzusuchen. Sie können gegen diese Befehle auf keinen Fall angehen, da sie Gedankensperren ausgesetzt sind. Deshalb können wir sie nicht mit gewöhnlichen Mitteln verführen. Aber wenn sie zu eurer Vorführung kommen, dann ladet sie ein, einen Blick in euer Leben zu werfen. Sie sollen Interesse für euch zeigen. Dann müßt ihr irgendeinen Vorwand suchen, um euch außerhalb des Marktes niederzulassen. Ladet einen von ihnen ein, euch nochmals zu besuchen. Damit ist euer Teil des Spiels auch schon vorbei.«
»Und weshalb sollten wir das tun?« Malec deutete in seiner Stimme eine Spur von Feindseligkeit an.
Osokun sah uns fest an. »Ich könnte Druck auf euch ausüben …«
Da lachte ich. »Du willst den Thassa drohen? Freesh, du bist ein sehr, sehr tapferer Mann. Ich sehe nicht ein, weshalb wir dein Spiel mitmachen sollten. Hole dir einen anderen Köder. Ich wünsche dir das Glück, das du verdienst.« Und ich streckte die Hand aus und drehte den Gästebecher um, der auf dem Tisch
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