Das Geheimnis der Mondsänger
zwischen uns stand.
Er wurde rot, und seine Hand fuhr an das Schwertheft. Aber der Fremdling legte die Finger auf seinen Arm. Obwohl Osokun auch ihm einen Blick des Zornes zuwarf, erhob er sich und folgte dem anderen, ohne ein Wort des Abschieds zu sagen. Slafid lächelte wieder und tat der Höflichkeit Genüge. Er zeigte keineswegs die Miene des Besiegten, sondern machte den Eindruck, als wolle er nun einen anderen Weg einzuschlagen versuchen, um sein Ziel zu erreichen.
Als sie ein gut Stück entfernt waren, lachte Malec. »Weshalb halten sie uns für Narren?«
Doch ich drehte und wandte den Gästebecher immer wieder auf der glatten grünen Tischfläche, und meine Frage lautete so:
»Weshalb glaubten sie, daß wir uns als ihre Werkzeuge bereit erklären würden?«
Malec nickte langsam. »Ja, weshalb? Welchen Gewinn oder welche Drohung hielten sie für so machtvoll, daß sie glaubten, wir würden unsere alten Kräfte vergessen?«
»Und je mehr ich darüber nachdenke, desto ärgerlicher bin ich, weil ich sie so schnell entließ.« Ich schämte mich, mit so wenig Feingefühl gehandelt zu haben. »Außerdem – weshalb will der eine Fremdling den anderen in die Falle locken? Osokun würde grausam mit jedem Gefangenen umgehen, der ihm in die Hände fällt.«
»Soviel konnte ich erkennen«, erwiderte Malec. »Es besteht eine alte Fehde, allerdings heute kaum noch geübt, zwischen den Männern der versiegelten Frachtschiffe und den Freien Handelsschiffern. Vielleicht wird sie nun aus irgendeinem Grunde wieder aufgenommen. Doch das ist ihre Angelegenheit, nicht die unsere.« Er erhob sich von seinem Hocker, die Daumen in den Gürtel gehakt, »Dennoch – wir sollten den Alten Bescheid geben.«
Ich sagte nichts für und nichts wider diesen Vorschlag. In jenen Tagen hegte ich keine freundlichen Gefühle für einige unserer Führer, doch das war eine Privatsache, die nur meinen eigenen Hausklan betraf.
Unser kleines Volk führte seinen Zauber am Nachmittag vor, und das Vergnügen, das es bereitete, war groß. Mein Stolz wuchs wie die Lallangblüten unter dem Mondlicht. Wie auf anderen Märkten versprach ich jenen Laufburschen eine Belohnung, die schlecht behandelte Tiere für mich aufspürten. Denn das ist mein Privatopfer an Molaster, daß ich die leidenden Kreaturen von jenen zu befreien versuche, die sich Menschen nennen.
An jenem Abend, als die Mondlaternen angezündet waren und wir alles für die Abendvorstellung vorbereitet hatten, sagte ich zu Malec:
»Vielleicht gibt es eine Möglichkeit, mehr von dieser Sache zu erfahren. Sollte einer der Händler auftauchen, um unsere Schau zu besuchen, und sollte er dir als harmloser Mann erscheinen, so biete ihm an, ihn nach der Vorstellung hierherzubringen. Ich werde dann mit ihm reden. Alles, was wir erfahren, ist Nahrung für das Verständnis der Alten.«
»Es wäre vielleicht besser, sich nicht einzumischen«, meinte er, doch er zögerte.
»Ich werde weiter nichts tun«, versprach ich, ohne zu wissen, wie schnell so ein Versprechen zu einem Nebelgebilde werden kann, das die Sonnenstrahlen zerstören.
Slafid hatte richtig vorhergesagt. Es waren zwei Freie Handelsschiffer bei der Vorführung. Ich kann das Alter von Fremdlingen nicht ohne weiteres lesen, aber sie erschienen mir jung, und keiner von ihnen trug viele Dienststreifen an der Uniform. Ihre Haut war sehr dunkel wie bei allen Raumfahrern, und auch ihr kurzgeschnittenes Haar hatte eine dunkle Farbe. Sie lächelten nicht wie Slafid, und sie sprachen auch nicht viel. Aber als mein kleines Volk seine Künste vorführte, waren sie entzückt wie Kinder, und ich dachte, wir könnten uns anfreunden, wenn sie von Yiktor wären.
Wie ich vorgeschlagen hatte, brachte Malec sie mit nach hinten, als die Vorstellung zu Ende war. Und als ich sie näher ansah, wußte ich, daß sie nicht wie Gauk Slafid waren. Vielleicht waren sie einfache Menschen, wie es die meisten Rassen im Vergleich zu den Thassa waren. Doch ihre Einfalt war gut und nicht von der Art, die durch Bosheit, Dummheit oder Ehrgeiz verzerrt werden kann. Ich sprach sogar mit dem einen, Krip Vorlund, über meinen alten Traum, mit meinem kleinen Volk fremde Welten aufzusuchen.
Ich las Interesse in ihm, wenn er auch schnell hervorstrich, welche Gefahren meinen Wunsch zunichte machen konnten.
Im Vergleich mit seiner Rasse war dieser Fremdling angenehm anzusehen. Er war nicht so groß wie Osokun, dafür aber schlank und drahtig. Und ich glaube, hätte man ihn und
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