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Das Geheimnis der Mondsänger

Das Geheimnis der Mondsänger

Titel: Das Geheimnis der Mondsänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andre Norton
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entfernt.
    »Ich tat das, was ich nicht tun durfte. Ich hatte geschworen, es nicht zu tun. Dafür werde ich mich in einer anderen Zeit und an einem anderen Ort vor denen verantworten, die das Recht haben, mir Vorhaltungen zu machen.«
    »Weshalb hast du es getan?«
    »Ich mußte die Schuld begleichen«, sagte sie, und ihre Gedanken waren ganz fern. »Durch mich bist du in das Unheil geraten, deshalb muß ich dafür sorgen, daß die Waage wieder ausgeglichen wird.«
    »Aber du hast doch nichts getan – diese kleine Sache beim Tierhändler …«
    »Das auch, aber schwerwiegender war das andere: Ich wußte, daß du einen Feind hattest, vielleicht noch mehr als einen, und ich warnte dich nicht. Ich sagte mir, daß eine Thassa die Belange anderer nichts angingen. Und dafür muß ich mich ebenfalls verantworten.«
    »Einen Feind?«
    »Ja.« Und sie erzählte mir, wie Osokun mit Gauk Slafid vom Schiff des Kombinats zu ihr gekommen war. Sie war zwar dem Verlangen der Männer nicht direkt nachgekommen, aber sie glaubte, daß sie durch ihre Neugier mein Unheil verschuldet hatte.
    »Das stimmt nicht. Das war alles nur Zufall, bis …«
    »Bis ich dich verwandelte?« beendete sie den Satz. »Ah, das erscheint dir nun als die größte Einmischung. Aber vielleicht wirst du entdecken, daß es die geringste war, wenn die Vergangenheit erst ein Stück hinter uns liegt. Was ich getan habe, geht nur die Thassa etwas an.« Dann unterbrach sie sich, und ich spürte, wie sie wieder einen Wall um ihre Gedanken zog. Ihre Blicke waren nach innen gerichtet, und ich konnte ihr nicht folgen.
    Die Kasi trotteten vorwärts, als hätte sie ihnen eine Richtungsanweisung gegeben. Ihre Gangart war nicht schnell, aber beständig. Über uns schien die Sonne warm und freundlich, und ich machte mich daran, die Möglichkeiten meines neuen Körpers auszuprobieren. Dennoch wurde ich den Gedanken nicht los, daß letzten Endes alles ein langer Traum war.

 
9
     
    Zwei Tage fuhren wir so dahin. Des Nachts blieben wir in dichten Gebüschen. Ich gewöhnte mich immer besser an meinen neuen Körper und merkte, daß es viel Neues zu lernen gab, wenn man die Welt durch Tieraugen betrachtete. Maelen verfiel zwischendurch immer wieder in dumpfes Nachdenken, doch sie sprach auch sehr viel mit mir. Entweder erzählte sie Legenden, oder sie zeigte mir landschaftliche Eigenarten und sprach von ihrem Leben mit den Tieren, das sie quer durch das Land führte. Mir fiel auf, daß sie von ihrem Volk fast nie in der Gegenwart, dafür um so häufiger in der Vergangenheit sprach. Auch vermied sie es absichtlich, einige meiner Fragen zu beantworten.
    Am Morgen des dritten Tages runzelte sie die Stirn, als wir in den Wagen kletterten.
    »Jetzt kommen wir in das Gebiet der Dörfer und Menschen«, sagte sie. »Und um unsere wahre Absicht zu verbergen, werden wir die Geschicklichkeit des kleinen Volkes vorführen.«
    »Du meinst – willst Tiervorführungen geben?«
    »Ja. Es führt hier nur ein Weg zum Tal. Vielleicht erfahren wir auch etwas von denen, die uns vorausgegangen sind.«
    Der Gedanke, daß mein Körper diesen Weg schon entlanggekommen war, versetzte mir einen Schock. Doch ich ließ mir nichts anmerken.
    »Und ich soll zur Unterhaltung beitragen?«
    Sie lächelte langsam. »Wenn du willst. Denn meines Wissens nach hat bisher noch niemand einen Barsk vorgeführt.«
    »Aber du hattest gehofft, es zu schaffen?«
    »Ja.«
    »Was ist mit dem – dem …«
    »… Gehirn, das deinem jetzigen Körper angehörte? Es wurde immer schwächer. Noch einen oder zwei Tage, und ich hätte es aus Mitleid auf den Weißen Weg geschickt.«
    »Aber jetzt ist es in meinem Körper?«
    »Ja, es ist schwach am Leben. Es wartet nur, bis du zurückkehrst.«
    »Du mußt diesen Austausch schon vorher einmal gemacht haben.«
    Sie sah mich an. »Jeder hat seine Geheimnisse, Krip Vorlund. Ich sagte es dir bereits – diese Last muß ich allein tragen, und niemand wird dich zur Rechenschaft ziehen.«
    Wir kamen über eine Böschung auf einen Weg, in den die Kasi einbogen.
    »Gegen Mittag kommen wir nach Yim-Sin«, sagte Maelen. »Dort befindet sich ein Tempel von Umphra. Wir werden uns Quartier suchen und, wenn möglich, etwas über Oskolds Männer in Erfahrung bringen. Allerdings könnte es auch sein, daß sie den anderen Weg auf der Westseite der Berge genommen haben. Am Abend geben wir eine Vorstellung. Deshalb überlegen wir uns am besten gleich, was ein Barsk zur Unterhaltung beitragen

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