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Das Geheimnis der Mondsänger

Das Geheimnis der Mondsänger

Titel: Das Geheimnis der Mondsänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andre Norton
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glauben. Denn die Gaben der Thassa sind bekannt.«
    Dann trat er zur Seite, und ich sprang vom Wagen. Die jungen Priester zögerten und traten etwas zurück. Ihr Staunen war noch größer als das ihres Vorgesetzten.
    Wir verließen den Hof, in dem der Wagen stand, und betraten einen zweiten Hof durch ein hohes Portal. Der Boden war hier mit schwarzem Stein gepflastert, und aus besonders angelegten Beeten wuchsen Ranken und Bäume. Zur Linken sprudelte eine Fontäne.
    Wir Tiere liefen zum Wasser und tranken. Das Naß schmeckte herrlich kühl. Dann setzte ich mich hin und sah mich um. Am anderen Ende des Hofes führten drei breite Stufen zu einer Säulenveranda, an der sich wiederum eine eigenartig geschnitzte Tür befand. Sie mußte zum zentralen Teil des Tempels führen.
    Die beiden jungen Priester brachten ein paar Kisten aus dem Wagen, und dann verließen sie uns. Ich bemerkte, daß sie mich immer wieder ehrfürchtig ansahen. Als sie fort waren, setzte sich Maelen auf die unterste Stufe. Ich ging sofort zu ihr.
    »Nun?« Es gab nur eines, was ich wissen wollte.
    Sie schüttelte den Kopf. »Oskolds Männer sind noch nicht vorbeigekommen. Vielleicht mußten sie erst ihren Herrn von den Geschehnissen verständigen und nahmen dann den östlichen Weg zum Tal.«
    »Du bist sehr sicher, daß sie wirklich das Tal aufsuchen werden.«
    Maelen hob meinen Kopf und sah mir in die Augen.
    »Merke dir das eine, Wanderer der Sterne: Von der Lebensweise der Yiktorier weiß ich viel. Sie richten sich nach bestimmten Regeln, die sie niemals brechen. Sei versichert, daß auch Oskold und seine Leute sie nicht brechen werden. Auf dem einen oder dem anderen Weg werden sie das, was dir gehört, ins Tal bringen.«
    »Ah, Freesha, so habe ich also recht gehört.«
    Die Stimme drang in meine Ohren, als hätte Maelen gesprochen, und ich war erschrocken, denn zum erstenmal »hörte« ich die Worte eines anderen in meinem Innern. Ich knurrte unwillkürlich, als ich mich umdrehte.
    Ein Mann in Priesterrobe stand auf der obersten Stufe. Er war alt und gebeugt und stützte sich auf einen Stab, der nicht seine Gebrechlichkeit, sondern seine Priesterwürde unterstrich. Sein Gesicht war offen, aber es war das Gesicht eines Mannes, der so viel Kummer gesehen hatte, daß er von dem grauen Elend für immer gezeichnet war. Jetzt aber lächelte er, und ich erkannte, daß für ihn Mitgefühl die größte Tugend bedeutete.
    »Du hast ein Wunder bewirkt.« Er kam eine Stufe herunter, und Maelen eilte ihm entgegen, um ihn zu stützen. In ihrer Stimme war Respekt, als sie antwortete.
    »Ja, ich bringe einen Barsk mit, Ältester Bruder. Jorth, zeige, was du kannst!«
    So verbeugte ich mich dreimal und bellte dazu, so tief ich konnte. Das war das erste Stückchen, das Maelen mit mir eingeübt hatte. Mit einem sanften Lächeln neigte der Priester den Kopf vor mir.
    »Die Liebe und Fürsorge Umphras sei mit dir, Bruder der Berghöhen«, sagte er.
    Wir Freien Handelsschiffer haben wenige Glaubensgrundsätze, aber wir alle wissen, daß es irgend etwas gibt, das höher steht als wir. Andernfalls müßten uns unsere inneren Ängste und Zweifel zum Wahnsinn treiben. Wir achten die Götter fremder Welten, da sie nichts anderes sind als verzerrte Bilder des einen, den wir immer nur mit Menschenaugen sehen können. Und in diesem Mann, der sein Leben dem Dienst an einem solchen Gott gewidmet hatte, sah ich einen Menschen, der der Großen Wahrheit ganz nahe war. So vergaß ich einen Moment lang meine Gestalt und verbeugte mich ehrfürchtig vor dem Alten.
    Als ich den Kopf wieder hob, merkte ich, daß sein Lächeln geschwunden war und daß er mich durchdringend ansah, als hätte er etwas entdeckt.
    »Wir wissen sehr wenig von den Barsks«, sagte er schließlich. »Und was wir erfahren haben, ist zumeist negativ, da es von der Angst verzerrt wird. Vielleicht gibt es noch viel für uns zu lernen.«
    »Mein kleines Volk ist anders als seine wilden Brüder.« Maelen sprach schnell, und ich las Unbehagen und eine leise Warnung in dem Gedanken, den sie mir zuwarf.
    So bellte ich und schnappte nach einem Insekt, um mich dann den anderen Tieren anzuschließen, die am Brunnen spielten.
    Maelen blieb noch eine Zeitlang bei dem Priester, und sie sprachen leise miteinander, so daß ich nichts verstehen konnte. Obendrein hatte sie ihre Gedanken abgeschirmt.
    Am späten Nachmittag gaben wir den Dorfbewohnern eine Vorstellung, und wir mußten sie zweimal wiederholen, damit alle zu ihrem

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