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Das Geheimnis der Mondsänger

Das Geheimnis der Mondsänger

Titel: Das Geheimnis der Mondsänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andre Norton
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Recht kamen. Die beiden jungen Priester halfen Maelen bei der Vorbereitung mit solchem Geschick, daß ich den Eindruck gewann, sie machten das nicht zum erstenmal. Allerdings konnte ich mir nicht vorstellen, was Maelen hierher treiben mochte.
    Als wir fertig waren, gingen wir zu unseren Käfigen zurück, und zum erstenmal hatte ich nichts dagegen, im Käfig zu liegen. Ich war so müde, als hätte ich den ganzen Tag hindurch schwere Arbeit verrichtet.
    Aber der Schlaf eines Barsks ist nicht der Schlaf eines Menschen. Ich fuhr immer wieder hoch und lag eine Zeitlang wach und aufmerksam da. Während einer dieser Wachperioden hörte ich, daß sich im vorderen Teil des Wagens etwas bewegte. Maelen hatte hier ihre Liege, die sie benutzte, wenn sie nicht im Freien schlafen wollte.
    Dünnes, blasses Licht drang durch einen Vorhangschlitz zu mir heraus. Da der Riegel meines Käfigs nicht vorgeschoben war, stieß ich die Tür auf und schlich an den Vorhangschlitz, um zu sehen, was es gab.
    Maelen saß mit gekreuzten Beinen auf dem Bett und hatte die Augen geschlossen. Man hätte denken können, daß sie schlief, aber ihr Oberkörper schaukelte zu einer unhörbaren Musik auf und ab. Als ich ihre Gedanken berühren wollte, stieß ich gegen eine dichte Barriere, die ich nicht durchdringen konnte.
    Ihre Lippen waren leicht geöffnet, und ich hörte ein ganz schwaches Flüstern. Ich wußte nicht, ob sie sang oder eine Beschwörung murmelte. Vielleicht war es sogar eine Klage. Die Hände ruhten auf den Knien, aber zwischen den beiden Zeigefingern bildete der Stab eine silberne Brücke, und von ihm ging das schwache Leuchten aus.
    Die Luft um mich schien elektrisch geladen. Meine Mähne versteifte sich und knisterte, und ich spürte ein Prickeln an der Schnauze. Wir Handelsschiffer haben unsere eigenen Kräfte und Energien, doch wir leugnen nie die Tatsache, daß es anderswo andere, uns unbekannte Kräfte gibt, die jenseits unserer Kontrolle stehen. Denn die Kunst der Kontrolle kann etwas Angeborenes sein.
    Ich spürte die Energie, aber ich wußte nicht, ob Maelen sie empfing oder ausstrahlte. Und als ich ihr so zusah, empfand ich deutlich, daß sie mir weit fremder war, als ich angenommen hatte.
    Sie schwieg nach einer Weile, und das Prickeln in der Luft verebbte. Dann ließ sie mit einem Seufzer den Kopf nach vorn fallen. Mit fahrigen Bewegungen legte sie sich aufs Bett und schob den Stab in ihren Nacken. Das Licht war verblaßt, und sie schlief sofort ein.
    Am Morgen verließen wir Yim-Sin, und die Dorfbewohner winkten uns freundlich nach. Wir kamen auf einen Weg, der beständig anstieg. Das hier war kein Hügelland mehr, sondern bereits Gebirge. Kälte lag in der Luft, und Maelen zog den Mantel enger um sich, doch als ich mich neben sie setzte, merkte ich, daß mein dichter Pelz Kälteschutz genug war. Die Gerüche waren hier erregend, und von Zeit zu Zeit spürte ich den starken Drang, aufzuspringen und durch die bewaldeten Hänge zu jagen.
    »Wir kommen jetzt ins Barsk-Land«, erklärte sie lachend. »Aber ich würde dir nicht raten, deine wilden Kollegen aufzusuchen. Du wärst schnell im Nachteil.«
    »Weshalb staunen alle Leute so über deinen gezähmten Barsk?« fragte ich.
    »Weil man den Barsk nicht recht kennt. Die Menschen der Berge – es gibt übrigens nicht viele da oben – setzen dem Barsk nach und bringen ihn um, und er wehrt sich mit außergewöhnlicher List und Schläue dagegen. Es gibt viele Legenden um den Barsk, Jorth, und manche schreiben ihm ähnliche Kräfte wie den Thassa zu. Viele reiche Grundherren wollten sich mit einem gefangenen Barsk rühmen, aber sie wurden meist enttäuscht. Entweder gelang den Gefangenen die Flucht – und dann nahmen sie bittere Rache an Mensch und Tier. Oder sie starben freiwillig in der Gefangenschaft. Der Barsk, in dessen Körper du steckst, wollte auch sterben, und er hatte es fast geschafft, als der Austausch stattfand.«
    Ich schauderte. »Und wenn er es schafft?« fragte ich.
    Maelen beruhigte mich schnell. »Das kann er nicht. Durch den Austausch sind ihm gewisse Grenzen gesetzt. Dein Körper stirbt nicht, Krip Vorlund.« Dann wandte sie sich einem anderen Thema zu. »Dort vorne liegt der Wachtposten von Yultravan. Die meisten Leute werden an den Hängen sein und die Ernte einbringen. Wir halten nicht an. Aber es ist besser, wenn du in den Käfig schlüpfst, bevor dich die Wachen sehen.«
    Zögernd kletterte ich zurück in meinen Käfig. Maelen begrüßte zwei Männer in

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