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Das Geheimnis der Mondsänger

Das Geheimnis der Mondsänger

Titel: Das Geheimnis der Mondsänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andre Norton
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Yrjar – allerdings waren die Gedanken der Priester klar verständlich für mich gewesen. Würde ich jetzt etwas verstehen?
    Die Reiter hatten angehalten. Die Kasi schnaubten. Und dann hörte ich Stimmen. Doch die Worte waren eine für mich sinnlose Aneinandereihung von Lauten. Ich strengte meine Esperkräfte an.
    »… schickt um Hilfe …«
    Überraschung, dann Verärgerung. »… wagt… nach all dem … wagt er …«
    Verzweiflung, so intensiv, daß es wie ein Schock wirkte. »… wird gejagt … die Fremden … sie haben volle Ächtung verlangt.«
    »Sinnlos, Unser Herr hat ihnen den Mann zurückgegeben … er hat ihnen angeboten, Blutschuld zu zahlen. Mehr kann er nicht tun.«
    Die Erregung der beiden Männer war so stark, daß ihre Gedanken klar bis zu mir drangen.
    »… müssen einen Zufluchtsort haben …«
    »Wahnsinn!« Der zweite Bote sprach bestimmt. »Unser Herr wird bereits im Rat verleumdet. Die Männer von Yimik und Yomoke wenden sich gegen ihn. Wir haben alle Hände voll zu tun, um die Grenze zu bewachen. Wer wird für ihn reiten, wenn er Geächtete ins Land läßt?« »Das soll er entscheiden!«
    »Gut. Du wirst die gleichen Worte von ihm hören. Wenn die Fremdlinge die Macht von Yu hinter sich haben, können sie dafür sorgen, daß auch er geächtet wird. Sie haben das Recht, die Blutschuld zu verweigern. Was sie zurückerhalten haben, ist kein Mann mehr – du hast ihn selbst gesehen.«
    Darauf kam keine Antwort, aber ich spürte Ärger und Furcht. Dann wurde ein Kasi angefeuert, und es bewegte sich schnell in westliche Richtung. Das andere setzte seinen Weg gemächlicher zur Grenze fort.
    Ich drückte den Kopf auf die Pfoten und hörte nichts als das Gurgeln des Wassers. Nun hatte ich durch Zufall erfahren, was ich wissen wollte: Meine Hülle war nicht mehr in Oskolds Land, sondern man hatte sie meinen Schiffsgefährten übergeben.
    Mein Ziel war nun Yrjar. Der Hafen – unser Arzt würde für meinen leeren Körper tun, was er konnte. Angenommen, ich erreichte durch irgendein Wunder den Hafen und das Schiff – was dann? Aber Freie Handelsschiffer denken scharf und schnell. Maelen war nicht die einzige Thassa am Markt – ich konnte mich mit Malec in Verbindung setzen. Vielleicht würde er die Sache aufklären. Vielleicht konnte er sogar selbst den Austausch vornehmen. So viele Zweifel standen zwischen mir und dem Ziel. Aber ich mußte hoffen, wenn ich nicht für immer als Barsk herumlaufen wollte.
    Also zurück in den Osten, durch die Berge, hinunter zu den Ebenen Yrjars, wo ein Barsk wie ein rotes Tuch auffallen würde. Und doch mußte ich es tun.
    Ich trank von dem Wasser, das vor mir dahinschoß. Meine Kehle war plötzlich trocken, als hätte ich seit Tagen nichts mehr getrunken. Über meinen Rücken lief ein Kribbeln, und meine Beine zitterten. Es gab kein Zurück. Ich watete in den Flußlauf und schwamm in der Strömung mit. Dann kletterte ich am Ostufer an Land.
    Es war nicht mehr nötig, daß ich mich an Wege und Straßen hielt.
    Die Berge, dunkel und drohend, zeigten mir die Richtung. Hinter ihnen lagen die Ebene von Yrjar und der Hafen. Ich jagte geduckt über Felder und ließ mir nur im Wald etwas mehr Zeit. Ich entdeckte, daß die Barsks mit ihren langen Beinen und dem schmalen Körper für weite Läufe wie geschaffen waren. Bei Sonnenaufgang befand ich mich in den Vorbergen.
    In der Dämmerung kam ich an die Festung, in der mein ganzes Unglück begonnen hatte. Auch hier sah ich provisorisch errichtete Hütten.
    Während ich dahinhetzte, ließ ich mir noch einmal die Worte der Boten durch den Kopf gehen. Der Mann, der nach Westen geritten war – zweifellos zu Oskolds Hauptquartier –, sollte um Hilfe bitten. Für Osokun und seine Männer? Es hieß, daß Oskold seinen Erben sehr liebte, aber die Reaktion des zweiten Boten verriet mir, daß es zu einem Bruch gekommen war. Oskold hatte Blutschuld für mich angeboten – in anderen Worten, er hatte versucht, den Streit zwischen den Freien Handelsschiffern und seinem Sohn durch das einzig rechtliche Mittel beizulegen, das es gab: Er wollte den Preis für ein Mannschaftsmitglied zahlen. Diese Regelung galt, wenn jemand zu Friedenszeiten unabsichtlich getötet wurde, und sie wurde von der gegnerischen Partei meist verweigert.
    Vielleicht hatte man das Angebot in der Hoffnung gemacht, wir Fremden wüßten nicht genug von den Gesetzen Yiktors. Doch es wunderte mich, daß Oskold meine Hülle überhaupt zurückgegeben hatte. Es wäre

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