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Das Geheimnis der Mondsänger

Das Geheimnis der Mondsänger

Titel: Das Geheimnis der Mondsänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andre Norton
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hatte, war er mir irgendwie logisch erschienen. Sie kannte die Gefahren, o ja, sie kannte sie nur zu gut. Denn die Priester, denen ich zuhörte, sprachen auch von dem anderen, dem Thassa, der hier wohnte. Auch er war in der Hülle eines Tieres herumgestreift, und er war nicht zurückgekehrt.
    So lebte jetzt die leere Menschenhülle im Tal, und von dem Tier sprachen sie nicht.
    Sie hatte schon lange einen Barsk bei ihrer Tierschau haben wollen. Das hatte sie selbst zugegeben. Und ich war naiv in ihre Falle gegangen. Oder hatte sie mich mit ihrer Macht behext, als ich geschwächt war? Doch im Moment war unwichtig, was geschehen war – es ging um die Zukunft. Wo war mein Körper – mein menschlicher Leib? Wenn er überhaupt noch am Leben war …
    Und um das herauszufinden, mußte ich Oskolds Land durchforschen. Was ich tun würde, wenn ich ihn fand, wußte ich nicht. Aber der Wille, ihn aufzuspüren, brannte in mir, und ich konnte nichts dagegen tun. Vielleicht hatte ich schon jetzt den Verstand verloren.
    Hunger und Durst trieben mich voran. Ich folgte meiner Nase. Irgendwo in der Nähe befand sich eine Farm. Ich spürte sie auf und sprang im Zwielicht über den Zaun. Die Tiere witterten mich und waren unruhig, doch ich entkam mit meiner Beute, einem gefiederten Wesen, bevor die Bewohner auf mich aufmerksam wurden.
    Mein neuer Körper hatte einen Vorteil: Ich konnte nachts ausgezeichnet sehen. Und so beschloß ich, mich tagsüber zu verbergen und nachts weiterzulaufen. Ich suchte mir im Morgengrauen eine Nische zwischen einem Felsblock und einem gefallenen Baum und schlief, bis der Mond wieder am Himmel stand. Dann humpelte ich auf wunden Pfoten weiter.
    Die drei Ringe um den Mond waren heute strahlend hell. Ich hob den Kopf, und bevor ich den Impuls unterdrücken konnte, bellte ich los. Das Echo pflanzte sich weit fort. Irgend etwas an diesen Mondstrahlen zog den Blick magisch an, und ich konnte verstehen, daß die Bewohner von Yiktor ihnen psychische Kräfte zuschrieben.
    Ich kehrte zu dem Wasserlauf zurück, den ich unter Tags entdeckt hatte, und wartete, bis ein Tier zur Tränke kam. Ich hatte Glück. Nach kurzer Zeit machte ich meine Beute. Beim Essen warf ich alle menschlichen Manieren ab – ich war Jorth, der Barsk. Dann lief ich weiter auf der Suche nach einem Weg, der mich ins Landesinnere bringen würde.
    Ich entdeckte einen Pfad in Ost-West-Richtung, der durch die Wälder führte. Ich wandte mich nach Westen.
    Oskolds Land schien nicht dicht besiedelt, zumindest nicht in diesem Teil. Noch vor Morgengrauen entdeckte ich eine Festung, ähnlich der, in welcher man mich gefangengehalten hatte. Neben dem Festungsgebäude sah ich niedrige Hütten, die offenbar dafür bestimmt waren, nur vorübergehend Schutz zu bieten.
    Wahrscheinlich handelte es sich um Notunterkünfte für Soldaten, die im Fort keinen Platz mehr fanden. Wachtposten gingen an der Ostfront auf und ab, und die Kasi durften nicht frei grasen, sondern waren angepflockt. Es sah aus, als seien Oskolds Streitkräfte alarmiert. Ich machte einen weiten Bogen um die Festung.
    Je weiter ich dem Weg folgte, desto dichter wurde die Besiedlung. Und es war klug, daß ich mich entschlossen hatte, nachts weiterzulaufen. Die Reaktion der Leute von Yim-Sin und Maelens Worte hatten mir gezeigt, daß der Barsk ein seltenes und äußerst gefürchtetes Tier war. Angenommen, jemand sichtete mich und hetzte mir seine Hunde nach? Ich hatte schon auf mehreren Farmen das Kläffen von Jagdhunden vernommen.
    So ging ich unruhig in dem Dickicht auf und ab, das ich mir als Tagesquartier gewählt hatte. Die Gefahr war groß – aber ich mußte hier im Land bleiben. Denn irgendwo war die Antwort auf meine Fragen, und ich wollte nicht umkehren, bevor ich wußte, wo sich mein Körper befand.
    Ich stahl aus einem abgelegenen Hof noch eines der Federtiere und watete mit der Beute stromabwärts, um von meiner Spur abzulenken. Unter einer Brücke blieb ich schließlich liegen und stillte meinen Hunger.
    Während ich so dalag und mich ausruhte, hörte ich plötzlich das dumpfe Trommeln von Hufen aus zwei verschiedenen Richtungen. Beide Reiter schienen in großer Eile zu sein. Ich duckte mich noch tiefer in die Schatten der Brückenpfeiler und preßte mich dicht an die Uferböschung. Die Reiter mußten dicht an mir vorbeikommen, und vielleicht konnte ich etwas erfahren.
    Das Hufetrommeln verlangsamte sich. Es klang, als zügelten beide Reiter ihre Tiere. Ich kannte nur den Dialekt von

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