Das Geheimnis der Mondsänger
mich war nur, daß ich mich offenem Land näherte. Die Ernte war vorbei, und auf den leeren Feldern erblickte mich jeder Jäger von weitem.
Ich roch Wasser und erinnerte mich, daß ein kleiner Fluß von dem Teich ausging, an dem ich mich ausgeruht hatte. Wenn ich im Wasser watete, würde das meine Spur verwischen? Ich hatte nicht den Instinkt des Barsks, und als Mensch war ich kaum auf der Jagd gewesen.
Aber da ich keine bessere Lösung wußte, stieg ich in das kalte Wasser. Ich war erst ein paar Schritte gewatet, als ein lautes Bellen von meinem früheren Lagerplatz ertönte. Ich erriet, was geschehen war. Die Meute hatte meinen Geruch aufgenommen und aus irgendeinem Grund entschieden, daß sie lieber mich verfolgen wollte.
Es war reine Panik, die mich in die Falle führte. Ich konnte einfach nicht mehr denken. Ich rannte davon, vollkommen kopflos, und dachte nur daran, der Meute zu entkommen. Ich sprang über eine Mauer, lief durch ein Feld und …
Und dann war kein Boden mehr unter den Füßen. Ich fiel und fiel.
12
Sand flog auf, und mein Körper prallte gegen den Boden, daß ich keine Luft mehr bekam. Dann hörte ich wie aus weiter Ferne das Gekläffe der Hunde. Ich wollte mich aufrichten. Meine Sicht war verschwommen, aber allmählich sah ich doch, daß ich mich in einer Fallgrube mit steil ansteigenden Wänden befand.
Ich warf den Kopf zurück und heulte dumpf. Und dieses Heulen brachte das Pack am Rand der Grube für einen Moment zum Schweigen. So erregt sie von der Jagd waren, keiner wagte es, zu mir herunterzuspringen und mich zu bekämpfen.
Dann wurden sie grob zur Seite gestoßen, und Männer sahen in die Tiefe. Einer stieß einen erstaunten Ruf aus, und die anderen schüttelten nur verwundert die Köpfe.
Ich lag keuchend da. Die Männer gingen, bis auf einen, der oben Wache hielt. Dann schlug etwas dumpf in die Tiefe. Ein Gewirr von Schnüren fiel auf mich. Ich sprang auf, und das war genau das, was sie wollten. Denn das Netz wurde angezogen, und ich verstrickte mich hilflos in den Maschen. Sie holten mich nach oben.
Die Hunde schnappten nach mir, aber sie wurden von den Männern abgewehrt, und man warf mich auf einen Bauernkarren. In das Netz gefesselt, brachte man mich zu einer Farm, wo ich in einen dunklen Schuppen gesperrt wurde.
Der Gestank von Mensch und Tier würgte mich. Meine Zunge war strohtrocken. Wasser – nur ein paar Tropfen. Aber niemand kam in meine Nähe, und die Stunden zogen sich dahin.
Ich hatte Schmerzen von dem Sturz, aber das Bedürfnis nach Wasser war am schlimmsten. Schließlich versuchte ich schwach, einen hilfesuchenden Gedanken auszustrahlen.
In meiner Nähe waren andere Gehirne. Aber obwohl ich mit letzter Kraft einem davon einzuhämmern versuchte, daß ich Wasser brauchte und daß ich harmlos war, brachte mir niemand Erleichterung.
Ich wurde vollkommen apathisch. Vielleicht hielten sie mich sogar für tot, als sie viele Stunden später bei Dunkelheit kamen und mich wieder auf einen Karren legten. Wir kamen an einem Teich vorbei, und als ich das Wasser roch, gelang es mir, den Kopf zu heben und ein Heulen auszustoßen. In diesem Moment bekam ich einen Schlag auf den Kopf und verlor das Bewußtsein.
Tag war es, und die helle Sonne stach mir schmerzend in die Augen. Meine Ohren waren wie betäubt von dem Lärm, den ich nicht verstehen konnte. Der Karren stand, und zwei Männer sahen mich an.
»Wasser…« Ich versuchte das Wort zu formen, aber es kam nur ein heiseres, verzweifeltes Heulen von meinen Lippen. Einer der Männer beugte sich dichter herunter, und er sprach den Dialekt von Yrjar, den ich auch kannte.
»Barsk – zehn Credits …«
»Zehn Credits!« schrie der andere. »Wann hast du je einen Barsk hier gesehen? Einen lebenden Barsk!«
»Er lebt vielleicht noch bis zum Sonnenuntergang«, erwiderte der andere. »Und das Fell – es ist rissig. Ich kann es nicht mehr verkaufen.«
»Zwanzig …«
»Zehn.«
Ihre Stimmen wurden zu einem Rauschen, und sie schwankten hinter einem Nebelvorhang, der sich vor meine Augen senkte. Ich ließ mich nur zu gern in das lockende Dunkel sinken, in dem es keine Schmerzen mehr gab.
Aber ich erwachte wieder, als das Netz vom Karren geholt wurde und man mich zu einem dunkleren Ort brachte, an dem es nach verschmutzten Tieren roch. Schon einmal – mein Gedächtnis war ein schwacher Funke – schon einmal hatte ich diesen Gestank in der Nase gehabt. Wann? Wo?
Ein Eisengriff an meiner Kehle …
Schwach
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