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Das Geheimnis der Mondsänger

Das Geheimnis der Mondsänger

Titel: Das Geheimnis der Mondsänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andre Norton
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gewissen Prüfungen unterziehen, damit man sehen kann, ob sie die Begabung haben. Und Maquad war während dieser Zeit getroffen worden, nicht durch eigene Schuld, sondern durch einen jener seltenen Zufälle, die das Schicksal bereit hat. Wir hatten das, was noch lebte, in die Hände von Umphra gegeben, da wir seit langem ein Wandervolk waren und für einen Kranken wie Maquad nicht sorgen konnten.
    »Wann werden wir Bescheid wissen?«
    Er riß mich aus meinen Gedanken. »Sobald der Bote zurückkehrt. Und jetzt komm, ich will dir Orkamor vorstellen.«
    »Weiß er Bescheid?«
    »Ich habe ihm das Nötige gesagt.«
    Aber der Mann, der jetzt ein Barsk war, stand nicht auf, um mir zu folgen. Zu meiner Überraschung las ich ein Gefühl in ihm, das ich nicht verstehen konnte – Scham.
    »Weshalb?« fragte ich ihn.
    »Ich bin ein Mensch. Du hast mich als Mensch gesehen, aber der Priester nicht.«
    Ich konnte immer noch nicht verstehen. Es war einer der Augenblicke, in denen zwei Wesen, die die Fremdheit zwischen sich abgelegt haben, von der Vergangenheit hart auseinandergerissen werden.
    »So etwas kümmert doch Orkamor nicht.«
    »Weshalb nicht?«
    »Glaubst du, du bist der einzige auf Yiktor, der je einen Pelz übergestreift hat und auf vier Pfoten dahingerannt ist?«
    »Du … Das ist schon öfter geschehen?«
    »Hör zu, Krip Vorlund. Bevor ich Sängerin wurde und mein kleines Volk begleitete, lief auch ich eine Zeitlang in einem anderen Körper durch die Berge. Das gehört zu unserer Ausbildung. Orkamor weiß es, ebenso einige andere, mit denen wir näher zusammenkommen. So – nun habe ich dir etwas verraten, das du gegen die Thassa ausnützen könntest. Es würde uns vernichten wie eine Fackel, die man in ein reifes Erntefeld wirft.«
    »Und du – du warst ein Tier?« Zuerst war er schockiert, doch da er Intelligenz besaß und einen offenen Geist, fügte er hinzu: »Aber es stimmt – auf diese Weise kann man wirklich viel lernen.« Und ich spürte, daß er etwas von seiner Unsicherheit verlor, und dachte, ich hätte es ihm schon früher sagen sollen. Aber ich erkannte auch, daß ich es gesagt hatte, um ihn schonend auf den anderen Plan vorzubereiten, falls Orkamors Befürchtungen wahr werden sollten. Nur Maquad durfte er im Moment noch nicht sehen.
    Wir gingen durch die innere Tempelhalle in den kleinen Garten, der dem zerbrechlichen Orkamor Ruhe schenkte.
    Dieser Garten war ein Ort des tiefen Friedens, und er mußte es sein. Denn hier ruhte nicht nur Orkamor in seinem Stuhl aus Hrataholz, das wieder Wurzeln geschlagen hatte, sondern hierher kamen auch jene, für die die Welt zu Ende ging, wenn sie einen geliebten Menschen in Umphras Obhut brachten. Sie alle gingen getröstet fort.
    Orkamor wandte sich um und sah uns an.
    »Der Tag ist neu, ein blankes Blatt, das wir nach unserem Willen beschreiben können.« Es war ein Satz aus dem Glaubensbekenntnis von Umphra. Dann wandte er sich an Krip Vorlund. »Bruder, deine Tage auf Yiktor sind voll beschriebene Blätter.«
    »Du hast recht«, erwiderte der Fremdling.
    Orkamor besaß die Sprache der Gedanken. Er hätte seine Stelle ohne diese Gabe nicht verwalten können. Aber es gab nicht viele seiner Rasse, die diese Fähigkeit hatten.
    »Jeder Mensch kann während seines Lebens soviel lernen, wie er will. Uns sind keine Grenzen gesetzt. Es steht jedoch in unserer Macht, Wissen zurückzuweisen, und wer das tut, nimmt sich selbst sehr viel. Ich habe bisher noch nie mit einem Menschen von einem anderen Planeten gesprochen …«
    »Wir sind wie die anderen Menschen«, erwiderte Krip Vorlund. »Klug und dumm, gut und böse, aufgeschlossen für dieses und unzugänglich für jenes. Wir lachen über Scherze und weinen über tiefe Wunden – tun das nicht alle Menschen, ob sie auf Yiktor oder anderswo leben?«
    »Gewiß. Und es gilt um so mehr für Menschen wie dich, die fremde Orte sehen und Vergleiche ziehen können. Willst du einem alten Mann, der diesen Planeten nie verlassen hat, von den Dingen erzählen, die jenseits unseres Himmels liegen?«
    Orkamor sah mich nicht an, aber ich verstand seinen Wink. Weshalb er allerdings den Fremdling bei sich haben wollte, wußte ich nicht, und es beunruhigte mich ein wenig. Doch ich schob diese Gedanken beiseite, da Orkamor über jeden Zweifel erhaben war. Vermutlich wurde er wirklich von Neugier getrieben.
    Ich stählte mich nun, um das zu tun, was ich am Abend zuvor nicht fertiggebracht hatte – Maquad zu besuchen. Doch davon sei hier

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