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Das Geheimnis der Puppe

Das Geheimnis der Puppe

Titel: Das Geheimnis der Puppe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hammesfahr Petra
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Wahre. Zwei Vorlesungen in Jura, zu trocken. Schließlich Gasthörer in allen möglichen Sälen. In diesem Punkt erging es mir ähnlich wie Laura. Ich wußte nicht genau, was ich werden wollte, sollte oder konnte. Vielleicht war ich einfach zu phlegmatisch, und ganz bestimmt fehlte mir ein Teil der Energie, mit der Laura ihr Leben in Angriff nahm. Aber Gedanken über meine Zukunft machte ich mir schon. Hin und wieder jedenfalls, vor allem nach Besuchen bei meinen Eltern. Und den monatlichen Scheck meines Vaters zog ich stets mit Erleichterung und dem Bewußtsein meiner totalen Unfähigkeit aus dem Postkasten. Mit Schrecken sah ich dem Tag entgegen, an dem dieser Scheck unweigerlich ausbleiben mußte. Als ich zum erstenmal mit Laura zusammentraf, war gerade wieder eine derartige Drohung ausgesprochen worden. Im Geist sah ich mich bereits in der U-Bahn übernachten. Ade, Einzimmer-Appartement mit Kochnische und Dusche. Aus seiner Sicht hatte mein Vater wohl recht. Von einem Dreiundzwanzigjährigen durfte man mehr erwarten. Ich weiß gar nicht mehr genau, wie es kam. Irgendein Werbespruch im Radio vermutlich. Irgendeiner von diesen saublöden Sprüchen, bei denen man sich fragen muß, ob der Verfasser die Menschheit ganz allgemein für geistig minderbemittelt hält. Und ehe ich mir dessen überhaupt bewußt wurde, stand mein Entschluß fest. Ich würde Werbung machen, aber eine vernünftige Werbung. 
    Kleine Kunstwerke, die dem Betrachter oder Zuhörer nur eines suggerierten. Und ganz gewiß nicht, daß er selbst blöd sei. Zur Probe entwarf ich drei flotte Sprüche, die eine bestimmte Kaffeesorte priesen. Und die bot ich dann eben jener Werbeagentur an, in der Laura den Kaffee aufbrühte und so ganz nebenbei den sogenannten Fachleuten aufmerksam über die Schulter schaute. Meine Entwürfe wurden nur müde belächelt. Man nahm sich nicht einmal die Zeit für ein Gespräch. Nur Laura hatte Mitleid. Was mich an ihr vom ersten Tag an so faszinierte, war diese ganz besondere Art von Unbekümmertheit, mit der sie ihre Ziele ansteuerte. In jedem Tag sah sie eine neue Herausforderung. Laura war so fest entschlossen, ein freier und unabhängiger Mensch zu sein, daß sie sich durch keine noch so widrigen Umstände beeindrucken oder gar davon abhalten ließ. Sie konnte zeichnen, sehr gut sogar, doch dieses besondere Talent war damals ihr einziges, wenn man davon absieht, daß sie sich mit einem überaus sensiblen Gespür in andere Menschen hineinversetzte. Und an ihrer späteren Karriere hatte noch eine andere Gabe großen Anteil: Laura besitzt das, was man einen gesunden Menschenverstand nennt. Sie nimmt die Dinge, wie sie gerade kommen, kann sogar dort noch akzeptieren, wo andere an ihrem Verstand zweifeln. Laura denkt immer schnurgeradeaus, keine Kurven, keine Schlenker. Vielleicht harmonieren wir nur deshalb so gut. Wir ergänzen uns in einer fast vollkommenen Weise. Wie ich da stand, von einem lakonischen Nein völlig am Boden zerstört, lud sie mich spontan zum Abendessen ein. Im Hinblick auf ihre bescheidenen Verhältnisse erklärte sie jedoch gleich, große Ansprüche dürfe ich nicht stellen. So verbrachten wir unseren ersten gemeinsamen Abend an einem kleinen Ecktisch bei Mac. Lange Zeit blieb das unser Stammlokal. Ich weiß, die Küche dort wird allgemein herb kritisiert. Doch so schlecht war er nicht, mein Viertelpfünder ohne Käse. Dazu tranken wir Orangensaft, der beständig durch einen Glasbehälter rieselte. Laura erklärte mir, daß damit der Eindruck von Frische erweckt werden sollte. Und da sie einmal dabei war, erklärte sie mir auch gleich einige Grundprinzipien der Werbebranche. Knapp umrissen ließ sich das so ausdrücken: Ein wirklich guter Werbefachmann mußte fundierte Kenntnisse in Psychologie mit ebenso fundierten Kenntnissen in Marktwirtschaft verbinden können. Er mußte verkaufen können, in erster Linie einmal sich selbst. Wenn man Laura lange genug zuhörte, entstand der Eindruck, daß das ganze Leben nichts weiter war als ein riesiges Täuschungsmanöver. Es galt nur, den Schein zu wahren, die Fassade zu polieren, den Leuten das schmackhaft zu machen, was man selbst glauben wollte, ob es den Tatsachen entsprach oder nicht. Und wer als vollwertiges Mitglied der Gesellschaft gelten will, der macht halt ab und an eine Faust in der Tasche. So ungefähr lautete die Bilanz, die wir an unserem ersten Abend zogen. Irgendwie kamen wir darüber auf meine finsteren Zukunftsaussichten zu sprechen, auf die

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