Das Geheimnis der Rose
Teil von mir will nichts mehr, als zu ihm gehen und ihm sagen, wie sehr ich ihn liebe und dass er jedes Opfer wert ist … und der andere Teil von mir will sich so fest an das Theater klammern, dass alles andere in die Brüche gehen kann. Ich hätte mir niemals vorgestellt, dass es so schwierig wäre, diese Wahl zu treffen.«
»Es gibt andere Möglichkeiten«, sagte Logan mit rätselhaftem Gesichtsausdruck.
»Zum Beispiel?«
»Vielleicht werden wir eines Tages darüber sprechen.«
Verwirrt sah Julia ihm nach, als er ging, und lachte kurz auf. Es sah Logan ähnlich, eine geheimnisvolle Aussage zu machen und dann einfach zu gehen. Er war ein vollkommener Schauspieler und wusste genau, wie man die Aufmerksamkeit jedes Publikums gewinnen und fesseln konnte.
Während des langsamen Bummels an den Bücherständen entlang genoss es Julia, wie sich der Duft der frischen Luft mit Leder und Buchstaub mischte. Einige Bände waren neu, andere bereits gebraucht, aber alle enthielten das verlockende Versprechen neuer Welten, in die man entfliehen konnte. Ihre Neuerwerbungen wurden immer zahlreicher, bis ein uneleganter Turm daraus geworden war, der gefährlich in ihren Armen schwankte. Arlyss und Michael schienen sich weniger um das Lesematerial als vielmehr um sich selbst zu kümmern. Sie flüsterten kichernd miteinander, warfen sich vielsagende Blicke zu, tauschten gelegentlich Zärtlichkeiten aus und nahmen offenbar an, niemand beobachte sie.
Obwohl Julia beschlossen hatte, dass sie genug Bücher gekauft hatte, fiel ihr noch ein weiteres mit einem purpurfarbenen und goldgeprägten Einband auf, und sie öffnete das dicke Buch. Während sie die ersten Seiten durchblätterte, hörte sie eine recht vertraute Stimme. Erschreckt horchte sie auf und blickte durch ihren Schleier, bis sie den Sprecher entdeckte.
Julias Herz tat einen Sprung, als eine große dunkle Gestalt ein paar Stände weiter in Sicht kam, ein Mann mit rabenschwarzen Haaren und einem auffallend scharfen Profil. Damon, dachte sie sofort … aber es war nicht ihr Mann. Es war sein jüngerer Bruder, Lord William. Die, Stapel von Büchern um ihn herum schienen ihn wenig zu begeistern, denn er beschwerte sich bei einem unsichtbaren Gefährten, dass man nun allmählich gehen solle. »Ich hatte mir Besseres vorgestellt, als nach Büchern zu jagen«, sagte er gereizt. »Hast du inzwischen nicht genug von den verdammten Dingern gesehen, Bruder?«
Damon war also doch hier! Julias Blick erfasste die Szene, und sie entdeckte seine unverkennbare breitschultrige Gestalt sofort. Offenbar hatte die Intensität ihres Blicks sie verraten, denn er drehte sich mit einer plötzlichen Bewegung um und sah sie an. In seinen Augen flackerte ein blitzschnelles Erkennen auf. Blindlings wandte sich Julia wieder dem Tisch mit den Büchern zu, während ihr das Herz heftig in der Brust pochte. Sie hielt den schweren Stapel Bücher dicht an den Körper gedrückt und wartete mit halbgeschlossenen Augen, während sie wie wahnsinnig überlegte, ob er wohl auf sie zu käme.
Dann spürte sie ihn hinter sich stehen. Er war ganz nahe, berührte sie, jedoch nicht, und sein Atem bewegte den Schleier, der von der schmalen Krempe ihres Huts floss. Er sprach mit einem Flüstern, das bei dem geschäftigen Gemurmel der Menschen ringsum kaum zu verstehen war. Die Weichheit seiner Stimme erinnerte Julia an die intimen Gespräche, die sie in ihrer letzten gemeinsamen Nacht geführt hatten. »Wie war dein Besuch in Buckinghamshire?«
Julia wollte ihn ansehen, aber ihre Füße schienen wie angewurzelt. Ein Wortschwall wollte sich über ihre Lippen drängen, aber irgendwie gelang es ihr, ihn zurückzuhalten und ruhig zu antworten. »Mein Vater hatte schlimmes Fieber. Sobald ich es erfuhr, bin ich zu ihm gereist.«
»Dein Vater«, wiederholte er, und seine Stimme klang erstaunt. »Ich dachte, es sei Lady Hargate gewesen …«
»Nein, sie ist wohlauf. Sie kümmert sich um Vater, und ihm scheint es jetzt viel besser zu gehen. Er und ich haben eine Art … Waffenstillstand geschlossen.« Julia spürte seine Hand auf ihrem Arm, da er sie zu sich umdrehen wollte, damit sie ihn ansähe. Sie folgte der Aufforderung und umklammerte immer noch den Stapel mit den Büchern. Durch ihren Schleier sah sie das leuchtende Grau seiner Augen. Sein Gesichtsausdruck war zurückhaltend.
»Das freut mich für dich«, sagte Damon ruhig. »Es hat ja lange gedauert. Zweifellos war es für ihn eine ähnliche Erleichterung wie
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