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Das Geheimnis der Rose

Das Geheimnis der Rose

Titel: Das Geheimnis der Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Kleypas
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Aber aus irgendeinem Grund war dieses Gefühl jetzt durch Traurigkeit getrübt. Sie fühlte sich beinahe wie ein kleines Mädchen, das ein wunderschön eingepacktes Geschenk öffnet und feststellt, dass die Schachtel leer ist.
    »Wie lange wird mein Leben auf der Bühne dauern?« fragte sie und sprach eigentlich zu sich selbst. »Werde ich noch zehn Jahre haben? Oder vielleicht zwanzig?«
    Logan trat zu ihr, stellte sich neben sie und sah sie kritisch an. »Sie werden noch viel Zeit haben, vermute ich. Mit zunehmendem Alter werden Sie bei Ihrem Talent die Reife finden, andere Rollen zu spielen, darunter ernsthafte und bedeutende Charakterrollen.«
    Ein trostloses Lächeln spielte um ihre Lippen. »Ich frage mich nur, ob mir das reichen wird.«
    »Sie sind die einzige, die diese Frage beantworten kann.«
    Gemeinsam warteten sie schweigend darauf, dass der Vorhang sich öffnete, dass das wirkliche Leben verbannt wurde und die Illusion begann.
    Die Vorstellung schien mit blitzartiger Geschwindigkeit vorüberzugehen. Zwei Stunden lang floß eine Szene in die nächste, alles verband sich zu einem nahtlosen Ganzen. Wenn Julia nicht auf der Bühne stand oder Kostüme wechseln musste, wartete sie ungeduldig in den Seitenkulissen, den Blick auf die Handlung geheftet, die das Publikum fesselte. Wenn sie auf den Brettern stand, ihren Text sprach, hatte sie das Gefühl, als könne sie der Luft Zauber entlocken. Sie spürte, wie die Menge an jedem ihrer Worte hing, und wie die Blicke jeder Geste, jeder Kopfbewegung folgten.
    Julia wusste, dass sie mit Logan noch niemals so gut gespielt hatte. Ihre Szenen strömten über vor Gefühl und barsten vor Humor und Sehnsucht. Eine Zeitlang hörte sie auf, Julia zu sein. Sie hegte keinen anderen Gedanken als den an das Stück, hatte keine Gefühle außer denen, die sie in sich hervorrief, um das Publikum zu unterhalten.
    Als der letzte Vorhang fiel, wusste sie, dass sie die Erwartungen der anderen erfüllt hatte, dass sie ihre Rolle nach ihren besten Möglichkeiten gespielt hatte. Triumphierend ließ sie sich von Logan vor den Vorhang ziehen, um einen wahren Sturm aus Beifall und Jubel entgegenzunehmen.
    Ihr Gesicht glühte, und sie sank in einen Knicks, um ihre Dankbarkeit zu zeigen. Der Applaus dauerte minutenlang an, bis sie schließlich in die Seitenkulisse trat, um zu entfliehen. Logan wollte sie nicht gehen lassen, nahm ihre Hand und zog sie wieder auf die Bühne, als die begeisterten Rufe noch lauter wurden. Blumen und kleine Geschenke wurden auf die Bühne geworfen und lagen dort zuhauf. Logan bückte sich, um eine weiße Rose aufzuheben, und reichte die Blüte an Julia weiter. Sie schloss die Finger um den langen Stiel und knickste, bevor sie trotz der vielen Stimmen, die sie zum Bleiben bewegen wollten, endgültig abging.
    Die anderen Schauspieler und Mitarbeiter brachen in lauten jubel aus, so dass sie verlegen auflachte. Ihr Mädchen Betsy begleitete sie anschließend zu ihrer Garderobe.
    »Da steht ein Krug mit Limonade für Sie«, sagte Betsy und ging zur Tür, da sie wusste, dass Julia nach einer Vorstellung gern ein paar Minuten allein war. »Ich komme gleich wieder, um mich um Ihr Kostüm zu kümmern.«
    »Danke«, sagte Julia und seufzte erleichtert, als sie den Frieden und die Ruhe in dem kleinen Zimmer spürte. Sie stand vor dem Spiegel und schnürte das Oberteil ihres Kleides auf. Jetzt, da das Hochgefühl der Vorstellung verschwand, fühlte sie sich erschöpft. Unter den Armen zeigten sich Schweißflecken, und die Farbe auf den Wangen begannen zu verlaufen und zu verschmieren.
    Während sie ihr Spiegelbild betrachtete, sah sie, wie eine dunkle Gestalt in den Raum glitt. Erschreckt fuhr sie herum und atmete schwach aus, als Damon vor ihr stand.
    Sie hatte nicht erwartet, ihn an diesem Abend zu sehen. Was immer er von der Vorstellung halten mochte, es war weder Freude noch Stolz. Seine Wangenknochen waren gerötet, ebenso der Sattel seiner Nase, und seine grauen Augen strahlten hitzig. Er war wütend auf sie … und ihr würde die beißende Schärfe seines Zorns nicht erspart bleiben.

Kapitel 11
    Julia sah ihren Ehemann mit stiller Verwunderung an und leistete keinen Widerstand, als er mit zwei großen Schritten auf sie zukam und sie gegen den Spiegel drückte. Eine Hand packte ihren Arm, und die Finger der anderen legten sich um ihr Kinn.
    »Ich dachte, du würdest heute abend nach London abreisen«, brachte sie mühsam hervor.
    »Erst musste ich dich sehen.«
    »Du

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