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Das Geheimnis der Rosenkreuzerin

Das Geheimnis der Rosenkreuzerin

Titel: Das Geheimnis der Rosenkreuzerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Klausen
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erkennen. In ihren Schläfen pochte die drängende Frage, wer die fremde Frau und der Junge waren und in welcher Beziehung sie zu ihrem Großvater gestanden haben mochten. Plötzlich trafen sich ihre Blicke mit denen des jungen Mannes. Warum sie darüber erschrak, wusste sie nicht. Sie fühlte sich von ihm angezogen und abgestoßen zugleich. Sein Gesicht war schmal, die Haut blass, einzig die Augen strahlten blau und starr wie Puppenaugen. Für sich gab sie dem Jungen den Namen »der schreckliche Alfons«. Wie sie auf diesen Namen gekommen war, vermochte sie nicht zu sagen. Sie hatte aber gefunden, dass Alfons zu ihm passte.
    Der Brief hatte Martas Neugier geweckt. Nachdem sie Benjamin zu Bett gebracht, ihm verständnisvoll zugeredet hatte, einfach rechtzeitig wach zu werden, wenn er zur Toilette müsse, und ihm anschließend eine lange Geschichte vorgelesen hatte, begann sie, im Internet zu recherchieren. Das Haus befand sich an der Straße nach Nürnberg und war von einem sehr großen Grundstück umgeben. Ihr kam eine Idee. Kurz entschlossen buchte sie in Altdorf ein Dreibettzimmer für die nächsten Tage.
    Katharina reagierte ablehnend. »Was sagst du denen in der Schule?«, erkundigte sie sich maliziös.
    »Dass ihr einen Infekt auskurieren müsst.«
    »Das ist gelogen«, genoss das Mädchen die Situation, ihre Mutter ins Unrecht setzen zu können.
    »So falsch ist es nicht, auch wenn es sich um keinen grippalen Infekt handelt.« Als Katharina merkte, dass sie auf diesem Weg nicht weiterkam, maulte sie, sie hätte keinen Bock auf ein Kuhdorf, wo sie sicher vor Lange weile sterben würde. Es nützte nichts, dass Marta ihr ent gegenhielt, Altdorf sei eine Stadt und habe früher sogar eine Universität besessen.
    »Seit wann interessierst du dich denn für Geschichte?«, konterte Katharina böse.
    »Pack lieber deine Sachen. Wenn du es morgen früh machst, vergisst du die Hälfte.«
    »Diese ganze Idee ist doch zum Vergessen! Andere Leute fliegen bei diesem Sauwetter in die Karibik oder nach Lanzarote oder Mallorca. London, New York oder Paris gingen doch auch! Aber Altdorf? Das kann ich kei nem Menschen erzählen, das ist so peinlich«, schimpfte Katharina und verdrehte vor Empörung so sehr die Augen, dass Marta schon befürchtete, sie könnten für immer so stehen bleiben. Dann zog sie sich mit lautem Türenschlagen in ihr Zimmer zurück.
    Als sie Katharinas Zimmertür leise und vorsichtig schloss, spürte sie das Klopfen ihres Herzens. Nach Altdorf zu reisen, war bei Lichte besehen eine Schnapsidee, vielleicht auch eine Flucht, die sie sich nicht eingestand, aber tief in ihrem Innern sagte ihr etwas, dass sich ihr Leben ändern würde.
    Kaum hatte sie sich in ihr Bett gekuschelt und waren ihre schweren Augenlider zugefallen, da stürzten wieder bedrückende und fremde Bilder auf sie ein …

Kapitel 4
    A llmählich gewöhnte sich Myriam an ihren neuen Namen Maria und an das Leben bei den Beginen, während David, der sich bei Johannes im Kloster der Dominikaner perfekt eingelebt hatte, so konsequent auf den Namen Christian hörte, dass die Kinder ihre Geburtsnamen fast vergaßen.
    Unter der Anleitung Mechthilds von Helfta und des Dominikaners Bruder Johannes drang sie in die Geheimnisse des christlichen Glaubens ein. Besonders liebte Maria diese Unterweisungen, wenn sie gemeinsam mit ihrem Bruder stattfanden. Nachdem eine gewisse Zeit ins Land gegangen war und niemand mehr nach den Kindern des Rabbiners suchte, weil man sie allenthalben für tot hielt, trafen sich Bruder und Schwester regelmäßig.
    Bei allem Wissensdurst, den Maria zu stillen versuch te, fand sie dennoch keine Erklärung für das Massaker, das die Christen an den Juden verübt hatten. Diese Grausamkeit blieb ihr unverständlich, zumal sich das Christentum eine Religion der Liebe nannte und Jesus Nachsicht und Vergebung, Friedfertigkeit und Barmherzigkeit gepredigt hatte. Und war Gottes Sohn nicht von Geburt Jude, König Davids Stamm entsprossen? Hatte dieser Jesus, oder auf Hebräisch Jeschua, nicht angeblich im Namen Gottes gepredigt: In meines Vaters Haus sind viele Wohnungen?
    Johannes hatte Recht, wenn er lehrte, dass alles darauf ankäme, den eigenen, den individuellen Weg zu Gott zu finden.
    Immer häufiger stellten die Geschwister gemeinsame Studien an oder diskutierten eifrig über das, was sie gelesen oder von ihren Lehrmeistern gehört hatten. So, wie sie die Welt kennengelernt hatten, konnte sie unmöglich Gottes Welt sein. Der

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