Das Geheimnis der Rosenkreuzerin
….«
Vier Tage später kehrten sie erschöpft nach Altendorf zurück. Das beschauliche Städtchen und ihre schmucke Gründerzeitvilla kamen ihr jetzt vor wie eine andere Welt.
Epilog
A ls Benjamin sein Kinderzimmer betrat, lächelte er selig. Marta ging das Herz auf. Nun spürte sie, wie die Ängste allmählich zerstoben. Doch da fiel ihre Tochter ihr überraschend um den Hals. Wie lange hatte sie das schon nicht mehr getan? Seit der Scheidung nicht ein Mal. »Ich habe immer gewusst, dass du uns rausholen wirst«, flüsterte sie ihr zu. Dann machte sie sich schnell los. »So, und jetzt will ich erst mal mit meinen Freunden chatten!«, sprach’s und verschwand in ihr Zimmer.
Jetzt, wo die Kinder beschäftigt waren, hatten Marta und Alfonso etwas Ruhe und setzten sich ins Wohnzimmer.
»Und nun?«, fragte sie.
»Du bist die Erbin, aber ich nehme an, dass du die Erbschaft nicht antreten willst.« Marta nickte. Er erhob sich. »Du bist mir ein paar Erklärungen schuldig, findest du nicht?!«, sagte sie streng zu ihm. Alfonso dachte nach. Schließlich rang er sich durch, bat sie, niemals darüber zu reden, und begann zu erzählen: »Die Version der Geschichte, die ich kenne, hat sich als nicht vollständig erwiesen, den anderen Teil kennst du. Laut unseren Manifesten begab sich Christian Rosenkreuz tatsächlich auf die Wallfahrt nach Jerusalem. Sein geistlicher Führer starb auf Zypern. In Damaskus erkrankte er, brach die Pilgerfahrt ab und begab sich zu den Weisen nach Damcar, um von ihnen zu lernen. Um sein Wissen zu erweitern, ließ er sich in Kairo in den medizinischen Wissenschaften und in Fès in Magie unterrichten. Allerdings, und hier weicht die Fassung, die ich kenne, von dem ab, was du gesehen hast, wurde er nicht von Sarazenen entführt, sondern traf wohlbehalten in Spanien ein. Dort wurde er von spanischen Juden in der Kabbala unterrichtet, bevor er wieder nach Deutschland zurückkehrte. Weder in Spanien noch in Frankreich, auch nicht in Deutschland war man interessiert an seinen Vorschlägen, um das Leben der Menschen zu verbessern. Also gründete er einen geheimen Orden und weihte die Mitglieder in das geheime Wissen ein, das er empfangen hat te. Die Aufgabe der Rosenkreuzer bestand fortan darin, dafür zu wirken, die Welt besser zu machen. Für das Gu te muss man kämpfen. Auch wenn man nicht siegen wird, so wird man aber verhindern, dass es untergeht und das Böse seine unumschränkte Herrschaft antritt. Das Amt des Großmeisters wurde in unserer Familie vererbt. Als die fidawiyya wieder erstarkten und sie nach dem Geheimnis griffen, beschloss dein Großvater, im Verborgenen weiterzuleben, und ließ sich offiziell in Hamburg begraben. Von Altdorf und vom Schwarzwald aus leitete er den Orden. Er wollte dich immer aus der Geschichte heraushalten, als er aber Hasan in die Fänge geriet, musste er das Geheimnis weitergeben. Nur der Erbe konnte es empfangen, und der bist du und nicht ich. Leider! Also versenkte er es in die Tiefen deines Bewusstseins, bevor er in den Tod sprang. Seitdem war Hasan hinter dir her, und ich habe versucht, dich zu schützen.«
Er war schon fast aus der Tür, als sie zu ihm ging und ihm einen Kuss auf die Wange gab. »Tut mir leid, dass ich aus der Art geschlagen bin.«
»Bist du? In unserem Manifest hat Christian Rosenkreuz als erste Aufgabe für alle Rosenkreuzer festgelegt: Keiner soll sich einer anderen Beschäftigung hingeben als Kranke pflegen. Die medizinische Wissenschaft wird als vornehmste und Paracelsus, der gute Arzt schlechthin, als Wohltäter der Menschheit angesehen.«
Alfonso lächelte zum Abschied sein schönes, bubenhaftes Alfonsolächeln, während sie ihm zurief: »Pass auf dich auf.« Aber da war er schon weg. Und sie war mit ihren Kindern allein.
Zwei Tage später leistete sie einer Aufforderung des Jugendamtes Folge und erschien dort mit Benjamin und Katharina. Alexander Rubin traf mit seinem Anwalt und teuren Geschenken für die Kinder ein. Marta aber belegte, dass sie mit ihren Kindern einen kleinen Urlaub unternommen hatte, und schob der Jugendamtsleiterin den unverschämten Brief Alexander Rubins zu, der nicht einmal bereit war, Termine abzustimmen, sondern sie kurzfristig und diktatorisch nach seinem Gusto festlegte. Bevor Rubins Anwalt protestieren konnte, packte Marta eine Aufstellung auf den Tisch, die dokumentierte, wie säumig und widerwillig Alexander Rubin seinen Unterhaltspflichten nachgekommen war. Die Jugendamtsleiterin vertiefte sich
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