Das Geheimnis der rotgelben Spinne
über euren Besuch Bescheid. Fahrkarten und Fahrplan anbei. Mit Tinis Mutter habe ich bereits telefoniert, sie ist einverstanden. Sie lässt euch sagen, am liebsten wäre sie mitgefahren. Leider hat sie mit ihren Pensionsgästen alle Hände voll zu tun. Bis Kapitän Paulsen wieder an Land kommt und selbst zu Hause nach dem Rechten sehen kann, vergeht noch eine ganze Weile. Also: nicht traurig sein, dass alles anders gekommen ist als geplant. Ich wünsche euch von Herzen schöne Ferien! Und die nächsten Ferien verbringen wir bestimmt gemeinsam. Großes Ehrenwort! Alles Liebe! Eure Mutti’.“
Tini stupste Tina freundschaftlich an.
„Nun mach nicht so ein Gesicht! Ist doch gar nicht so schlecht! Und wenn uns nichts Besseres einfällt, rücken wir den Berggeistern auf den Pelz!“
„Ja... schon. Ach, ich glaube, ich bin einfach enttäuscht, dass ich Mutti so lange nicht sehe. Und ich hatte mich so auf Verona gefreut! Und auf Feldham natürlich auch.“
Tina vergrub die Hände in ihrem dunklen Schopf und starrte finster vor sich hin.
„Ach was“, tröstete Tini sie, „die Hauptsache ist doch, dass bald Ferien sind und dass uns das Internat dann nur noch von hinten sieht. Der Rest wird sich finden. Nun komm, wir suchen Tobbi und jubeln ihm die Nachricht schön langsam in kleinen Appetithäppchen unter.“
Die Aussicht, ihren großen Bruder ein wenig auf die Folter spannen zu können, erheiterte Tina augenblicklich.
Sie fanden Tobbi auf dem Sportplatz, wo er mit einigen Klassenkameraden dem Hockey-Training der Kleinen zusah und fachmännisch die Leistungen der eifrigen Nachwuchsspieler kommentierte.
„Hier bist du!“, sagte Tina gedehnt und ließ sich neben dem Bruder auf der Bank nieder. „Da hat man die sensationellsten Neuigkeiten und der Herr ist nirgends zu finden!“
„Stör mich jetzt nicht, ich muss... sagtest du Neuigkeiten?“
„So ist es.“
„Gute?“
„Eine schlechte und eine gute.“
„Dann sag mir zuerst die schlechte.“
„Du musst raten.“
„Ach nein! Nicht schon wieder, Tina! Das nervt!“
„Rate!“
„Du hast eine Sechs in Französisch.“
„Falsch.“
„Du hast meinen neuen Füller kaputtgemacht.“
„Das ist mir leider nicht gelungen.“
„Du hast mein Fahrrad benutzt und es ist hin.“
„Warum denkst du immer nur an so etwas?“
„Wenn es doch eine schlechte Nachricht sein soll? Dann sag mir eben erst die gute!“
„Du sollst raten!“
„Das muss eine fixe Idee von dir sein! Gib mir wenigstens einen Tip!“
„Die schlechte hat mit einem Haufen Kluge-Reden-Halten der Männer zu tun und die gute mit einem schwarzen Wasser in tiefer Einsamkeit.“
„Du bist wegen ungebührlichen Verhaltens und schlechter Noten vor das Lehrerkollegium geladen worden und sie haben dir noch mal verziehen. Damit du in dich gehst, haben sie dich in eine einsame Zelle gesteckt und dir zum Trost eine Kanne Schokolade mitgegeben.“
Tina und Tini sahen sich an und prusteten so laut los, dass der Torwart irritiert zu ihnen hinüberschaute und es dem kleinen Brömmer gelang für seine Mannschaft das erste Tor zu schießen.
„Da siehst du, was ihr mit eurem Quatsch anrichtet! Behalte deine Neuigkeiten doch für dich!“, brummte Tobbi wütend. Der Auftritt war im peinlich.
„Komm, sei kein Spielverderber, großer Bruder“, schmeichelte Tina. „Die Neuigkeiten haben nichts mit der Schule zu tun!“
„Etwa mit den Ferien?“, fragte Tobbi, nun doch alarmiert.
„Stimmt.“
„Eine schlechte Nachricht? Unsere Fahrt nach Verona ist doch nicht etwa geplatzt?“
„Doch, das ist sie. Leider.“
„Mist!“
„Habe ich auch gesagt.“
„Na ja, zu Hause bleiben ist auch mal wieder ganz schön. Wir sind so selten in Feldham ! Das soll uns die Ferien nicht vermiesen. Wahrscheinlich hat Mutti mal wieder keinen Urlaub bekommen. Hauptsache, wir sind mit ihr zusammen.“
„Das ist es ja gerade“, seufzte Tina. „Wir werden Mutti überhaupt nicht sehen!“
„Was? Warum denn nicht?“
„Vati hat sie eingeladen, sich mit ihm auf einem Kongress in London zu treffen, auf dem er einen Vortrag halten soll.“
„Und wir dürfen nicht mit?“, empörte sich Tobbi. „Das ist ja die Höhe! Ich meine... nicht, dass ich es Mutti nicht gönne. Aber uns einfach mutterseelenallein zu Hause sitzen zu lassen...“
„Wer sagt, dass wir zu Hause sitzen müssen? Du hast die gute Nachricht noch nicht erraten!“, mischte sich Tini ein.
„Ach so, natürlich!“ Tobbis Gesicht
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