Das Geheimnis der rotgelben Spinne
schön!“, rief Tina. „Das sieht ja aus wie im Märchen! Als wäre die Zeit vor hundert Jahren stehen geblieben.“
„Schön ist es wirklich, unser Schwarzbachbruck “, sagte Anselm geschmeichelt. „Allerdings täuscht der erste Eindruck ein wenig. Das zwanzigste Jahrhundert hat auch vor unserem Dorf nicht Halt gemacht. Seht ihr...“
Er hatte noch nicht zu Ende gesprochen, da überholte sie ein Lastwagen mit heulendem Motor und hüllte sie in eine dicke Staubwolke.
„Ferkel!“, schimpfte Tini.
„Alter Saubär!“, brummte Anselm.
„Frechheit!“, sagten Tina und Tobbi im Chor. „Wer ist das? Einer aus dem Dorf?“
„Der nicht, nein. Das ist der Herr Sauwieser . Immobilien, außerdem handelt er sonst noch mit allem möglichen Zeug, wenn es nur Geld bringt. Alte Möbel, die er den Bauern abschwatzt, Antiquitäten oder was er dafür hält, was weiß ich. Kein sehr sympathischer Typ, wenn ihr mich fragt.“
„Und die Leute hier, sind sie nett?“
„Sie sind nicht anders als bei euch auch. Es gibt nette und weniger angenehme Leute.“
„Bist du schon lange fort aus dem Dorf?“, erkundigte sich Tini.
„Zwei Jahre.“
„Und was studierst du?“
„Zoologie. Ich möchte mich später mal auf Artenschutz spezialisieren.“
„Artenschutz?“
„Ja. Ihr habt sicher schon davon gehört, dass viele Tierarten vom Aussterben bedroht sind und nur durch strenge Schutzmaßnahmen erhalten werden können. Von manchen Tierarten gibt es nur noch wenige Exemplare. Man versucht durch Züchtung die Überlebenschancen dieser Arten zu verbessern. Das ist dort schwierig, wo den Tieren der Lebensraum genommen worden ist. Denkt zum Beispiel an die Störche. Da rät der Artenschutz erst mal wieder genug Lebensraum zu schaffen. Ich könnte euch eine ganze Menge Fälle nennen! Vielleicht unterhalten wir uns mal darüber, wenn ihr Lust habt. Jetzt müssen wir erst mal Wachtmeister Dinkelmayer unsere Aufwartung machen, damit ihr zu eurem Schlüssel kommt und die Hütte noch vor Einbruch der Dunkelheit erreicht.“
Anselm hatte vor einem gelb gestrichenen Gebäude gegenüber der Kirche gehalten, über dessen Tür ein Schild mit der Aufschrift Landpolizei angebracht war. Tina, Tini und Tobbi krochen aus dem Wagen und streckten die steif gewordenen Glieder. Es war etwas zu eng gewesen in Anselms Mehrzweck-Karosse, wie er sein Auto nannte, und ein paar blaue Flecken hatten sie auch abbekommen. Nun folgten sie Anselm in das Gebäude.
„Hier geht’s rein! Kommt!“
Anselm klopfte kurz an die Tür und betrat gleich darauf den hohen Raum, dessen knarrender Parkettfußboden verriet, dass das Haus einmal bessere Tage gesehen hatte. Zu den Spiegeln an den Wänden und den pausbäckigen Engelchen an der Stuckdecke wollten die nüchternen Büromöbel nicht recht passen und noch weniger der massige Wachtmeister Dinkelmayer , der ächzend an einer alten Schreibmaschine saß und im Zweifingersystem ein Protokoll tippte. Erfreut über die Störung, sprang er auf.
„Hier bringe ich Ihnen die drei Gäste von Doktor Kerner“, sagte Anselm und schüttelte dem Polizisten die Hand. „Dies sind Tina und Tobbi Greiling und Tini Paulsen. Die drei möchten den Schlüssel zur Hütte holen.“
„Freut mich, freut mich, habe sie schon erwartet!“ Wachtmeister Dinkelmayer drückte jedem kräftig die Hand. „Angenehm, Dinkelmayer “, sagte er jedes Mal und musterte neugierig die jungen Feriengäste. „Gute Reise gehabt? Na, es wird euch sicher gefallen hier in unserem schönen Schwarzbachbruck . Kommt sicher aus der Großstadt, wie?“
„Eigentlich nicht. Wir kommen aus dem Internat Bergheim. Und wohnen tun wir in Feldham . Aber es gefällt uns sehr gut hier“, sagte Tina höflich. „Das werden bestimmt wunderschöne Ferien.“
„Das will ich hoffen. So, hier haben wir den Schlüssel. Am Ende der Ferien gebt ihr ihn dann wieder bei mir ab. Und wenn ich euch sonst behilflich sein kann, ihr könnt jederzeit zu mir kommen.“
„Danke schön, das tun wir gern!“
„Außerdem bin ich ja auch noch da“, meldete sich Anselm zu Wort. „Ich zeige euch jetzt das Dorf, vor allem, wo ihr einkaufen könnt. Und dann fahre ich euch bis zur Alm hinauf.“
„Da habt ihr gleich einen guten Freund und Helfer gefunden“, sagte der Wachtmeister. „An den könnt ihr euch halten. Wie geht’s denn immer so, Anselm? Was macht das Studium?“
Mit Besorgnis stellten Tina und Tini fest, dass dem Herrn Dinkelmayer der Sinn nach einem ausgedehnten
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