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Das Geheimnis der Schnallenschuhe

Das Geheimnis der Schnallenschuhe

Titel: Das Geheimnis der Schnallenschuhe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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Indien nach England auf dem gleichen Schiff gereist wie Amberiotis. Aber da sie in der zweiten und er in der ersten Klasse gefahren ist, glaube ich nicht, dass viel dahintersteckt. Allerdings bildet sich einer der Kellner im Savoy ein, sie und Amberiotis ungefähr eine Woche vor dessen Tod zusammen gesehen zu haben.»
    «Es könnte also eine Verbindung zwischen den beiden bestanden haben?»
    «Möglicherweise – aber für wahrscheinlich halte ich es nicht. Ich kann mir nicht vorstellen, dass eine Missionsdame sich auf dunkle Machenschaften einlässt.»
    «Hatte Amberiotis sich auf – wie Sie sich ausdrücken – ‹dunkle Machenschaften› eingelassen?», fragte Poirot.
    «Ja.»
    «Das wissen Sie bestimmt?»
    «Ja. Natürlich – die Schmutzarbeit hat er nicht selbst gemacht. Wir hätten ihm nichts anhaben können. Organisieren und Berichte anfordern – das war seine Spezialität.»
    Japp machte eine Pause und fuhr dann fort: «Aber das bringt uns mit der Sainsbury Seale nicht weiter. Die konnte nicht zu diesen Leuten gehören.»
    «Denken Sie daran, dass sie in Indien gelebt hat. Dort hat es letztes Jahr eine Menge Unruhen gegeben.»
    «Amberiotis und die tugendhafte Miss Sainsbury Seale – ich bin einfach nicht imstande, mir die beiden als Partner vorzustellen.»
    «Wussten Sie, dass Miss Sainsbury Seale mit der verstorbenen Mrs Alistair Blunt eng befreundet war?»
    «Wer behauptet das? Kann ich nicht glauben. Ganz verschiedene soziale Schichten.»
    «Sie hat es selbst behauptet.»
    «Und wem gegenüber?»
    «Alistair Blunt.»
    «Ah – so ist das gewesen! Nun, er ist ja wohl gewöhnt, dass ihm solche Sachen erzählt werden. Meinen Sie, Amberiotis habe die Seale irgendwie vorgeschoben? Das hätte zu nichts geführt. Blunt hätte sie mit ein paar Pfund für wohltätige Zwecke abgespeist. Hätte sie niemals zu sich eingeladen oder so etwas Ähnliches. So naiv ist er schließlich auch nicht.»
    Das war von so stringenter Logik, dass Poirot ihm nur beipflichten konnte.
    «Und dennoch», fuhr Japp fort, «ist die Seale ein Mensch aus Fleisch und Blut – ich meine: Manchmal stößt man sozusagen auf eine Attrappe, auf jemanden, der sich beispielsweise für Miss Spinks ausgibt, ohne dass diese Miss Spinks in Wirklichkeit existiert. Aber diese Frau ist echt, hat eine Vergangenheit und einen realen Hintergrund. Wir wissen alles über sie, von ihrer Kindheit angefangen. Sie hat ein vollkommen normales, nachvollziehbares Leben geführt – und auf einmal: Hokuspokus verschwindibus!»
    «Das muss einen Grund haben», sagte Poirot.
    «Den Morley hat sie nicht erschossen – falls Sie das meinen sollten. Amberiotis hat ihn höchst lebendig gesehen, nachdem sie schon fort war, und wir haben die Wege überprüft, die sie nach dem Verlassen der Queen Charlotte Street gegangen ist.»
    Poirot unterbrach ungeduldig: «Ich behaupte keinen Augenblick, dass sie Morley erschossen hat – natürlich hat sie das nicht getan. Aber trotzdem…»
    Japp sagte: «Wenn Ihre Theorie stimmt, dass Morley ermordet worden ist, dann ist es viel wahrscheinlicher, dass er etwas zu ihr gesagt hat, was – ohne dass sie es wusste – auf die Spur seines Mörders führt. In diesem Fall könnte es sein, dass sie absichtlich aus dem Weg geräumt worden ist.»
    Poirot sagte: «All das setzt eine Organisation voraus – irgendeinen Apparat, der in keinem Verhältnis zum Tod eines unauffälligen Zahnarztes in der Queen Charlotte Street steht.»
    «Sie müssen nicht alles glauben, was Reginald Barnes Ihnen erzählt! Er ist ein komischer Vogel – sieht überall Spione und Verräter.»
    Japp stand auf, und Poirot sagte: «Verständigen Sie mich, wenn Sie etwas Neues hören.»
    Als Japp gegangen war, blieb Poirot stirnrunzelnd am Tisch sitzen. Er hatte das sichere Gefühl, auf etwas zu warten. Aber auf was?
    Er erinnerte sich, dass er schon früher einmal so dagesessen und einige Vorgänge und Namen aufgeschrieben hatte.
    Draußen vor dem Fenster war ein Vogel vorbeigeflogen, einen Zweig im Schnabel.
    Auch er hatte Zweige zusammengesucht. Nun lagen sie vor ihm – eine ganze Reihe. Jeder einzelne Zweig hatte seinen Platz in Poirots säuberlich registrierendem Gehirn – aber er hatte noch nicht versucht, Ordnung in die Zweige zu bringen. Das war der nächste Schritt: die Zweige ordnen.
    Was hielt ihn davon ab? Er wusste die Antwort: Er wartete auf etwas. Auf etwas Unvermeidliches, Vorbestimmtes – auf das nächste Glied in der Kette. Wenn es eintrat, dann –

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