Das Geheimnis der Schnallenschuhe
gemacht haben, und da wollte er eben Krach schlagen. Deshalb ist er in die Queen Charlotte Street gegangen, um sich mit Mr Morley auseinanderzusetzen, denn Frank ist sehr empfindlich und war furchtbar zornig darüber, dass Mr Morley ihn nicht anerkannte und – wie er sich ausdrückte – meine Seele vergiftete.»
«Er hatte also den Plan gefasst, in der Sprechstunde eine Szene zu machen?»
«Ja – das war wohl seine Absicht. Natürlich war es sehr ungerecht von ihm, sich so etwas auszudenken.»
Poirot schaute die verweinte junge Blondine nachdenklich an.
«Wussten Sie, dass Frank Carter eine Pistole besaß, vielmehr zwei ganz gleiche Pistolen?»
«O nein, M. Poirot, das schwöre ich Ihnen. Und ich kann auch nicht glauben, dass es wahr ist.»
Poirot schüttelte ratlos den Kopf.
«Ach, M. Poirot, helfen Sie uns doch. Wenn ich nur wüsste, dass Sie auf unserer Seite sind…»
«Ich bin auf keiner Seite. Ich bin nur auf der Seite der Wahrheit.»
Nachdem Poirot das Mädchen losgeworden war, rief er Scotland Yard an. Japp war noch nicht zurück, aber Sergeant Beddas gab bereitwilligst Auskunft. Die Polizei war bis jetzt auf nichts gestoßen, wodurch bewiesen werden konnte, dass Frank Carter die Pistole vor dem Attentat in Exsham besessen hatte. Poirot legte nachdenklich den Hörer auf. Das war ein Punkt, der zu Carters Gunsten sprach. Aber es war vorläufig auch der einzige.
Beddas hatte ihm noch ein paar neue Einzelheiten der Aussage mitgeteilt, die Carter über seine Beschäftigung als Gärtner in Exsham gemacht hatte. An der Behauptung, es habe sich um einen Auftrag für den Geheimdienst gehandelt, hielt er fest. Er hatte eine Vorauszahlung und ein paar Zeugnisse über seine gärtnerische Befähigung erhalten und sich dann weisungsgemäß bei Blunts Obergärtner MacAlister um einen Posten beworben. Seine Instruktionen befahlen ihm, die Gespräche der übrigen Gärtner zu belauschen, sie nach etwaigen «roten» Neigungen auszuhorchen und selbst ein bisschen so zu tun, als sei er ein «Roter». Den Auftrag und die Instruktionen hatte ihm eine Frau erteilt, die sich als «Q. H. 56» ausgab und ihm sagte, er sei ihr als überzeugter Antikommunist empfohlen worden. Das Gespräch hatte bei sehr schwacher Beleuchtung stattgefunden, und er hielt es für unwahrscheinlich, dass er die Frau wieder erkennen würde. Es war eine rothaarige, stark geschminkte Dame gewesen.
Poirot stöhnte. Er fühlte sich versucht, mit Mr Barnes über die Sache zu sprechen. Mr Barnes hatte behauptet, dass solche Dinge wirklich passierten.
Die Abendpost brachte ihm einen Brief, der ihn noch mehr verwirrte. Ein billiger Umschlag, mit ungeübter Hand beschrieben, in Hertfordshire abgestempelt. Poirot öffnete den Brief und las:
Sehr geehrter Herr, bitte verzeihen Sie, dass ich an Sie schreibe, aber ich bin sehr beunruhigt und weiß nicht, was ich tun soll. Ich möchte auf keinen Fall etwas mit der Polizei zu tun bekommen. Ich weiß, dass ich vielleicht etwas, das ich weiß, schon früher hätte sagen sollen, aber als es hieß, der Herr hat sich erschossen, dachte ich, es ist schon recht. Und ich wollte auch nicht Miss Nevills Verehrer in Schwierigkeiten bringen, obwohl ich nie geglaubt h a be, dass er es getan hat. Aber jetzt lese ich in der Zeitung dass er verhaftet worden ist, weil er auf einen andern Herrn geschossen hat, und da muss ich es wohl sagen. Ich schreibe an Sie, weil Sie mit meinem Fräulein bekannt sind und mich neulich gefragt h a ben. Jetzt wünsche ich natürlich, ich hätte es Ihnen schon neulich gesagt. Aber ich hoffe, das heißt nicht, dass ich es mit der Polizei zu tun bekomme, denn das wäre mir sehr unangenehm und me i ner Mutter auch. Meine Mutter ist immer sehr eigen gewesen.
Hochachtungsvoll
Agnes Fletcher.
Poirot murmelte: «Ich habe immer gewusst, dass es etwas mit einem Mann zu tun hatte. Ich habe nur auf den falschen Mann getippt – das ist alles.»
8
D as Gespräch mit Agnes Fletcher fand in Hertford statt, und zwar in einer menschenleeren Teestube, denn Agnes hatte großen Wert darauf gelegt, ihre Geschichte nicht unter dem kritischen Blick Miss Morleys erzählen zu müssen…
«Miss Morley möchte ich nichts davon sagen, denn sie würde vielleicht meinen, ich hätte es schon längst erzählen müssen. Aber die Köchin und ich waren der Meinung, es sei nicht unsere Sache, denn wir haben ja schwarz auf weiß in der Zeitung gelesen, dass Mr Morley sich in dem Betäubungsmittel geirrt
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