Das Geheimnis der Schnallenschuhe
Mord!»
«Ah – Sie stimmen mir also endlich bei?»
«Nun, ich bin ja kein Dickkopf. Ich stemme mich nicht gegen überzeugende Beweise. Die Schwierigkeit vorher bestand ja eben darin, dass wir keine Beweise hatten.»
«Und jetzt haben wir Beweise?»
«Jawohl, und ich bin zu Ihnen gekommen, um Ihnen den Leckerbissen sozusagen auf einer silbernen Schüssel zu präsentieren.»
«Mein lieber Japp: Ich bin sehr gespannt.»
«Gut, also los. Die Pistole, mit der am Samstag Frank Carter Blunt erschießen wollte, ist das genaue Pendant zu der Waffe, mit der Morley umgebracht wurde!»
Poirot starrte ihn an.
«Aber das ist ja außergewöhnlich…!»
«Ja, es wirft ein böses Licht auf Mr Frank Carter.»
«Ein Beweis ist es nicht.»
«Nein, aber es erschüttert entscheidend die Selbstmordtheorie. Die beiden Pistolen sind ausländisches Fabrikat, und noch dazu ein ziemlich ausgefallenes!»
Hercule Poirot saß mit weit aufgerissenen Augen da. Seine Brauen glichen zwei zunehmenden Monden.
Endlich sagte er: «Frank Carter? Nein, bestimmt nicht!»
Japp stieß einen Seufzer der Verzweiflung aus.
«Was ist nur los mit Ihnen, Poirot? Erst bestehen Sie darauf, dass Morley keinen Selbstmord begangen hat, sondern von fremder Hand umgebracht worden ist.
Und jetzt, wo ich zu Ihnen komme und Ihnen sage, dass wir geneigt sind, uns Ihrer Theorie anzuschließen – jetzt drucksen Sie herum und sind unzufrieden!»
«Sie glauben wirklich, dass Morley von Frank Carter ermordet worden ist?»
«Es passt jedenfalls vollkommen ins Bild. Carter war Morley feindlich gesinnt – das haben wir immer schon gewusst. Er ist damals am Vormittag in die Queen Charlotte Street gegangen und hat hinterher so getan, als sei er nur gekommen, um seinem Mädchen von der neuen Stellung zu erzählen, die er gefunden habe. Wir haben aber jetzt ermittelt, dass er um diese Zeit die neue Stellung noch gar nicht hatte! Erst später am Tag bekam er sie – das gibt er jetzt zu. Lüge Nummer eins. Ferner ist nicht festzustellen, was er nach zwölf Uhr fünfundzwanzig getrieben hat. Er behauptet, die Marylebone Road entlanggegangen zu sein, aber nachzuweisen ist nur, dass er sich um ein Uhr fünf in einer Kneipe aufhielt. Und der Kellner sagt, er sei in einem furchtbaren Zustand gewesen – mit zitternden Händen und leichenblassem Gesicht!»
Hercule Poirot schüttelte seufzend den Kopf. «Es lässt sich nicht mit meiner Theorie vereinbaren», murmelte er.
«Wie ist denn Ihre Theorie?»
«Was Sie mir erzählen, ist sehr verwirrend. Wirklich äußerst verwirrend. Denn verstehen Sie: Wenn Sie Recht haben…»
Die Tür ging leise auf, und George flüsterte respektvoll: «Verzeihen Sie, Monsieur, aber…»
Weiter kam er nicht. Miss Gladys Nevill schob ihn beiseite und betrat aufgeregt das Zimmer. Sie schluchzte: «Oh, M. Poirot…»
«Ich muss jetzt leider gehen», brummte Japp und drückte sich hastig hinaus.
Gladys Nevill zollte seiner Rückseite den Tribut eines hasserfüllten Blickes.
«Das ist ja dieser grässliche Inspektor von Scotland Yard, der alle die Lügen über den armen Frank aufgebracht hat!»
«Kommen Sie, Sie dürfen sich nicht so aufregen.»
«Aber es ist doch so! Erst wird behauptet, Frank hätte auf diesen Mr Blunt geschossen – und damit nicht genug: Jetzt wirft man ihm auch noch den Mord an dem armen Mr Morley vor!»
Hercule Poirot hustete: «Ich war selbst draußen in Exsham», sagte er, «als der Schuss auf Mr Blunt abgefeuert wurde…
Wie will sich Mr Carter denn vor Gericht verteidigen?»
«Frank will beschwören, dass er überhaupt nichts getan und dass er die Pistole vorher nie gesehen hat. Er behauptet, es sei ein abgekartetes Spiel gewesen, um ihn reinzulegen.»
«Ist es wahr», fragte Poirot, «dass er noch keine neue Stellung hatte, als er damals am Vormittag in die Queen Charlotte Street kam?»
«Also, M. Poirot – ich kann tatsächlich nicht einsehen, was das für einen Unterschied machen soll. Ob er die Stellung am Morgen oder am Nachmittag erhalten hat – darauf kommt es doch gar nicht an!»
«Aber ursprünglich sagte er doch aus, er sei gekommen, um Ihnen von seinem Glück zu berichten. Jetzt stellt sich heraus, dass der Glücksfall noch gar nicht eingetreten war. Warum also ist er in Morleys Haus gegangen?»
«Weil der arme Junge völlig niedergeschlagen und aufgelöst war – ehrlich gesagt, glaube ich, dass er sich betrunken hatte. Der arme Frank verträgt so wenig – das Trinken wird ihn aggressiv
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