Das Geheimnis der sieben Palmen
kleinen, buntbedruckten Tütchen – und das erste freudige Herzklopfen, als sich winzige grüne Flecken im Boden zeigten. Der Beginn neuen Lebens: Petersilie. Petersilie aus Deutschland, wie in Mutters Kräutergarten hinter dem Haus, neben der Küche …
Als er diese kleinen grünen Punkte in der Erde sah, ging er zurück in seine Wohnhöhle und saß dann still in der hintersten Ecke auf einer selbstgezimmerten Bank. Es regnete. Seit neun Tagen zum erstenmal.
Ich habe Heimweh, dachte Phil Hassler. Verdammt, ich habe ja Heimweh. Ich könnte losheulen! Heulen wegen deutscher Petersilie. So etwas darf in mir nicht hochkommen! Nie wieder! Du bist der glücklichste Mensch der Welt.
Deine Welt heißt: ›Die sieben Palmen!‹
Drei Wochen später – auch der Porree sproß jetzt deutlich aus dem zusammengetragenen Boden, den Hassler mit Bimssand abgedeckt hatte – traute er seinen Augen nicht, als er vom Nordteil seiner Insel zurückkam, wo er drei Kühe gemolken hatte. In der Bucht, in den Bimssand geschwemmt, halb auf der Seite liegend, sah er ein kleines Rettungsboot. Es war eines jener Holzboote mit Kunststoffanstrich, wie sie von größeren Privatyachten als Landefahrzeuge benutzt werden, wenn man anders nicht nahe genug an die Küsten herankommt. Das Boot mußte in der Nacht angeschwemmt worden sein, bei normaler Flut. Doch war es völlig rätselhaft, daß es nicht schon an der ersten Lavabarriere zerschellt war, sondern ohne Schaden alle drei Riegel bis zu dem schmalen Einschlupf geschafft hatte. Es mußte bei Flut eine Strömung geben, die er noch nicht erkannt hatte.
Phil, durch die Landung der drei Männer mit ihren Revolvern vorsichtig geworden, bleib zunächst auf der Terrasse seiner Wohnhöhle und beobachtete den schräg liegenden Kahn. Er tastete ihn mit dem Fernglas ab. Er sah ziemlich verrottet aus. Und kein Name, kein Hinweis. Auch ein Beiboot muß den Namen des Mutterschiffes tragen, wie auch ein Rettungsring oder eine Rettungsinsel. Anonymität auf dem Meer ist immer ein ungutes Zeichen. Das ist eine Seemannsregel seit Jahrtausenden: Auf dem Meer sollte jeder des anderen Bruder sein. Denn der Ozean ist ein Feind, der immer wieder, jeden Tag und jede Stunde, neu erobert und besiegt sein will.
Phil Hassler nahm Gewehr und Pistole und stieg vorsichtig zum Strand hinab. Das angeschwemmte Boot schien leer zu sein. Es konnte aber auch als Lockvogel dienen. Vielleicht lauerten irgendwo in den Klippen die Männer, die ihre beiden Kameraden rächen wollten.
Der erste Schritt aus dem Schutz der Lavazinnen war der entscheidende: Phil tat ihn mit einem Sprung – aber niemand schoß. Ganz langsam ging er auf das Boot zu und sah sich dabei nach allen Seiten um. Kreischende Möwen und ein Fregattvogel – sonst schien die Bucht unbelebt. Phil warf das Gewehr auf den Rücken, entsicherte seine Pistole und war mit zwei Sprüngen bei dem schräg liegenden Kahn. Dann aber blieb er wie vor den Kopf gestoßen stehen und starrte auf den halb mit Wasser vollgelaufenen Bootsboden.
Eine Frau lag da … in zerrissenen Jeans, die einmal weiß gewesen waren, in einer dünnen Bluse, die naß auf dem Körper klebte, ein durchsichtiger Schutz für ihre runden festen Brüste. Die langen, braungebrannten Beine hatte die Frau gegen die Bordwand gestemmt, in der Bewußtlosigkeit noch umklammerte sie das Sitzbrett, von dem ein Wellenstoß sie auf den Bootsboden geworfen haben mußte. Ihr Haar war halblang und von einem rötlichen Blond, das in der Morgensonne ins Kupferne spielte. Das in der Ohnmacht entspannte Gesicht wirkte durch die betonten Backenknochen etwas ›slawisch‹. Die Lippen waren voll, sie trugen noch Spuren von Lippenstift und zeigten, da sie leicht geöffnet waren, eine Reihe weißer, guter Zähne. Die Schultern waren, wie die Brüste, gut ausgebildet, dagegen wirkten die Hüften sehr schmal. Ein sportlicher Typ, kein Gramm Fett zuviel, aber auch kein Knochen, der nicht gut gepolstert wäre.
Phil Hassler, von schönen Frauen verwöhnt, steckte die Pistole in den Gürtel seiner fleckigen Arbeitshose, hob die ohnmächtige Frau aus dem Kahn, trug sie in den Schatten eines Granitfelsens und legte sie in den feinen Bimssand. Ohne Zögern knöpfte er ihre nasse Bluse auf, schob ihre linke Brust etwas zur Seite und drückte sein Ohr an ihr Herz. Es schlug kräftig. Sie war also nicht dem Tode nahe, weder durch Verletzung, noch durch Schlucken von Salzwasser. Die Erschöpfung hatte sie einfach umgehauen. War es
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