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Das Geheimnis der Sprache (German Edition)

Das Geheimnis der Sprache (German Edition)

Titel: Das Geheimnis der Sprache (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Moszkowski
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der Nation nicht stärkere Furchen gezogen haben, braucht aber an der Zukunft dieser »rect schraibug« noch nicht zu verzagen; um so weniger, als ja gewisse Spuren im sprachlichen Flugsande noch immer das Walten dieser Bestrebungen verraten. Erst unlängst gab es Anwälte einer »einheizortografi«, die »orzname« und »rechzgefül des deutschen folx« empfahlen. Wenn wir heute statt Bureau schreiben dürfen Büro, statt Cake Keks, statt Check Scheck, statt Chauffeur Schofföhr, statt Queu Kö – Heil diesem Fortschritt! –, so müssen wir uns vergegenwärtigen, daß solche prächtige Errungenschaften durchaus auf der Linie lagen, die uns die Lauttroien vorgezeichnet haben.
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    Angesichts der immer bedrohlicher auftretenden Wort-Ungeheuer möchte ich eine verkannte Größe zu Gnaden empfehlen. Eigentlich ist es gar keine Größe, sondern eine winzige Kleinheit. Aber sie kann für Auge und Verstand Bedeutung gewinnen, Schädlichkeiten verhüten und besonders auch den Auslandsdeutschen, die unserer Schrift mit wachsender Ratlosigkeit gegenüberstehen, eine Hilfe gewähren. Unsere rezepttiftelnden Schulmeister erwarten solche Hilfe von zweckentsprechender Abteilung der Silben am Schlusse der Zeilen. Wichtiger wäre die Abteilung der Worte mitten in der Zeile, mitten in ihnen selbst. Jene kleine, verkannte, hier so notwendige Größe ist: der Bindestrich . Ihm fällt die Aufgabe zu, im Wortgefüge zu gliedern und die Übersicht zu erleichtern. Er wirkt vorbeugend und antiseptisch gegen Mißverständnisse, Sprachgreuel und klangliche Unbilden. Leider wird dieses so wichtige Kleinwesen im Leben der Sprache von Schreibern und Druckern mehr und mehr ausgerottet.
    Statt See-Geltung schreiben wir Seegeltung. Die Übung verlangt es so, obschon das Auge immer wieder Einspruch erhebt. Es kommt nicht davon los, den Akzent auf der ersten Silbe zu suchen und das Wort sinnwidrig in Segel-tung zu zerlegen. Auch bei anderen See-Anfängen meldet sich ein inneres Organ mit falscher Orientierung: das Seeende bringt als störendes Nebenbild das Sehende, der Seeigel ruft nach dem Bindestrich, um in der Mitte sein ei loszuwerden. Was bedeutet »Bilderfolge«, eine Folge von Bildern oder Bild-Erfolge? Was ist ein Eiersatz? ein Satz Eier oder ein Ersatz für Ei? Auslandsdeutscher, verlaß dich aufs Raten! und was ist deutlicher »Arm-Ersatz« oder Armersatz mit seinem sinnwidrigen Auftakt »Armer«?
    Mitten im Wort entstehen Sonderwesen ohne Aufenthaltsberechtigung. In »Erbübel« tummelt sich ein Bübel, während wiederum im wohligen »Braustübel« eine schreckhaft an Brust-Übel erinnernde Buchstaben-Verbindung auftritt. Unmotivierte Tiergebilde spuken in bindestrichlosen Worten: in »Alibigelegenheit« kriecht ein Igel umher, in »Totalausverkauf« eine Laus; im »Hammelsterben« hüpft eine Elster, im »Schwanenteich« schwimmt eine Ente. Niemals wird das lesende Auge begreifen, warum »Spargelder« mit Spargel anfangen müssen, was im »Telegrammempfang« die Amme, was in »Kunstrichter« der Trichter zu suchen hat. Störend sind Rienzi in »Fe rienzi el«, Tauben in » Tauben etzt«, Tante in »Drah tante nne«, Mama in »Du mama nifest«, Talent in » Talent wässerung«, Trara in »Ul trara dikale«. Unschön wirken die stammelnden »Stammeltern«, das Zeitwort »nachtrollen«, kaum zu unterscheiden von Nacht-Rollen, »Nachteilzüge«, also Eilzüge, die einen Nachteil bringen, im Gegensatz zum »Vorzug«, dessen Vorzüglichkeit darin besteht, daß er im Fahrplan nicht besonders vermerkt wird. Eine besondere Tücke des Objekts zeigt »Mittw ochs g esel l schaf t« mit seiner ruchlos eingekapselten Menagerie Ochs-Esel-Schaf; dagegen kann sogar der Bindestrich nichts ausrichten; wohl aber kann er den blöden Schmerzensruf Au! Au! in »B auau sführung«, wenn auch nicht verhüten, so doch sinnig abdämpfen. Unerläßlich erscheint er bei Them seufer , Han saufer und Ode rufer zur Beseitigung der sinnwidrigen seufer, saufer und rufer. Doppeldeutung kann er beseitigen bei Zugreifen (Zug-Reifen – zugreifen), Gründung (Grün-Dung). In vielen Fällen erspart er dem Blick das Stolpern über Fremdkörper; stockt nicht das Auge beim Striegel in Indu striegel ände? oder beim » Stocken gländer«, wo sich das Stocken selbst mit einem zusammengeschobenen Geländer ankündigt? Es kann noch schlimmer kommen; z. B. in dem unzählige Mal gedruckten Wort » Urinstinkt «, dem man die Erinnerung an übelduftenden Urin durch sinngemäße

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