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Das Geheimnis der Tarotspielerin: Zweiter Band der Tarot-Trilogie (German Edition)

Das Geheimnis der Tarotspielerin: Zweiter Band der Tarot-Trilogie (German Edition)

Titel: Das Geheimnis der Tarotspielerin: Zweiter Band der Tarot-Trilogie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marisa Brand
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Sinn, hinter den drei Personen, die die Festung verließen, andere zu vermuten als diejenigen, die den Tower vor weniger als einer Stunde betreten hatten. Der spanische Botschafter hatte nirgends mehr als die üblichen Bestechungsgelder für etwas Wein oder einen Ausflug in eine der Hurengassen beim Fischmarkt hinterlassen. Und schließlich – so wusste der Yeoman, der den Trupp begleitete – saß in der Zelle nach wie vor der Graf.
    Nichts war geeignet, einen Verdacht zu erregen. Zudem bedauerten einige der jungen Soldaten das schöne schluchzende Mädchen, das bleich wie ein Geist alle Schranken und Tore passierte. Es war so verzweifelt, als sei es auf dem Weg zu der eigenen Hinrichtung.
    Hingegen war den Wächtern der Prediger, der wenig später mit einem Schreiben Cromwells beim Löwentor vorsprach, weit unangenehmer. Denn dieser totengraue Mann im Talar gab nichts, schaute voll Hochmut auf sie herab und herrschte sie an, er habe keine Zeit für ihre albernen Kontrollen, denn er sei gekommen, um den Grafen zu holen, der noch in derselben Nacht in ein sichereres Gefängnis überführt werden solle. Ein sichereres Gefängnis als der Tower. Pah!
    Der Yeoman, der Master Elias begleitete, ersparte sich den Umweg über den White Palace des Königs. Er war froh, den mürrischen Mann schnell loszuwerden, der zweifelsohne einer von Cromwells Spitzeln war. Kein Wunder, dass die Tochter des Grafen von Löwenstein so bitter geweint hatte. Wer in Cromwells Kellern verschwand, verschwand meist auf immer.
    Als Insassen des Towers hingegen durften die vornehmen Gefangenen im Ernstfall mit einer würdigen Enthauptung rechnen. Ausgeführt von einem Meister seines Fachs, mit gut geschärfter Axt. Zuvor hatten sie Gelegenheit zu einer das Herz rührenden Ansprache, sofern sie gewillt waren, darin dem König für sein Urteil und seine Weisheit zu danken.
    Eustace Chapuys, Lunetta und ihr Vater bestiegen beim Zollhaus jenseits des Towers das Ruderboot, das zuvor den Zwerg bei der Towerwerft abgesetzt hatte. Keiner der drei sprach ein Wort, bis die Bootsleute mit der Strömung in die Mitte des Flusses gerudert waren, weitab von jedem Lauscher oder Zeugen.
    Erst jetzt riss sich der Graf die scheußliche Giebelhaube vom Kopf und warf sie ins Wasser. Er zog seine Tochter an sich und umarmte sie zärtlich.
    »Mein Kind, du warst wundervoll!«
    Lunetta erwiderte die Umarmung innig, dann wandte sie sich an Chapuys. »Was ist? Wir müssen zurück ans Ufer und Lambert holen!«
    Der Botschafter zog bedauernd die Brauen zusammen. » Condessa , das werde ich übernehmen. Es ist alles so mit ihm besprochen. Lambert van Berck ist aus dem Stoff, aus dem man Helden macht.«
    »Ich will keinen Helden«, fauchte Lunetta, »ich will, dass er lebt und atmet und frei ist.«
    Chapuys schüttelte energisch den Kopf. »Wir müssen erst Euch und Euren Vater zu der Galeone beim Stalhof rudern. Sie legt bei Morgengrauen ab. Das ist der sicherste Weg, Euch rasch und unbemerkt aus dem Land zu schaffen. Bedenkt, wie viele Leben noch von Eurem Vater abhängen.«
    Lunetta erhob sich von der Sitzbank. »Niemals verlasse ich diese Insel ohne Lambert«, sagte sie. »Niemals!«

13.
    Wieder kreischte die Holztür in den Angeln. Lambert erschrak; eben hatte er sich vom Gebet beim Altar erheben und zur Falltür im Dach seiner Zelle emporsteigen wollen, doch jetzt war es zu spät.
    In seinem Rücken vernahm er die Stimme des Predigers, der dem Wächter Anweisung gab, draußen zu warten, bis er den Gefangenen auf seine Reise in das andere Gefängnis vorbereitet habe.
    Die Tür fiel ins Schloss. Stille senkte sich über das steinerne Verlies. Die Stille eines Grabes.
    »Nun, Bruder«, wandte sich Aleander an den Mann vor dem Altar. »Willst du mich nach so vielen Jahren nicht willkommen heißen?« Er trat näher an den Knienden heran.
    Lamberts Gehirn arbeitete fieberhaft. Er trug keine Waffe bei sich. Sein Blick glitt hinauf zum heiligen Leonhard in der Altarnische. Der Schutzheilige aller Gefangenen hielt als Zeichen seiner Macht eine zerrissene Kette in der Rechten. Unzählige verfolgte Christen, so hieß es, habe dieser südfranzösische Mönch im fünften Jahrhundert des Herrn befreit. Ob er auch ihm zur Seite stehen würde? Einen Versuch war es wert.
    Lambert packte die hölzerne Figur beim unteren Ende, riss sie aus der Mauernische, wirbelte zu Aleander herum und holte aus. Verblüfft sah der Löwensteinbruder die Figur auf sich zu-sausen. Er wich zurück, die

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