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Das Geheimnis der Tarotspielerin: Zweiter Band der Tarot-Trilogie (German Edition)

Das Geheimnis der Tarotspielerin: Zweiter Band der Tarot-Trilogie (German Edition)

Titel: Das Geheimnis der Tarotspielerin: Zweiter Band der Tarot-Trilogie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marisa Brand
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Vater!«
    »Ssssscht«, machte Chapuys.
    Auf der Treppe von unten her wurden die Schritte des Yeoman laut. Hart umklammerte der Gesandte Lunettas Hand und zerrte sie von Lambert fort. Ihr Vater riss sie in seine Arme und erstickte ihren Aufschrei.
    »Ich fand einen Burgunder, Sire.« Der Kopf des Mannes tauchte über der Treppenlandung auf. Verblüfft starrte er in den Raum. »Was … was ist?«
    Lunetta stand schluchzend beim Kamin, ihre Ehrendame wiegte sie in den Armen und tröstete sie. Der Graf – so schien es für den Wächter – kniete mit dem Rücken zu ihnen allen vor der kleinen Altarnische seiner Zelle und betete.
    »Ah, mein Freund«, rief Chapuys dem Wächter zu. »Es ist die Aufregung, die Aufregung! Das Mädchen hat eben erfahren, dass der Graf bald in ein anderes Gefängnis verlegt werden soll. Sie ist ganz aus der Fassung.«
    Lunetta schrie auf.
    Die Tür zum Wehrgang wurde aufgestoßen. »Was soll das Gezeter«, herrschte der zweite Yeoman die Gruppe an. »Und warum trägst du Wein herbei, Kerl?« Drohend trat er an den Turmwächter heran. »Der Besuch ist beendet, sofort! Ich will hier keine Besäufnisse.« Wahrscheinlich dachte er an den ersten Flüchtling, den Chapuys vorhin erwähnt hatte. Der Bischof hatte mit Wein seine notorisch trinkfreudigen Wächter außer Gefecht gesetzt, bevor er sich aus seinem Turm abgeseilt hatte.
    »Der Graf ist kein Trinker«, protestierte sein Wächter. »Er hat all die Wochen nur den Saft von Orangen und Wasser zu sich genommen.«
    »Keine Widerrede. Die Gäste werden gehen.«
    Chapuys runzelte bedauernd die Brauen. »Guter Mann, können wir nicht noch einen Moment…«
    »Nichts da, ich geleite Euch sofort wieder nach draußen. Beim Tor wartet sicher schon der Prediger.«
    »Ah, meine Damen, wir müssen gehorchen«, sagte Chapuys eilig. »Sonst verliert der Graf alle Vorzugsrechte und versäumt am Ende eine wundervolle Predigt!«
    Die Hofdame führte die wild schluchzende Lunetta zur Tür, beugte sich dabei die ganze Zeit zu ihr hinab. Ein letztes Mal drehte Lunetta sich um und warf einen Blick voll verzweifeltem Schmerz zu dem Mann bei der Altarnische hinüber.
    »Versprich mir, dass wir uns wiedersehen! So schnell wie möglich!«, rief sie. »Versprich es mir!«
    »Stört den Mann nicht beim Gebet. Gottvertrauen ist seine letzte Zuflucht«, schnauzte ihr Führer und wandte sich noch einmal an den Turmwächter. »Und der Wein da ist beschlagnahmt! Ich hole ihn später ab. Hörst du?«

11.
    Mit dumpfem Geräusch prallte der schmale Nachen gegen die Landungspfähle der Themsewerft. Die Bootsknechte stellten die Ruder hoch und seilten den Kahn an. Flink kletterte der Zwerg aus dem Boot, auf seiner Schulter thronte das Äffchen, diesmal in einer weißen Weste, die im Licht des Mondes leuchtete. Der Zwerg trug Schwarz. Die Bootsleute warfen eine schwere Taurolle und ein Kleiderbündel auf die Werft. Mit einem heiseren mucha suerte! wünschten sie dem Narren glückliches Gelingen.
    Während die Bootsleute wieder abstießen, um flussaufwärts ihren Herrn, den Botschafter, und seine Damen an Bord zu nehmen, stahl sich der Zwerg zum Wassergraben, der die Werft vom Tower trennte. Rechts von ihm erscholl das heitere Geschrei junger Zecher aus den Hafenschenken beim Tower.
    Er rümpfte die Nase. Der Graben war eine wichtige Verteidigungslinie, aber zugleich die Abfallgrube der Towerbewohner. Die Ebbe hatte den Wasserstand abgesenkt, und der Geruch von Verwesung und Zersetzung dampfte über dem schlammigen Graben.
    Der Zwerg setzte sich das Äffchen auf den Kopf und machte sich an den Abstieg in die ekle Brühe. Er durchwatete sie voll Abscheu, das Brackwasser stieg ihm bis unter die Achseln, doch er erreichte sicher die andere Seite.
    Das Äffchen sprang auf einen Vorsprung in der Festungsmauer, seine Augen flitzten über das unebene Quaderwerk, es fand einen Weg und turnte behände nach oben. Endlich erklomm es die zinnenbewehrte Mauer, blieb stehen, richtete sich auf den Hinterpfoten auf.
    »Weiter, weiter«, murmelte sein Herr. Das Äffchen lief erneut los, erklomm das Dach des Craddle Towers. Dort nahm es auf einer Zinne Platz und begann sich zu putzen.
    Sein Herr watete zurück zur Werft und kletterte wieder an Land. Frierend griff er nach dem Bündel und wechselte das feuchte Wams und die Beinlinge gegen trockene Kleider.

12.
    Chapuys und seine Damen entkamen dem Tower auf dem unmöglichsten aller Wege: dem einfachsten.
    Keinem der vielen Torwächter kam es in den

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